Der Hype war gross. Amazon komme in die Schweiz, verkündeten die Schlagzeilen noch vor einem Jahr. Ausser dass die Post mit dem Internethändler einen Deal geschlossen und die Verzollung übernommen hat, ist jedoch nicht viel geschehen. Noch immer lassen sich viele Produkte nicht in die Schweiz liefern. Noch immer fehlt eine CH-Domain.
Für den Online-Gigant, der am Montag für kurze Zeit Apple und Microsoft überholte und zum wertvollsten Unternehmen der Welt avancierte, ist der Schweizer Markt höchstens ein Nebenschauplatz. Einmal mehr zeigt das die gestern verkündete Kapitulation vor dem Schweizer Mehrwertsteuer-System. Neu werden nächstes Jahr für ausländische Versandhändler auch Kleinsendungen unter 65 franken steuerpflichtig. Deshalb können Schweizer Kunden ab dem 26. Dezember nicht mehr auf Amazon.com einkaufen, wie der Konzern mitteilte. Davon ausgenommen sind digitalen Produkten wie Apps und Kindle-Bücher, die Kunden weiterhin über die US-Seite beziehen können.
Gutscheine verfallen
Besonders ärgerlich dürfte für manche Kunden sein, dass die Guthaben von Geschenkgutscheine verfallen. «Mit der Umstellung der internationalen Einkaufsmöglichkeiten wird es uns leider nicht möglich sein, ungenutzte Geschenkgutschein-Guthaben auf Amazon-Websites in der EU zu übertragen», heisst es in der Mitteilung.
Dass die neue Regelung zur Mehrwertsteuer im Januar in Kraft tritt, ist schon seit über einem Jahr bekannt. Amazon konnte oder wollte offenbar keine Lösung finden. Der Konzern verweist seine Kunden auf die Amazon-Seiten in der EU. Schweizer sollen die gewünschten Produkte auf Amazon.de, Amazon.fr, Amazon.it, Amazon.es oder Amazon.co.uk bestellen.
Für die meisten Amazon-Kunden dürfte sich hierzulande nicht viel ändern. Schweizer kauften 2017 nur für 65 Millionen Franken über die amerikanische Amazon-Seite ein, wie der E-Commerce-Berater Carpathia schätzt. Über Amazon.de hingegen waren es im selben Jahr 575 Millionen Franken.
Amazons Rückzug zeigt: Schweizer Kunden müssen sich damit abfinden, noch länger über die deutsche Seite einzukaufen und von Angeboten wie Amazon-Prime kaum profitieren zu können.