Jobportale spielen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeitender eine entscheidende Rolle: Gemäss Statista nutzen drei von vier Führungskräften in den deutschsprachigen Ländern diese Kanäle. Gemäss Expertis, einer Firma der Manpower-Gruppe, sind Jobs.ch, Jobscout24, Jobup und Jobserve die grössten Portale. Zu den Jobsuchmaschinen gehören Jobsagent, Indeed und Neuvoo. Weitere Portale haben sich auf horizontale oder vertikale Nischen beziehungsweise Teilmärkte spezialisiert. Zu nennen sind hier Hotelcareer für Jobs in der Gastronomie und Hotellerie, Yousty für Lehrstellen und Quereinsteigerstellen. Topjobs und Alpha konzentrieren sich auf Fach- und Führungskader, Jobstarter auf Hochschulabsolventen und Seniorsatwork auf ältere Stellensuchende.
Big Techs interessieren sich nicht
Laut Cornel Müller, VR-Mitglied bei der Firma x28, einem Arbeitsmarktdatenanbieter mit Sitz in Thalwil ZH, sind im Zuge der enormen Fortschritte rund um KI vier Aspekte für den Betrieb einer Jobplattform entscheidend: Zunächst die sogenannte Datenintelligenz: «Daten können und müssen besser und smarter ausgewertet und zugunsten der Arbeitgebenden und Stellensuchenden zur Verfügung gestellt werden», so Müller. «Such- und Matching-Resultate werden besser – oft auch unerwartet oder sogar überraschend gut, weil Kontext- und Hintergrundinformationen berücksichtigt werden.» So seien beispielsweise die Aufgaben von Kundenberaterinnen im Detailhandel nicht zu vergleichen mit denjenigen von B2B-Kundenberaterinnen. «Jobplattformen, die in diesem Fall sowohl B2C- wie auch B2B-Kundenberater-Jobs anzeigen, verärgern die Stellensuchenden nur und unterstützen die Arbeitgeber nicht wirklich», so Müller weiter.
Dann kommt der Datenschutz: «Es ist nicht notwendig, sensible Daten abzufragen oder zu speichern – im Gegenteil, die sensiblen Daten wie beispielsweise Alter oder Nationalität führen nur zu Diskriminierung.» Weiter ist die Personalisierung ein wichtiges Element. «Die vertikalen Jobplattformen sind diesbezüglich schon viel besser als die generalistischen Jobplattformen.»
In Zukunft würden sich Lösungen durchsetzen, die das Jobangebot viel genauer auf die Skills, Bedürfnisse und Werte der Menschen abstimmten, erwartet Müller. Und die Skills werden zur «Arbeitsmarkt-Währung»: «Skills-basierte Lösungen sind der Gamechanger schlechthin», sagt Müller. «Diejenigen Jobplattformen oder -Intermediäre, welche beiden Seiten, also Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden, eine Skills- und wertebasierte Suche und ein entsprechendes Matching anbieten, werden zu den Gewinnern gehören.»
Die internationalen Player und die Big Techs hätten aus ökonomischen Gründen gar kein Interesse an einem transparenten Markt respektive dem «perfekten Match», sagt Müller weiter. «Player wie Linkedin würden enorme Umsatzeinbussen hinnehmen müssen, wenn ihre Lösungen perfekt funktionierten.»
Die künstliche Intelligenz (KI) wird auch die digitale Stellensuche verändern. «Aktuell läuft es in die komplett falsche Richtung», beobachtet Müller. «Stellensuchende lassen sich ihre Bewerbungsunterlagen ohne grossen Aufwand von Chat GPT und Co. erstellen und die Arbeitgeber implementieren KI-Systeme, die die von KI-Systemen generierten Bewerbungsunterlagen auswerten», fasst Müller das zusammen. «Damit Menschen und Unternehmen besser und schneller zusammenfinden – was letztlich das Hauptziel von uns Arbeitsmarktintermediären ist –, sollten wir die KI nicht zweckentfremden, sondern schlauer nutzen.»
Aktive Ansprache durch Spezialisten
«Der Wettbewerb ist intensiv, doch entscheidend sind Relevanz, Effizienz und proaktive Ansprache», weiss Alexis Weil, CEO von Seniorsatwork, wo man sich auf ältere Stellensuchende spezialisiert hat. Weil hat einige konkrete Hinweise darauf, was funktioniert: gezieltes Matching und sogenanntes Active Sourcing. «Neben smarten Algorithmen setzen wir auf Active Sourcing – in einem Arbeitnehmermarkt wollen Kandidaten aktiv angesprochen werden», so Weil. «Das erhöht die Rückmeldungen und beschleunigt den Rekrutierungsprozess.» Hinzu kommt eine hohe Benutzerfreundlichkeit. «Eine schnelle, effiziente und intuitive Plattform ist heute das A und O – Unternehmen müssen ohne Umwege die richtigen Kandidaten finden», sagt Weil.
Nischenanbieter wie Seniorsatwork hätten klare Vorteile gegenüber grossen, breit aufgestellten Plattformen: Weil führt vier Argumente auf: Zunächst die Spezialisierung und den Fokus.«Wir verstehen die Bedürfnisse der Fünfzig-plus-Generation und der Unternehmen, die sie suchen, besser als jede generische Jobbörse. Das macht unser Angebot präziser und relevanter.» Dann setzt er auf Community und Engagement. «Während grosse Plattformen oft unpersönlich sind, bauen wir eine enge Bindung zu unserer Zielgruppe auf – und das stärkt Vertrauen.» Weiter nennt Weil Agilität und Innovation. «Wir können schneller auf Veränderungen reagieren und Lösungen massgeschneidert umsetzen. Ein Beispiel ist unser neuer Matching-Algorithmus, der die Jobvermittlung für Senior Talents deutlich vereinfacht.» Schliesslich gebe es den gesellschaftlichen Trend. «Der demografische Wandel ist eine Realität – Unternehmen erkennen zunehmend den Wert älterer Fachkräfte.»
KI wird die Jobsuche grundlegend verändern – mit grossen Chancen, aber auch Herausforderungen, zeigt sich Weil überzeugt. Chancen sieht er bei einer effizienteren Vermittlung: KI kann Lebensläufe und Jobprofile präziser abgleichen, sodass Unternehmen schneller die passenden Talente finden. Herausforderungen sieht Weil bei möglichen Bias und Diskriminierungen. «Eine KI ist nur so gut wie ihre Trainingsdaten. Um Fairness zu gewährleisten, müssen wir sicherstellen, dass Senior Talents und andere Gruppen nicht benachteiligt werden.» Und der menschliche Faktor bleibe essenziell: «Nicht alles lässt sich automatisieren – Soft Skills, Emotionen und soziale Kompetenz spielen in der Jobvermittlung eine entscheidende Rolle», so Weil. «Unternehmen sollten KI gezielt nutzen, aber nicht blind darauf setzen.»