Die Aktionäre der Credit Suisse haben den Vergütungsbericht 2016 mit einer unbequemen Mehrheit angenommen. Sie stimmten an der konsultativen Abstimmung an der Generalversammlung vom Freitag mit 58 Prozent zu. Die Gossinvestoren-Vertreter der Credit Suisse haben dem Kritiksturm der Aktionäre den Wind aus den Segeln genommen.
40 Prozent der vertretenen Aktionäre lehnten die Vergütung ab. Dennoch hatte Verwaltungsratspräsident Urs Rohner damit nach der grossen Kritikwelle am frühen Nachmittag die erste grosse Hürde erfolgreich genommen. Auch die zweite Hürde schaffte er: Rohner wurde mit einer Zustimmung von 90 Prozent als Verwaltungsratpräsident bestätigt. Auch alle anderen Verwaltungsratmitglieder wurden für eine weitere Amtszeit gewählt, der Deutsche Andreas Gottschling und der Schweizer Banker Alexandre Zeller wurden neu aufgenommen.
Thiam: Fortschritte beim Umbau
Zuvor hatte Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam angesichts der Fortschritte beim Konzernumbau einen vorsichtig optimistischen Ausblick für das laufende Geschäftsjahr abgegeben. «Wir gehen davon aus, dass 2017 für die Credit Suisse ein positives Jahr wird», sagte er am Freitag auf der Generalversammlung in Zürich. Er warnte aber auch vor den anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten wie den Wahlen in Frankreich, Grossbritannien und Deutschland. «Diese Faktoren haben einen Einfluss auf die Märkte und auf unsere Kunden.»
Verwaltungsratspräsident Urs Rohner erklärte, die Bank sei unter der Führung von Thiam auf dem richtigen Weg. «Die Umsetzung unserer Strategie wird in den nächsten zwei Jahren nochmals viele Anstrengungen von uns allen verlangen.» Rohner entschuldigte sich dann für seine mangelnde Sensibilität bei der Beurteilung der Lohnbemessung. Es habe nur eine grosse Uneinstimmigkeit gegeben.
Lautstarke Proteste
«Wir mussten massive Kritik gegenwärtigen, sei es an den Vergütungen, aber auch sonst», sagte Urs Rohner. Beim Entscheid über die Boni-Zahlungen habe es zwischen dem Verwaltungsrat und den Aktionären und Stimmrechtsberatern nur einen wirklich grossen Unterschied gegeben. Es ging um die Einschätzung, ob die Busse rund um den Steuerstreit mit den USA von total 2,48 Milliarden Dollar bemessen werden soll oder nicht. «Wir akzeptieren, dass man diesbezüglich anderer Meinung sein kann.»
Aktionäre protestierten laut im Saal. Immer mehr Aktionäre ergriffen das Wort, allerdings konnte man sie nicht im ganzen Saal hören. Sie betonten, dass sie ein Recht hätten zu sprechen.
Aktion gegen Pipeline
Nicht nur wegen ihrer Boni stand die CS in der Kritik. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Beteiligung der Grossbank bei der Finanzierung der umstrittenen North Dakota Access Pipeline in den USA.
Während der Rede von CS-Chef Tidjane Thiam liessen zwei Greenpeace-Aktivisten ein gelbes Plakat vor der Tribüne herunter mit der Aufschrift «Stop dirty pipeline deals». Thiam sagte dazu: «Ich unterstütze die freie Meinungsäusserung», und fuhr fort.
Ureinwohner empört
Die Gesellschaft für bedrohte Völker teilte zudem am Freitag mit, sie reiche Beschwerde ein beim Nationalen Kontaktpunkt (NCP) für die OECD-Leitsätze (angesiedelt beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco). Vor dem Zürcher Hallenstadion, wo die GV stattfindet, demonstrierte die Organisation mit Flugblättern und farbigen Federn.
Der Protest richtet sich gegen eine Pipeline, die im US-Bundesstaat North Dakota durch ein Gebiet verlaufen soll, in dem der Stamm der Standing Rock Sioux heilige Stätten hat. Die Ureinwohner sind nicht nur über die Entweihung des Landes empört, sondern befürchten auch, dass ihr Trinkwasser durch Leitungslecks verseucht werden könnte.
1,27 Prozent des Aktienkapitals vertreten
Nach der Greenpeace-Aktion folgte an der CS-Generalversammlung die Schelte der Aktionäre. Ins verschneite Zürich-Oerlikon sind am Freitag 1640 Aktionäre gekommen, die 1,27 Prozent des Aktienkapitals vertreten. Dreizehn Aktionäre wollten vor der mit Spannung erwarteten Konsultativabstimmung über den Vergütungsbericht ihre Stimme erheben. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner bot ihnen ein Bier an.
Zuerst das Wort ergriff Hans-Jakob Heitz. Die CS sei eine Wiederholungstäterin, sagt Heitz. «Wir sind nicht käuflich mit einem Bonus-Verzicht.» Die Manager hätten statt Boni Mali verdient. Er frage sich, ob Urs Rohner schon mental abgedankt habe.