Das tönt nach vorauseilendem Gehorsam: Frühestens im Juni steht fest, ob Unternehmen in der Schweiz bereits ab 2008 zu einer CO2-Abgabe verpflichtet werden. Trotzdem hat sich die Zahl der Firmen, die freiwillige Verpflichtungen zur Emissionsreduktion mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) vereinbarten, in den letzten Monaten schnell auf 1600 erhöht. Einen richtigen Schub brachte zudem das Ende 2006 eingeführte KMU-Modell, das kleineren und mittleren Unternehmen erleichtert, sich in den Prozess zur CO2-Reduktion und Effizienzsteigerung einzuklinken.
*Holcim will klare Vorgaben*
«Äusserst begehrt ist zudem das Zertifikat der EnAW, welches Firmen auszeichnet, die mit den Senkungen auf Kurs sind», sagt Max Zürcher, Direktor der EnAW. Ein solches Zertifikat erhalten haben kürzlich Detailhändlerin Migros und das Technologieunternehmen ABB Schweiz. Letzteres erreichte bisher eine CO2-Reduktion von 45%. Dazu motiviert hat ABB nicht nur die drohende CO2-Abgabe und positive Imageeffekte. Vielmehr machen Investitionen ins Energiesparen auch betriebswirtschaftlich Sinn. «Wir sparen dank den Gebäudesanierungen 40% der Kosten für kalorische Energie ein», sagt ABB-Sprecher Wolfram Eberhardt. Die Auszeichnung bedeute aber nicht, dass sich ABB zurücklehnen könne.
Auch Holcim befindet sich auf Kurs. Es bleibe aber eine grosse Herausforderung, die freiwillig vereinbarte Reduktion der CO2-Emissionen bis 2010 um 20% gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken, sagt Holcim-Sprecher Markus Gerber. Einerseits sei dies abhängig vom Einführungsdatum der CO2-Abgabe. Andererseits habe die Ausgestaltung der Abgabe, die in der laufenden Session besiegelt werden soll, einen grossen Einfluss auf Holcim und die gesamte Schweizer Wirtschaft. «Die Zementindustrie trägt einen Drittel zur Erfüllung des Schweizer Kyoto-Ziels bei. Der Bau von neuen Gaskombikraftwerken bedeutet eine wesentliche Steigerung der CO2-Emission, womit unsere Bemühungen, CO2 zu reduzieren, weitgehend zunichte gemacht werden», sagt Gerber. «Es ist deshalb unabdingbar, dass auch Gaskombikraftwerke ihre CO2-Emissionen kompensieren müssen.»
Obwohl die freiwilligen Investitionen der Schweizer Wirtschaft der letzten Jahre in die CO2-Reduktion mit einem dreistelligen Millionenbetrag beeindrucken, ist es noch offen, ob die Schweiz die Kyoto-Verpflichtung mit den eingeleiteten Massnahmen erreichen kann. Laut Andrea Burkhardt, Sektionschefin Klima vom Bundesamt für Umwelt (Bafu), ist es mit den heute vorgesehenen Reduktionsmassnahmen für die Schweiz möglich, die Kyoto-Ziele zu erreichen. «Sollte sich aber die definitive Genehmigung der CO2-Abgabe weiter hinauszögern, wird es schwieriger», befürchtet sie. Auch wenn die CO2-Abgabe noch nicht obligatorisch sei, dürften allerdings Ankündigungseffekte nicht unterschätzt werden. Diese bewegen Unternehmen dazu, sich freiwillig im Voraus zu Reduktionen zu verpflichten.
Grund für Optimismus sieht auch EnAW-Direktor Zürcher: «Bis Ende letzten Jahres liess es die Politik offen, ob die CO2-Abgabe wirklich noch eingeführt würde - gleichwohl sind fast alle Unternehmen, die sich zuvor im EnAW-Prozess der CO2-Reduktion engagiert haben, dabeigeblieben.»
*Anschluss an Europa gefordert*
Der Entscheid über den Zeitpunkt der Einführung hängt allerdings nicht nur von der Politik ab. Wann genau die CO2-Abgabe eingeführt wird, wird aufgrund der Emissionsdaten des Vorjahres entschieden, welche jeweils gegen Ende Mai des Folgejahres vorliegen. Anfang 2008 wird die Abgabe mit 3 Rp./l Heizöl eingeführt, falls 2006 nicht 94% des Ziels erreicht worden sind. Anfang 2009 wird die Abgabe mit 6 Rp./l eingeführt, falls 2007 nicht 90% des Ziels erreicht sind.
Die Firmen, welche die Vorgaben erfüllen, werden dannzumal von der Abgabe befreit. Solche Unternehmen, zu denen unter anderem Ems-Chemie zählt, wollen dann ihre «übererfüllten» Reduktionen in Form von Zertifikaten verkaufen können.
Auch das Bafu will die Anbindung der Schweiz an den EU-Emissionshandel und führt derzeit Gespräche mit der EU-Kommission, sagt Burkhardt. Die CO2-Abgabe sei allerdings die rechtliche Voraussetzung dafür. Um dann die technischen und politischen Fragen zu regeln, brauche es ausserdem einen Staatsvertrag, dessen Aushandlung Zeit in Anspruch nehme.
NACHGEFRAGT
GEORGES KERN, CEO des Uhrenherstellers IWC
«IWC senkt CO2-Ausstoss stark»
Was können Firmen gegen den Klimawandel unternehmen?
Georges Kern: Sie müssen selbst den CO2-Ausstoss reduzieren. Zum Beispiel in der Gebäudetechnik und im Produktionsprozess. Die Firmen sollten möglichst nur Produkte auf den Markt bringen, die mit wenig CO2-Ausstoss hergestellt werden. Das lohnt sich auch finanziell: Die Konsumenten ziehen Produkte vor, die umweltgerecht sind und fair produziert wurden
Was tut IWC konkret?
Kern: Wir haben unseren CO2-Ausstoss bereits stark vermindert. IWC hatte noch bis vor zwei Jahren einen Ausstoss von 750 t CO2 im Jahr. Jetzt liegen wir bei 380 t. IWC senkt bis in drei Jahren den CO2-Ausstoss stark auf 100 t.
Inwiefern wird IWC diese Anstrengungen für die Vermarktung der Uhren nutzen?
Kern: Wir werden dieses Engagement gegenüber unseren Kunden kommunizieren. Die Anstrengungen gegen den CO2-Ausstoss sind Teil unserer Kultur. Den Kampf gegen den Klimawandel erachten wir als sinnvoller als ein Firmen¬logo auf einem Formel-1-Wagen.
Bis jetzt sind es vor allem inter¬national tätige Grossfirmen wie ABB, General Electric und Toyota, die sich intensiv gegen den Klimawandel engagieren: Was empfehlen Sie den KMU in der Schweiz?
Kern: Sie sollten im Kleinen das Gleiche tun wie die Konzerne: Sie müssen eine ehrliche Bilanz ihres CO2-Ausstosses ziehen und dann Alternativen suchen und umsetzen. Das wird sich gerade bei KMU rasch auf das Ergebnis auswirken. Ganz egal, wie gross ein Unternehmen ist: Firmen, die zur Umwelt Sorge tragen und dies gegenüber der Kundschaft kommunizieren, werden künftig die Gewinner sein.
Interview: Martin Spieler