Bester Börsengang 2018», «10-mal besser als Facebook», «im Branchenvergleich massiv unterbewertet». In dieser Art trommelte die Anlagewebsite Aktiencheck.de nach dem Börsengang fast täglich für die Aktie der Social-Media-Plattform A Small World (ASW). Die aggressiven Kaufempfehlungen waren keine schnell geschriebenen Stücke, sondern 40 000 Zeichen umfassende, detaillierte Aktienbesprechungen mit Infografiken und Bildern – etwa von ASW-Grossaktionär Patrick Liotard-Vogt.
Bestehende Interessenkonflikte
Dass solche Euphorie bei der nicht nur an der Schweizer, sondern seit dem 21. März auch an deutschen Börsen kotierten ASW fehl am Platz ist, hat die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) offenbar erkannt und eine Untersuchung wegen des Verdachts der Marktmanipulation eingeleitet. Laut der BaFin-Pressesprecherin Anja Schuchhardt hat die Behörde «Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen von Kaufempfehlungen unrichtige oder irreführende Angaben gemacht und/oder bestehende Interessenkonflikte pflichtwidrig verschwiegen wurden».
In live gestellten Studien weist das Aktienportal auf solche Interessenkonflikte hin. So wurde Aktiencheck.de «von einem Aktionär der A Small World AG mit der Erstellung der redaktionellen Beiträge beauftragt». Man gibt sogar «zu bedenken, dass der Auftraggeber der Studie in naher Zukunft beabsichtigt, sich von eigenen Aktienbeständen in der A Small World AG zu trennen, und damit von steigenden Kursen der Aktie profitieren wird».
Bemüht um Schadensbegrenzung
ASW bemüht sich um Schadensbegrenzung. Sie distanziert sich «in jeder Form von jeglicher Art von möglicher Kursbeeinflussung». ASW habe weder Geschäftskontakte, noch gebe es eine Geschäftsbeziehung in irgendeiner Form zu Akteuren, die eine Kursbeeinflussung herbeiführen möchten.
Nach der Warnung durch die BaFin stellten die deutschen Börsen den Handel mit ASW-Papieren wie üblich freiwillig ein. «Die Aktie ist weiterhin ausgesetzt, da der ordnungsgemässe Börsenhandel nicht gewährleistet ist», sagt Patrick Kalbhenn, Pressesprecher der Frankfurter Börse.
SIX gibt sich unbeeindruckt
An der SIX Swiss Exchange laufen die Aktiengeschäfte ungehindert weiter. Hierzulande ist die SIX Exchange Regulation im Rahmen der Selbstregulierung für die direkte Marktaufsicht zuständig. «Wenn wir Unregelmässigkeiten feststellen oder Kenntnis von solchen haben, werden diese analysiert», sagt SIX-Sprecher Julian Chan. Gebe es einen Verdacht auf Marktmanipulation, werde dieser der Finma und der Bundesanwaltschaft angezeigt. Ein Austausch mit der Deutschen Börse finde, falls nötig, über den Regulator statt.
Zu Einzelfällen äussert man sich in der Schweiz erst nach Abschluss der Verfahren. Anleger dürfen also weiter handeln. Praktischerweise hat Aktiencheck.de die aggressiven Kursziele auch gleich in Schweizer Franken erstellt.