Der Wirkstoff Gantenerumab könne die Amyloid-Beta-Plaques bei Patienten mit einer Alzheimer-Erkrankung «in die richtige Richtung beeinflussen», schrieb Roche diese Tage der Handelszeitung. Unter normalen Umständen wäre dies nicht speziell erwähnenswert. Dass ein Wirkstoff in der Lage ist, Biomarker, in diesem Fall die für Alzheimer typischen Amyloid-Beta-Eiweissablagerungen im Gehirn, zu beeinflussen, ist das eine. Ob das auch dazu führt, dass es den Patienten besser geht, ist aber eine andere Frage.

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Doch bei Alzheimer ist seit dem 8. Juni nichts mehr normal – dem Tag, als die amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA den Weg frei machte für Aducanumab, dem vom Schlieremer Startup Neurimmune und der US-amerikanischen Biogen entwickelten Alzheimer-Wirkstoff. Aducanumab – oder Aduhelm, der Name, unter dem das Produkt nun vermarktet wird –  wurde nicht etwa zugelassen, weil Neurimmune und Biogen abschliessend zeigen konnten, dass es den geistigen Abbau zu verlangsamen oder sogar zu stoppen vermag. Die FDA begründete ihren Entscheid damit, dass es in der Lage sei, die Amyloid-Beta-Ablagerungen abzubauen.

Spitzenumsätze von 3 Milliarden Dollar erwartet

Nun findet das Vorgehen von Biogen offenbar einen Nachahmer in Basel. Einem Bericht des amerikanischen Branchenportals Endpoints ist Roche mit der FDA im Gespräch, ob Gantenerumab ebenfalls beschleunigt zugelassen werden könnte. Endpoints beruft sich dabei auf einen Analystenbericht von Jefferies. Sollte Gantenerumab zugelassen werden, so rechnet der Jefferies-Analyst «konservativ» mit Spitzenumsätzen von 3 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: mit Ocrevus, einem Medikament gegen Multiple Skleorse, machte Roche 2020 4,3 Milliarden Franken Umsatz.

Roche schreibt auf Anfrage, man kommentiere aus Prinzip keine Gerüchte. «Wir sind in Diskussionen mit den der FDA und andern regulatorischen Behörden, wenn es angebracht ist». Aktuell liege die Priorität darin, die dritte klinische Phase zu Gantenerumab abzuschliessen. Weitere Informationen zum Programm werde man «in due course» teilen.

Auch Eli Lilly prescht vor

Vor Roche hatte sich bereits Eli Lilly vom Biogen-Entscheid inspirieren lassen und angekündigt, es werden schon diesen Sommer die Zulassung für seine Amyloid-Beta-Antikörper beantragen. Dies, nachdem das US-Unternehmen noch im Winter entschieden hatte, mit klinischen Studien der dritten Phase zu zu warten. Eli Lilly hatte in einer kleinen klinischen Studie der zweiten Phase zeigen können, dass sein Antikörper nicht nur in der Lage war, die Ablagerungen zu reduzieren, sondern dass sich bei den mit dem Medikament behandelten Patienten auch der kognitive Abbau leicht verlangsamte.

Ob die FDA mitmacht, ist unklar. Eli Lilly rämte in seiner Ankündigung ein, dass es mit der FDA noch einen Weg für die Zulassung finden müsse.

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass schon bald neben Aduhelm zwei weitere Alzheimer-Medikamente auf den Mark kommen werden. Das sind gute Nachrichten für die Patienten, aber auch für die Prämienzahler. Die Alzheimer-Follower dürften den Preis für ihre Therapien tiefer ansetzen als die astronomischen 56'000 Dollar, die Biogen für Aduhelm eintüten will