Der Spruch ist abgedroschen, aber für den Flughafen Zürich trifft er zu. Brasilien ist das Land der Zukunft. Der Schweizer Konzern betreibt in dem südamerikanischen Schwellenland zwei Flughäfen und möchte weitere Airports managen.
Damit setzt Flughafen Zürich auch auf Jair Bolsonaro. Der kontroverse Politiker hat Ende Oktober die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Kommentatoren nennen ihn den «Tropischen Donald Trump». Wie der US-Präsident provoziert Bolsonaro mit seinen Aussagen und Wahlversprechen. So will der ehemalige Militäroffizier unter anderem Bürgern den Zugang zu Waffen vereinfachen, um so die grassierende Kriminalität zu bekämpfen. Seine abfälligen Kommentare über Frauen und Schwule sowie seine Attacken gegen die Medien sorgten weltweit für Schlagzeilen.
Ein neoliberaler Wirtschaftkurs
In der brasilianischen Wirtschaft geniesst der Rechtspopulist aus anderen Gründen grosse Unterstützung: Die Pläne seines künftigen Wirtschafts- und Finanzministers Paulo Guedes gefallen den Unternehmen. Guedes will die Steuern senken, Regulierungen abschaffen und im grossen Stil Staatsbetriebe privatisieren. Solche Vorhaben kommen auch dem Flughafen Zürich entgegen. «Die Wahl Bosonaros ist mit Blick auf die Privatisierungen für uns eher positiv», sagt der Finanzchef des Zürcher Flughafens, Lukas Brosi.
Bereits Anfang nächsten Jahres wird sich der Zürcher Airportbetreiber voraussichtlich an einer bereits länger geplanten Privatisierungsrunde von Flughäfen beteiligen. Der Staat versteigert drei Konzessionen mit insgesamt zwölf Airports – darunter der Flughafen von Recife im Nordosten sowie jener in Vitória nahe Rio de Janeiro. Ob die Zürcher nur für ein oder für mehrere der drei Pakete bieten, haben sie noch nicht entschieden.
In Brasilien «spielt die Musik»
Falls die Zürcher weitere Flughafen erhalten, steigt die Bedeutung Brasiliens für sie zusätzlich. Schon heute ist das Land der wichtigste Pfeiler in der Auslandsstrategie. Rund 150 Millionen Franken eigene Mittel haben sie in Brasilien investiert. Seit 2013 führen die Zürcher den Flughafen in Belo Horizonte, ihnen gehört ein Viertel des Betriebs. Letztes Jahr erwarben sie die Konzession für den Airport Florianópolis im Süden des Landes. Zusätzlich betreiben die Zürcher noch zwei kleine Flughäfen in Chile sowie den Airport auf der Karibikinsel Curaçao.
CFO Lukas Brosi hat keine Bedenken, das Engagement in Brasilien zu verstärken - «hier spielt derzeit die Musik». Der Flugverkehr werde in den nächsten Jahren stark wachsen, und das Land benötige zusätzliche Infrastruktur. Ein Klumpenrisiko sei Brasilien auch deshalb nicht, weil die Zürcher sich wieder nach Asien vorwagen: Sie haben kürzlich ein Büro in Malaysia eröffnet und prüfen derzeit Projekte auf den Philippinen und in Vietnam.
Ein holpriger Start für den Flughafenbetreiber
In Brasilien hatte der Zürcher Flughafen einen schwierigen Beginn. Die Konzession in Belo Horizonte übernahmen die Zürcher 2013, kurz danach begann die schwerste Wirtschaftskrise in Brasiliens Geschichte. Dann mussten sie dort Bauten vorfinanzieren, die der staatliche Flughafenbetreiber Infraero hätte bezahlen sollen – der Rechtsstreit um diese umgerechnet 40 Millionen Franken ist immer noch hängig.
Und jetzt droht ihnen in Belo Horizonte Konkurrenz. Neu sollen auch grosse Flugzeuge auf dem zentral gelegenen Stadtflughafen Pampulha landen dürfen. Als die Zürcher die Konzession für Belo Horizontes anderen Airport (Confins) erwarben, war davon noch nicht die Rede. Eine Aufwertung des Stadtflughafens würde die Attraktivität von Confins empfindlich schmälern - denn Confins liegt 38 Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums. Finanzchef Brosi nennt es ein «schlechtes Signal für internationale Investoren, wenn plötzlich die Spielregeln geändert werden». «Damit tut sich das Land keinen Gefallen.» Der CFO ist aber zuversichtlich, dass die Pläne für den Stadtflughafen juristisch oder politisch gestoppt werden können.
Florianópolis als Erfolgsgeschichte
«Wo Chancen sind, sind auch Risiken», sagt der Finanzchef. In Brasilien benötige alles etwas länger. «Wir haben aber jetzt 26 Jahre Zeit, den Rückstand in Belo Horizonte aufzuholen» - so lange läuft die Konzession noch. Und viel wichtiger als Belo Horizonte ist für die Zürcher ihr Flughafen in Florianópolis, der bis 2046 ihnen alleine gehört. Auf der beliebten Ferieninsel bauen sie derzeit ein neues Terminal, dass die Kapazität mehr als verdreifachen wird. Ab diesen Sommer werden dort neu Direktflüge nach Europa und Nordamerika angeboten.
Der Flughafen Zürich hat sich zum Ziel gesetzt, dereinst zehn bis fünfzehn Prozent vom Gewinn im Ausland zu erwirtschaften statt wie heute weniger als fünf. Ob dass dem Flughafen gelingt, wird sich auch in Brasilien entscheiden.