Der 54-jährige Brite John Cryan wird im Juli Anshu Jain an der Spitze der Deutschen Bank ablösen. Ab Mai 2016 wird der Mann mit der auffälligen Halbglatze dann alleine an der Spitze des skandalgeplagten Frankfurter Instituts stehen.
Die Herausforderungen bei Deutschlands grösstem Geldhaus sind für ihn gewaltig. Er soll das verlorene Vertrauen bei Investoren und Mitarbeitern in das Management der Deutschen Bank wiedergewinnen, die vielen Rechtsstreitigkeiten beilegen und das Institut wieder zu alter Renditestärke führen. Viele trauen ihm zu, den lang versprochenen Kulturwandel in Gang zu setzen: «Cyran ist bescheiden und vertrauensvoll», sagt ein Branchenkenner. «Er mag das Understatment - im Gegensatz zu der 'Masters-of-the-Universe'-Generation, zu der Jain gehört.»
Cryan spricht gut Deutsch
Anders als Jain spricht Cryan gut Deutsch - er lebte zeitweise in München, als er bei S.G. Warburg einer der führenden Investmentbanker für die Finanzbranche war. Das dürfte in der Öffentlichkeit und auch in der Politik gut angekommen, wo man es schätzt, wenn man sich mit dem Chef der Deutschen Bank vertrauensvoll in seiner Landessprache austauschen kann.
Cryan wohnt noch in London, doch in seiner neuen Rolle werde er nach Deutschland ziehen, sagte eine Person aus dem Umfeld der Deutschen Bank. Es sei immer klargewesen, dass Cryan der «Plan B» sei, wenn Jain kurzfristig gehe. Cryan sitzt seit 2013 im Aufsichtsrat der Deutschen Bank und hat sich ein gutes Bild von den Problemen des Instituts machen können. Er unterstütze grundsätzlich den von Jain und Fitschen kürzlich eingeleiteten Strategiewechsel, sagt ein hochrangiger Bank-Insider. «Die Strategie wird nicht umformuliert, aber es gibt offensichtlich Spielraum bei der Ausarbeitung der Details.»
UBS-Finanzchef mitten in der Krise
Bei der UBS hat Cryan schon einmal geholfen, eine Bank aus dem Schlamassel zu ziehen. 2008 wurde der Cambridge-Absolvent Finanzchef bei der Schweizer Grossbank - mitten in der Finanzkrise. Er baute die riskanten Kreditderivate konsequent ab und etablierte neue Überwachungssysteme für die Bilanzrisiken des Instituts. 2011 verliess er die UBS und heuerte beim Staatsfonds Temasek aus Singapur an, wo er von 2012 bis 2014 Europa-Chef war.
Nun wird also «CEO, Deutsche Bank» als nächste Station in seinem Lebenslauf stehen. In Wirtschaft und Politik hoffen viele, dass Cryan die Deutsche Bank wieder in ruhigeres Fahrwasser lenken kann. Von einem hochrangigen Vertreter der deutschen Wirtschaft bekommt er einen Vertrauensvorschuss. «Das sind gute Nachrichten», sagte er nach Cryans Berufung.
(reuters/ccr)