Am 15. Juni ist der nächste Warrants-Verfalltag. Für alle Scheine, die dann auslaufen, wird abgerechnet. Wertlose Papiere werden aus den Depots gebucht oder die erzielten Gewinne ausbezahlt.

Verfalltage haben nicht nur für die Optionsbesitzer Folgen. Auch Aktienkurse steigen oder fallen aufgrund von Rückwirkungen durch die Hedging-Aktivitäten von Banken am Verfallstag. Optionshändler achten laut einer Studie von Goldman Sachs auf Konstellationen, wo hohe Open-Interest-Positionen, also Preisangebote in den Büchern mit bestimmten Ausübungspreisen bei Optionen zusammenhängen. Denn grosse Open-Interest-Positionen zu Preisen in der Nähe der Ausübungspreise können zu Bewegungen bei den Basiswerten führen. Ein Emittent von Optionen kann am Verfallstag ja nicht sicher sein, ob er Aktien liefern muss oder nicht.

Manchmal entscheiden nur wenige Rappen über eine Lieferung – und wenn sie nicht erfolgt, müssen Hedge-Positionen, mit denen ein Emittent seine Verpflichtungen deckt, wieder rasch abgebaut werden. Ganz verzwickt ist die Situation, wenn der Kurs des Basiswertes im Handelsverlauf volatil ist und mal über, mal unter dem Ausübungspreis liegt. Dann können die Deckungskäufe und Verkäufe eines Emittenten die Bewegungen des Basiswertes und auch der Derivate verstärken.

Optionen, die «am Geld» liegen, das heisst, wenn der Ausübungspreis nahe der aktuellen Kursen steht, reagieren am Verfallstag empfindlich auf Bewegungen bei den Basiswerten, weil aus Sicht einer Bank eine binäre Alles-oder-nichts-Situation besteht. Diese dynamische Absicherung von Kursrisiken des Basiswertes heisst in Fachkreisen «Delta Hedging» oder «dynamisches Hedging». Die Kennzahl Delta gibt die Veränderung des Optionswertes bei einer Veränderung des Kurses des Basiswertes an. Wenn ein Put ein Delta von 0,25 aufweist, das heisst, der Optionspreis fällt um 0,25 Fr., wenn der Aktienkurs um 1 Fr. steigt, braucht man 4 Puts, um das Kursrisiko der Aktie abzusichern. Mit abnehmender Laufzeit und Kursschwankungen verändert sich auch das Delta – das wiederum erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Deckungsbestände.

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Offene Kontrakte sind wichtig

Die Analysten von Goldman Sachs haben zwei Szenarien für Schwankungen an Verfalldaten ermittelt. So erscheint es nicht möglich, vor Verfall zu prognostizieren, ob ein Basiswert einen bestimmten Kurs erreichen wird, weil die Marktteilnehmer die Hedge-Bücher der Akteure nicht kennen. Generell gilt aber, dass die Schwankungen umso höher sind, je mehr Optionen verfallen, deren Ausübungspreise beim oder sehr nahe des aktuellen Kurses liegen. Hier müssen Emittenten am letzten Handelstag ständig ihre Bestände anpassen.

Diese Anpassungskäufe und -verkäufe haben einen umso höheren Einfluss auf die Aktienkurse, je höher das Verhältnis der Anzahl offener Kontrakte von Optionen zum Handelsvolumen ist. Wenn die Zahl offener Kontrakte im Verhältnis zum Handelsvolumen relativ klein ist, haben die Deckungskäufe einen geringeren Einfluss auf die Kurse der Basiswerte.

Anfällige Aktien des SMI

Welche Aktien an der SWX sind besonders anfällig für Deckungskäufe? Sehr liquide SMI-Titel wie die grossen Pharma-, Banken-, Versicherungstitel und Nestlé sind weniger von den Auswirkungen von Deckungstransaktionen betroffen als weniger liquide Aktien mit vielen ausstehenden Optionen.

Ascom beispielsweise kommt laut der Marktstatistik von Derivative Partners auf 64 ausstehende Calls und Puts, 20 werden am 14. beziehungsweise am 15. Juni verfallen. Die um Faktoren grössere ABB hat lediglich sechsmal mehr Optionen ausstehend. Ein anderes Beispiel ist Bachem mit fünf Calls. Aber weil der einzige im Juni auslaufende Call einen Ausübungspreis hat, der 20% unter dem aktuellen Kurs liegt, sind kaum Verzerrungen durch Deckungskäufe zu erwarten, obwohl solche aufgrund der Marktenge zu erwarten wären.

Bei der Bank Sarasin sind ebenfalls fünf Calls ausstehend, aber der Juni-Call liegt sehr tief im Geld. Bei Kaba hingegen könnte es von den zehn Juni-Calls bei acht knapp werden – hier sollten sich Anleger bei einigen Calls auf Schwankungen einstellen. Bei Micronas lassen die Calls mit Strikes zwischen 25 und 28 Fr. auch gewisse Käufe Mitte Juni erwarten, und die Oerlikon-Scheine mit Ausübungspreisen zwischen 650 und 680 Fr. könnten sich aufgrund der eingeschränkten Liquidität bei den Aktien ebenfalls im Kassahandel bemerkbar machen.