Mit dem starken Wachstum der künstlichen Intelligenz (KI) steigt auch der Stromverbrauch in den Rechenzentren, wo die KI-Abfragen abgearbeitet und die grossen LLM-Sprachmodelle berechnet werden, dramatisch an: Laut Berechnungen der Analysten und Analystinnen von Morgan Stanley entfallen in diesem Jahr zwischen 16 und 24 Prozent des Stromverbrauchs der Rechenzentren auf die sehr rechenintensiven KI-Anwendungen (Basis ist das Jahr 2022). Im kommenden Jahr sollen es 33 bis 50 Prozent sein und 2026 schon 54 bis 80 Prozent des Stromverbrauchs. Unter dem Strich ist das gemäss den Analysten zwar ein bedeutender Mehrverbrauch – aber man spart dadurch an anderen Stellen der digitalen Wirtschaft.
Kühlung frisst viel Strom
Die KI-Anwendungen treiben laut Adrian Altenburger, Co-Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie an der Hochschule Luzern (HSLU), den Strombedarf grundsätzlich in die Höhe. Welche Anwendungen hier mit welchen unterschiedlichen Strombedarfsgrössen zu definieren sind, ist aktuell schwierig festzuhalten. «Die grossen Stromverbraucher in den Rechenzentren sind in erster Linie die IT-Komponenten wie Server und Speichersysteme, welche den direkten Nutzen der Daten- und der Informationsverarbeitung generieren», sagt Altenburger. «Diese sind in ihrer Effizienz produktabhängig und können durch geeignete Technologien für Datenspeicher oder Betriebsweisen wie beispielsweise mittels Virtualisierung eine bessere energetische Effizienz erreichen.»
In zweiter Linie ist es die Infrastruktur zur Kühlung der Systemräume mit Kältemaschinen und Umluftkühlgeräten (siehe Box) sowie die Stromversorgung wie etwa durch Transformatoren und USV-Anlagen, die laut Altenburger einen grossen Anteil am Stromverbrauch haben. «Je nach Konzept kann dieser Anteil erheblich schwanken und entsprechend den Gesamtstrombedarf beeinflussen», so Altenburger weiter. «Wie in unserer Studie im Jahr 2021 für das Bundesamt für Energie (BFE) ausgewiesen wurde, haben bestehende Rechenzentren ein wirtschaftliches Energieeffizienzpotenzial von etwa 46 Prozent.»
Eine Frage des Business-Case
«Ob sich KI-Anwendungen ökonomisch lohnen, ist zunächst eine Frage des Business-Case», sagt Altenburger weiter. «Sicher ist, dass sich der grundsätzlich grosse Strombedarf aufwandseitig in der Erfolgsrechnung solcher Business-Cases abbildet.» Insofern sind tiefe Stromkosten für Rechenzentren immer vorteilhaft und mit der höheren Intensität zunehmend ein Thema.
Die lokale Nähe zu den Usern ist laut Altenburger weniger entscheidend als die Frage, ob die Infrastruktur für die Stromversorgung und die Datenkommunikation am Ort des Rechenzentrums genügend leistungsfähig sind. «Oft müssen lokal zusätzliche Investitionen beispielsweise in Unterwerke getätigt werden, um den Standort überhaupt für ein Rechenzentrum nutzen zu können.» In städtischen Gebieten sei diese Infrastruktur üblicherweise eher vorhanden als in abgelegenen Regionen, insofern ist die Usernähe allein deshalb meist schon gegeben.
«Das Wachstum wird in den nächsten Jahren massiv zunehmen», prognostiziert Altenburger. «In der Studie vom Jahr 2021 gingen wir bis 2026 von einem zusätzlich installierten Leistungsbedarf in der Schweiz von circa 700 Megawatt aus – das entspricht in etwa der Leistung eines neuen Atomkraftwerks.» Die Corona-Jahre hätten das wohl etwas verzögert, aber die KI-Anwendungen dürften dies in den nächsten Jahren mehr als wettmachen.
Die Leistungsgrenzen von Rechenzentren hängen laut Adrian Altenburger, Co-Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie an der Hochschule Luzern (HSLU), vom Kühlmedium ab, das die anfallende Wärme der IT-Komponenten abführt. «Üblicherweise ist das Luft, die aber aufgrund ihrer gegenüber Wasser deutlich geringeren spezifischen Wärmekapazität (Luft = ca. 1 kJ/kg; Wasser = ca. 4 kJ/kg) und gleichzeitig noch wegen deutlich geringerer Dichte (Luft = 1,15 kg/m3; Wasser = 1000 kg/m3) limitiert ist», so der Experte. «Wassergekühlte Anwendungen sind also rund 4000-mal effizienter und auch schon vorhanden, aber längst noch nicht Industriestandard.»
Weitergehende Anwendungen für noch grössere Leistungen sind sogenannte Immersionskühlungen, bei welchen die IT-Komponenten direkt in der Flüssigkeit stehen und zusätzlich die Energie des Phasenwechsels vom flüssigen in den gasförmigen Zustand nutzen. «Diese Anwendung ist aber erst in Labor- und Pilotanlagen realisiert worden», so Altenburger. «Last but not least gibt es noch das sogenannte Quantencomputing, welches zur Kühlung mit flüssigem Helium bis nahe an den absoluten Temperaturtiefpunkt von minus 273 Grad Celsius betrieben und erst in Forschungsanwendungen genutzt wird.»