Die globale Agenda 2030 und die 17 «Sustainable Development Goals» (SDG) der UN sind allseits präsent und beeinflussen die Agenden der internationalen Politik und der Wirtschaft. Auch die Schweiz ist aufgefordert, die globalen Bemühungen national umzusetzen. Im Bereich Tourismus fordert der Bund in seiner Tourismus-Strategie unter anderem, «zur nachhaltigen Entwicklung beizutragen». Er konkretisiert dies auch mit der Unterstützung der Initiative Swisstainable. Dieses nationale Programm soll das Nachhaltigkeitsengagement des Tourismussektors forcieren und diesem Sichtbarkeit verleihen.

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Der Autor

Urs Wagenseil, Co-Leiter Tourismus, Institut für Tourismus und Mobilität, Hochschule Luzern – Wirtschaft

Swisstainable kategorisiert bestehende Zertifizierungen nach deren Nachhaltigkeitsqualität und erhöht damit auch die Transparenz. Nach dreieinhalb Jahren partizipieren seit Anfang November 2024 bereits 2779 Betriebe. Doch nicht nur Unternehmen können ausgezeichnet werden, sondern auch Tourismusdestinationen. Um als Destination die höchste Stufe, Level drei, zu erreichen, bedarf es einer offiziell anerkannten Nachhaltigkeitszertifizierung. Bereits vor zwei Jahren wurde die Destination Engadin Scuol Zernez / Val Müstair als erste in der Schweiz mit dem Label von Tourcert zertifiziert. Weitere Destinationen wie Basel, Genf, Davos, Gstaad und Luzern folgen aktuell diesem Beispiel und streben die gleiche Zertifizierung an.

 

Begehrte Auszeichnung

Weshalb wollen sich Destinationen zertifizieren lassen? Eine im Oktober 2024 bei den genannten Orten durchgeführte Umfrage zeigt folgende vier Ziele: «Einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten» (Bewertung 4.73 auf einer Skala von 1–5), «Swisstainable Level drei erreichen» (Sichtbarkeit erhalten; 4.64), «die ökologischen Themen stärken» (4.55) und «sich als nachhaltige Destination positionieren» (4.55). Wichtig sind auch «die Stärkung der Destination auf sozialer und kultureller Ebene» (4.27) oder «die Zertifizierung als vertrauenssteigernder Nachweis» (4.18). 

Damit eine Destination mit einem Nachhaltigkeitszertifikat ausgezeichnet werden kann, braucht es nicht nur die Lead-Funktion der lokalen Tourismusorganisation, sondern auch das aktive Mitwirken möglichst vieler touristischer Akteure. Die Umfrage bestätigt hierzu das Interesse vonseiten der lokalen politischen Behörden (3.91), von Messe-, Kongress- und Seminar-Locations (3.91) und dasjenige der Hotellerie (3.82). Hingegen scheinen bis dato die Gastronomiebranche sowie die Shopping-Geschäfte in den jeweiligen Destinationen noch nicht wirklich daran interessiert, dieser touristischen Entwicklungsstrategie aktiv folgen zu wollen (je 2.91).

Eine Destinationszertifizierung ist strukturell bedingt komplexer als bei einem Einzelbetrieb, da neben der federführenden Tourismusorganisation auch möglichst viele touristische Leistungserbringer Nachhaltigkeitsaktivitäten belegen müssen. Ohne dies könnte man nicht von einer «Destinationszertifizierung» und damit von «nachhaltigen Reisezielen» sprechen. Entsprechend nennen die Projektverantwortlichen in den untersuchten Orten folgende zwei Aspekte als schwierigste Aufgaben: 1) Überzeugungsarbeit, die nachhaltige Orientierung als Entwicklungsziel zu definieren und zu verfolgen, und 2) die personellen und finanziellen Mittel bereitstellen zu können. 

 

Startschuss ist erfolgt

Resümierend lässt sich sagen, dass das Zusammenspiel von Swisstainable und qualifizierten Zertifikaten im Schweizer Tourismus eine eindrückliche Nachhaltigkeitsorientierung ausgelöst hat und dabei hilft, das Strategieziel des Bundes konkret zu erreichen. Dennoch ist man noch weit davon entfernt, das Versprechen, das nachhaltigste Reiseland sein zu wollen, erfüllen zu können. Hierzu bedarf es noch vieler Dutzend Destinationen und tausender Betriebe, welche ihre Nachhaltigkeitsbemühungen steigern und belegen können.