Kein anderes kulturelles Erbe übt auch auf moderne Menschen eine derartige Faszination aus wie der Totenkult der Pharaonen mit seinen unermesslichen Schätzen. Das Gold aus den Grabkammern, die Hieroglyphen und die mumifizierten Pharaonen ziehen die Betrachter wie eh und je in ihren Bann.

Nach gut zweieinhalb Monaten Umbau- und Vorbereitungsarbeiten zeigt das Antikenmuseum Basel als einzige Station Europas in einer sensationellen Ausstellung 50 Gegenstände aus der Grabkammer des berühmtesten Pharaos, Tutanchamun, sowie 70 Objekte aus weiteren Gräbern aus dem Neuen Reich. Nach Paris (1967), London (1972) und Deutschland (1980/81) ist dies erst das vierte Mal, dass die Schätze aus dem Weltkulturerbe ausserhalb von Ägypten gezeigt werden. Basel rechnet für die sechs Monate, in denen die Ausstellung geöffnet ist, mit einer halben Million Besucher.

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Als Pharao war Tutanchamun relativ unbedeutend

Tutanchamun (1334-1325 v. Chr.), der im zarten Alter von neun Jahren den Thron bestieg und schon mit 19 Jahren starb, war zu seiner Zeit ein eher unbedeutender Vertreter der 18. Dynastie. Die 18. Dynastie, die von 1550 bis 1292 v. Chr. dauerte, ist die dritte Blütezeit des pharaonischen Ägyptens und gilt auch als goldenes Zeitalter. Nicht lange nach dem Tod Echnatons war Tutanchamun, der damals noch Tutanchaton hiess, in Memphis gekrönt worden. Doch hatte der Knabe wohl nur wenig zu sagen und seine «Berater» liessen ihn nach ihrem Willen regieren. Ungeklärt ist bis heute, woran der junge König starb. Seine Mumie gibt keinen eindeutigen Aufschluss darüber, ob er ermordet wurde oder etwa von seinem Streitwagen stürzte. Sicher ist jedoch, dass er nicht an Schwindsucht starb, wie früher angenommen wurde.

Das grosse Glück für Tutanchamuns Nachleben ist die Tatsache, dass sein Grab sehr schnell unter dem späteren Königsgrab von Ramses VI. verschüttet wurde. Dadurch wurde der Eingang blockiert, und das Grab blieb während Jahrtausenden unerkannt und unberührt. Erst im November 1922 wurde es durch den britischen Archäologen Howard Carter (1873-1939) nach fünfjähriger, zum Teil abenteuerlicher Suche im Tal der Könige in der Nähe von Luxor entdeckt. Bis zur endgültigen Räumung vergingen dann aber noch ganze zehn Jahre. Die anderen Königsgräber dagegen standen zum Teil offen und wurden schon im Altertum ausgeraubt.

Der Schatz, den Carter vorfand, gilt bis heute als Sensation. Die rund 5000 Objekte geben uns eine gute Vorstellung davon, was einem ägyptischen König damals auf seiner Reise ins Jenseits mitgegeben wurde. Der mumifizierte Körper lag zusammen mit den königlichen Insignien in einem Sarkophag, der umgeben war von Nahrungsmitteln, Kleidern, Schmuck und Waffen bis hin zu Götter- und Königsfiguren, Streitwagen, Schiffen und Barken. Wächterfiguren dienten auf seiner Reise ins ewige Leben als Beschützer, Statuen des Verstorbenen als Zuflucht für seine Seele, Totensprüche als Anleitungen. Führer in Form von Totenbüchern sollten dem Verstorbenen helfen, sich im Jenseits zurechtzufinden und Prüfungen, die ihn erwarteten, zu bestehen.

Zahlreiche der zwischen 3500 und 3300 Jahren alten Grabschätze sind aus Gold oder vergoldet. Gold galt im alten Ägypten als Farbe der unvergänglichen Sonne und war ein Symbol für die Wiedergeburt im Jenseits. Die Grabbeigaben geben Auskunft über den mystischen Jenseitsglauben, das geheime Ritualwissen und die komplexe Götterwelt, die sich in einer perfektionierten künstlerischen Darstellungsform ausdrückt. Neben einem Nachbau von Tutanchamuns Grabkammer bilden Leihgaben aus dem unversehrten Grab von Juja und Tuja, den Schwiegereltern Amenophis' III., einen weiteren Höhepunkt der Austellung. Ihr Grab wurde rund 20 Jahre vor demjenigen Tutanchamuns entdeckt und war bis dahin die am meisten gefeierte Entdeckung im Tal der Könige.

Alle wichtigen Werkgruppen sind in der Schau vertreten

Viele der in der Ausstellung gezeigten Objekte haben Ägypten noch nie verlassen. Zwei Jahre dauerten die Verhandlungen mit den zuständigen Stellen in Kairo. Das absolute Glanzlicht, die aus elf Kilogramm Gold und Lapislazuli bestehende Goldmaske Tutanchamuns, durfte jedoch nicht nach Basel reisen. Sie soll bei der letzten Ausstellung in Berlin angeblich beschädigt worden sein. Aber der Schatz ist so reich, dass sich diese Tatsache verschmerzen lässt. Alle wichtigen Objektgruppen sind gut vertreten, sogar Objekte aus Holz, die die Ägypter zuerst überhaupt nicht herausgeben wollten, da sie so empfindlich sind.

Der Versicherungswert für die Kostbarkeiten liegt bei knapp unter 1 Mrd Fr.; die Versicherungsprämie beträgt 2,25 Mio Fr., weitere rund 2 Mio Fr. kostete der Transport. Zusätzliche 2,5 Mio Fr. müssen für den verdoppelten Personalbestand eingesetzt werden. Die Gesamtkosten der Ausstellung werden auf mindestens 17 Mio Fr. geschätzt, die Einnahmen auf rund zwei Drittel dieses Betrages. Ohne die UBS, die das Projekt als «presenting sponsor» mit einem zweistelligen Millionenbetrag unterstützt, wäre die Realisation dieser Ausstellung nicht möglich gewesen. Die ägyptischen Behörden erhalten als Leihgebühren 5 Mio Fr., die in den Bau eines neuen Antikenmuseums unweit der Pyramiden fliessen sollen.

«Tutanchamun», Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, St. Albangraben 5, Ticketvorverkauf: 0800 22 00 33, bis 3. Oktober 2004.