Am Ende ging der Showdown ganz undramatisch über die Bühne. «Lars Förberg verfügt über langjährige Erfahrung als Investor ebenso wie als Verwaltungsratsmitglied grosser Industrieunternehmen», lobte Peter Voser gleich am Anfang der Generalversammlung der ABB in der gut gefüllten Zürcher Messehalle. «Diese Expertise wird im Hinblick auf die Umsetzung der Next-Level-Strategie eine wichtige Bereicherung darstellen für unserer Arbeit im Verwaltungsrat.»
Drei Stunden später, um 13:19 Uhr, war Lars Förberg als Verwaltungsrat der ABB gewählt, mit 99,21 Prozent der Stimmen der 903 anwesenden Aktionäre. «Welcome to the club, Lars», gratuliere Voser, «it's great to have you on board.» Bereits im Vorfeld hatte sich Voser offen gezeigt für Förbergs anliegen, als Vertreter von 6,4 Prozent der Aktien in den VR zu einzuziehen.
Harte Auseinandersetzung mit Cevian
Nichts erinnerte mehr an den erbitterten Kampf, den sich Förbergs Beteiligungsgesellschaft Cevian und ABB während fast zwei Jahren geliefert haben: Der aktivistische Investor ist mit der Aktienkursentwicklung unzufrieden und fordert Massnahmen, um den grössten Schweizer Industriekonzern auf Trab zu bringen. Zuvorderst die Abspaltung der Sparte Power Systems. Die Auseinandersetzung wurde mit einer für die Schweiz ungewohnten Härte ausgetragen, sowohl in der Öffentlichkeit wie auch hinter den Kulissen.
Die Zukunft wird ruhiger werden. Zum einen, weil sich weitere Auseinandersetzungen nun nicht mehr in der Öffentlichkeit, sondern ausschliesslich im Boardroom von ABB abspielen werden. Zum anderen, weil Förberg nun erst einmal auf Krawall verzichten dürfte. Sich einarbeiten, kritische Fragen stellen, sich Respekt verschaffen, Verbündete im VR suchen wird seine Aufgabe die nächsten Quartale sein.
Wenn ABB in dieser Zeit markante Fortschritte macht, ist für Cevian alles gut. Wenn nicht, wird Förberg den Druck sukzessive erhöhen - nun aber von innen. Was das bedeutet, hat er bei Panalpina vorgemacht, wo er von 2011 bis 2013 im VR sass: In nicht einmal zwei Jahren tauschte der Konzern neun Kaderpositionen aus. Schliesslich musste auch CEO Monika Ribar ihr Büro räumen. Danach ging die Aktie durch die Decke.
Spiesshofer unter Druck
Ribars Schicksal könnte auch Ulrich Spiesshofer drohen. Der ehemalige Berater, seit Herbst 2013 an der Spitze von ABB, steht unter Druck. Angetreten war er mit der Aufgabe, ABB organisch wachsen zu lassen, und den Aktienkurs voranzubringen.
Ersteres ist ihm in den dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit nicht gelungen. Auch die letzten Jahreszahlen enttäuschten, der Auftragseingang ist rückläufig, der Gewinn hat sich nur durch ein hartes Kostensenkungsprogramm leicht verbessert. Dass es mit dem Aktienkurs das letzte Jahr bergauf ging, dürfte weniger den Zahlen geschuldet sein als dem Einstieg von Cevian, der viele Trittbrettfahrer anzog.
Hausgemachte Probleme kommen hinzu: In Südkorea brannte Anfang Jahr der Finanzchef mit 103 Millionen Dollar durch. Das Management habe keine ausreichende Übersicht über die örtlichen Finanzaktivitäten gehabt, kritisierten die Revisoren im Jahresbericht, der wegen des Betrugsfalles nur mit Verspätung fertiggestellt werden konnte. Mit der Akquisition der österreichischen B&R letzte Woche hat Spiesshofer zwar ein Offensiv-Zeichen gesetzt. Die Probleme von ABB sind damit freilich nicht gelöst.
Geschickter Schachzug von Voser
Noch nie hat ein Schweizer Unternehmen dieser Grösse einen aktivistischen Investor ins Board gelassen. Dass Voser in der Auseinandersetzung mit Cevian nie klar Stellung bezogen hat und sich der Wahl von Förberg nicht widersetzte, ist geschickt: Welche Ideen auch immer der Schwede ins Gremium bringt, Voser kann sich diese Vorschläge nun zu eigen machen. Hätte er abgeblockt, wäre seine Präsidentschaft verknüpft allein mit Spiesshofer und dessen Erfolg - oder Misserfolg. So aber hält sich Voser alle Optionen offen.
Sehen Sie in der Bildergalerie unten, die zehn wichtigsten Personen - das «Who is who» - im Schweizer Industriegschäft: