Die Erdwärme muss als geradezu ideale Quelle für Wärme und Elektrizität künftig ins Zentrum der Forschung durch Fachleute und Entwicklung und der Energiepolitik gerückt werden. Denn die Geothermie, obwohl schon seit vielen Jahren bekannt und bloss halbherzig gefördert, bringt die unerschöpfliche und umweltverträgliche Energieversorgung der Zukunft. Und sie steht heute schon zur Verfügung.

Ganz innen ist es 1000 Grad heiss

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Bedrohliche und imposante Ausbrüche von Lavaströmen überall um die Erde, wie neulich wieder aus dem Ätna, Heisswasser- und Dampfgeysire in Island, Neuseeland und den USA bringen die Geothermie immer wieder in Erinnerung. Dazu muss man wissen: 99% des Erdinnern weisen eine Temperatur von über 1000¡C auf, bloss 0,1% der Erdmasse (die Kruste) ist kälter als 100¡C. Pro 100 m Tiefe, die man in die Erdkruste vorstösst, wächst die Temperatur um ca. 3¡C (3K). In den meisten Regionen der Erde erreicht die Temperatur in einer Tiefe von 500 m etwa 25 bis 30¡C, in 1000 m etwa 34 bis 45¡C. In Regionen mit entsprechenden geologischen Bedingungen (dünne Erdkruste, Vulkanismus) können Temperaturen von 100 bis 200¡C oder mehr erreicht werden.

Im Erdkern herrschen gar Temperaturen von gegen 6000¡C. Der Wärmeinhalt der Erde würde unseren heutigen Weltenergiebedarf für 30 Mio Jahre decken. Die zentrale Aufgabe der geothermischen Nutzung besteht nun darin, die vorhandene Wärme mit geeigneten Techniken an die Oberfläche zu fördern und dem täglichen Gebrauch zugänglich zu machen.

Die Nutzungstechnologie der Erdwärme hängt vor allem von der Temperatur der Wärmequelle und von der Anwendung selbst ab. In der Schweiz werden, in Ermangelung grosser geologischer Temperaturanomalien, geothermische Wärmequellen mit tiefer (30-70¡C) und sehr tiefer Temperatur (10-30¡C) genutzt. Über Erdwärmesonden (50 bis 300 m Tiefe), Grundwassernutzung und Energiepfähle wird dabei die oberflächennahe Wärmeenergie mittels Wärmepumpen auf das nutzungsbezogene, notwendige Niveau gehoben. Und nicht nur das: Mittels Energiepfählen und Erdwärmesonden-Feldern (100-150 m tief) können zudem grössere Gebäudekomplexe im Winter beheizt und im Sommer auch gekühlt werden. Die Nutzung der Geothermie erfolgt im Prinzip auf folgende zwei Arten:

1. Thermalquellen können zur Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung genutzt werden. Tiefbohrungen in wasserführende Erdschichten (400 bis 2000 m) ermöglichen in der Regel die direkte Beheizung von Gebäuden über ein Nahwärme/Fernwärmenetz.

2. Tunnels (und davon gibt es in der Schweiz nicht wenige) bringen warmes Drainagewasser mit einem beachtlichen Energiepotenzial an die Oberfläche. Die Basistunnels der Alptransit (Neat) sind aktuelle Beispiele für den Anfall von Geothermie.

In der Schweiz sind zurzeit bereits sechs Strassen- und Eisenbahntunnels über Wärmepumpen an eine geothermische Heizanlage gekoppelt. Der Hauenstein-Tunnel beheizt 150 Wohnungen in Trimbach. Der Ricken-Eisenbahntunnel, der Gd. St. Bernhard, der Gotthard-Tunnel und der Mappo-Morettina-Tunnel beliefern Mehrzweckgebäude, Unterhaltszentren, Kindergärten, Sport- und Erholungszentren mit Erdwärme. Und die Geothermie aus dem Furka-Tunnel beliefert 177 Wohnungen plus ein Mehrzweckgebäude in Oberwald mit Heizwärme.

Strom aus Geothermie

Das gesamte Wärmeleistungspotenzial der geothermisch interessanten Bahn- und Strassentunnels der Schweiz wird auf über 16 MW geschätzt. Als Vorzeigeobjekt der Schweizer Geothermie darf der Wärmeverbund Riehen (mit anschliessend im Ausland Lörrach) bezeichnet werden. Aus einer Tiefe von 1547 m wird dort Warmwasser von etwa 64¡C gefördert, um dann 160 Liegenschaften mit jährlich 22,8 MWh Wärme zu versorgen.

Geothermische Kraftwerke gibt es rund um die Welt, in Neuseeland, Island, Norditalien. Seit kurzem wurde eine geothermische Stromerzeugungsanlage mit einer ORC-Turbine in Altheim (Oberösterreich) in Betrieb genommen. Dabei wird 106¡C heisses Thermalwasser für die Stromerzeugung genutzt. Im französischen Elsass (Soultz-sous-Forêts) wird in einer Tiefe von 3500 bis 5000 m versucht, Heissdampf zu gewinnen, um Dampfkraftwerke zu betreiben.

Die Erdwärme lässt sich über individuelle Wärmepumpen mit Erdwärmesonden durch den Gebäudebesitzer nutzen. Ein Nahwärme/Fernwärmenetz ist Voraussetzung für eine grossmassstäbliche geothermische Heizungsversorgung ganzer Quartiere oder Städte. Die geothermische Heizzentrale Riehen BS liefert zum Beispiel über eine grenzüberschreitende Fernwärmeleitung Heizenergie an die Deutsche Gemeinde Lörrach. Sozusagen als Nebenprodukt zur Stromproduktion soll Wärme auch aus der künftigen «Deep-Heat-Mining»-Anlage in Basel in das bereits bestehende Wärmenetz eingespeist werden.

Mit viel Aufklärungs- und Lobbyarbeit will Nationalrätin Kathy Riklin, die Präsidentin der geothermischen Vereinigung der Schweiz, dem grossen Potenzial der Erdwärme zum Durchbruch verhelfen. Nach der Ablehnung der drei Energievorlagen fordert ein aktueller, nationalrätlicher Vorschlag nun eine Lenkungsabgabe von 0,3 Rp./kWh auf Elektrizität aus Kernenergie. Die Einnahmen (etwa 60 Mio Fr.) daraus sollen unter anderem auch zu einer sicheren Zukunft der Geothermie beitragen.

Geothermie-Leitfaden, Bundesamt für Energie, Bern.

Geothermische Anlagen

Drei wichtige Aspekte

Für die vermehrte Nutzung der natürlichen Energiequelle Geothermie sprechen folgende drei umweltrelevanten Aspekte:

Bei den geothermischen Anlagen finden weder eine Verbrennung noch eine Gasemission (CO2, NOx) statt. Damit trägt jede Anlage zur Reduktion des Treibhauseffektes bei.

Bei einer geothermischen Anlage werden keine gefährlichen Substanzen auf der Oberfläche transportiert und gelagert.

Bei tiefen geothermischen Anlagen wird das geförderte Wasser wieder in den Untergrund injiziert, wodurch keine durch das Wasser mitgeführten Substanzen an der Oberfläche bleiben. Wenn die Bohrung fertiggestellt ist, wird von der geothermischen Anlage im Vergleich mit anderen Energieanlagen nur wenig Platz benötigt. Die Grösse der Oberflächeninstallation ist sehr gering. (Ha)