Die Marke respektive das Unternehmen Ecos steht für das Prinzip «Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Verpflichtung, sondern eine Chance für positive Veränderung». Würden Sie sagen, dass das so auch in den meisten Schweizer Unternehmen angekommen ist?

Das Thema Nachhaltigkeit hat eine lange Tradition bei den Schweizer Unternehmen. Ich denke da beispielsweise an Qualität und Langlebigkeit von Produkten oder an den Dialog mit diversen externen Anspruchsgruppen. Die Schweizer Unternehmen haben es stets verstanden, Nachhaltigkeit mit unternehmerischem Sinn positiv umzusetzen. Bei einigen Entwicklungen – beispielsweise LED oder Photovoltaik – waren wir früh dabei, haben aber den Anschluss verloren. Eine ähnliche Chance für technische Innovation bietet sich bei der Kreislaufwirtschaft und bei Lösungen im Bereich von Carbon Capture and Storage.

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In welchen Teildisziplinen sind die Schweizer Unternehmen besonders gut bezüglich Nachhaltigkeit?

Fortschritte sind sicherlich beim Thema Energie zu finden. Hier investieren die Unternehmen, um den eigenen Verbrauch zu senken, die Effizienz zu erhöhen und vermehrt auf erneuerbare Energien zu setzen. Dies gilt vor allem für Neubauten, deren Unterhalt und Produktion. Damit verbunden setzt die Bauwirtschaft – aus welcher rund 80 Prozent unseres Abfalls stammen – vermehrt auf ökologischere Lösungen, zum Beispiel auf modulares, giftfreies Bauen und den Einsatz von alternativen Materialien. Auch der Lebensmittelsektor findet zunehmend Wege zur Vermeidung von Food Waste oder zur ökonomischen Verwertung sogenannter Nebenströme. Und der Textilsektor bietet ebenfalls vermehrt glaubwürdige nachhaltige Lösungen an – nur um ein paar Beispiele zu nennen.

Wo gibt es Nachhol- oder Verbesserungsbedarf?

Um an der obigen Antwort anzuknüpfen: Gerade Neubauten genügen immer öfter Nachhaltigkeitsstandards. Es besteht aber noch grosses Potenzial bei Bestandsbauten. Branchenübergreifend und abhängig von der jeweiligen Stellung des Unternehmens sind Scope-3-Emissionen – also jene Emissionen, die in der Wertschöpfungskette, beim Transport und in der Nutzungsphase anfallen – naturgemäss eine Herausforderung. Das gilt für die Erfassung wie auch für die Reduktion. Nebst Umweltbelangen gibt es in diesem Bereich soziale Themen mit Nachholbedarf. Europa schreitet da mutiger voran als die Schweiz. Eine grosse Chance bietet meiner Meinung nach die Kreislaufwirtschaft. Für die Schweiz als ressourcenarme, aber innovative Volkswirtschaft ist die Vision, Produkte und die darin enthaltenen Ressourcen möglichst lange und intensiv zu nutzen, durchaus interessant.

Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für die Reputation von Marken?

Nachhaltigkeit ist essenziell für eine Marke. Verbraucher, Investorinnen und Geschäftspartner erwarten zunehmend verantwortungsvolles Handeln. Unternehmen, die Nachhaltigkeit glaubwürdig integrieren, schaffen Vertrauen und stärken ihre Wettbewerbsfähigkeit. Nachhaltiges Handeln signalisiert nicht nur gesellschaftliche Verantwortung, sondern zeigt auch Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit. In einer Zeit, in der soziale und ökologische Herausforderungen immer präsenter werden, ist es für Organisationen entscheidend, glaubwürdig und authentisch auf Nachhaltigkeit zu setzen, um die eigene Reputation langfristig zu sichern.

Thema Greenwashing: Was sind hier die grössten Stolperfallen, und wie lassen sich diese vermeiden?

Die grösste Gefahr liegt in der Übertreibung oder falschen Darstellung von Nachhaltigkeitsbemühungen. Oberflächliche, rein marketingorientierte Massnahmen führen schnell zu Reputationsverlust. Um dies zu vermeiden, sind Transparenz sowie messbare, nachvollziehbare Ziele entscheidend. Es geht darum, echte Fortschritte zu erzielen und auch Herausforderungen zu kommunizieren – anstatt sich mit wohlklingenden, aber leeren Marketingversprechen zufriedenzugeben. Ein ehrlicher Dialog mit den relevanten Anspruchsgruppen sowie die Zusammenarbeit mit unabhängigen Experten und Expertinnen sind die Grundlage für authentische Nachhaltigkeitsstrategien. Auf der anderen Seite gehen viele nachhaltige Innovationen unter, weil die Unternehmen aus Angst vor einem Shitstorm zögern, ihre Strategien und Massnahmen öffentlich zu kommunizieren. Das nennt sich Green Hushing. Wir unterstützen Unternehmen daher bewusst darin, aktiv und glaubwürdig nach aussen und innen zu kommunizieren. 

Sie sind Mitglied der Jury des Nachhaltigkeits-Awards von Promarca. Was sind zentrale Themen, die eine Marke hier erfüllen sollte?

Wir haben ein umfassendes Kriterienraster angewendet, welches den Nutzen für das Unternehmen, die Gesellschaft und die Umwelt berücksichtigt. Der Award wird für spezifische Produkte oder Projekte vergeben. Dabei war es insbesondere wichtig, dort anzusetzen, wo ein echter Hebel besteht. Gleichzeitig legten wir Wert darauf, dass das Vorhaben in einen grösseren strategischen Rahmen fällt und das Unternehmen einen glaubwürdigen Plan im Umgang mit Nachhaltigkeit hat.

Zur Person: 

Marco Grossmann ist ausgebildeter Ökonom und Partner beim auf Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Kommunikation spezialisierten Beratungsunternehmen Ecos. Er ist zudem Vorstandsmitglied bei Swisscleantech und Mitgründer verschiedener Kreislaufwirtschaftsinitativen.