Er ist zwei Mann hoch und damit der grösste Schwerlastroboter in der Firmengeschichte: der IRB 8700. Das jüngste Kind der ABB-Robotikabteilung kann Lasten bis zu 800 Kilogramm heben und ist für das Industrieunternehmen derart eminent, dass CEO Ulrich Spiesshofer extra nach Shanghai reiste, um es der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei generieren Roboter dieser Grössenordnung weit weniger als 1 Prozent des Umsatzes, wie ABB-Produktmanager Ola Svanström sagt.
Die absolute Verkaufsmenge der 120'000 Franken teuren Maschine ist relativ gering, es werden zigmal mehr kleinere Roboter verkauft. Mit der Mega-Einheit wird aber im grossen Stil «Cross-Selling» betrieben, wie es im Fachjargon heisst. Das bedeutet: Der Riese generiert Zusatzverkäufe. Pro verkauftem Grossroboter werden im Schnitt zehn weitere Roboter oder Robotikteile abgesetzt, teilweise sogar bis zu 100. Das kurbelt das Geschäft an.
Lieferzeit wird zur Herausforderung
Entsprechend zufrieden dürfte ABB-Chef Spiesshofer mit dem Verkaufsstart des IRB 8700 sein. «Die Nachfrage übertrifft unsere Erwartungen», sagt Ola Svanström. Hauptabnehmer sei die Automobilindustrie. Genaueres will der Schwede nicht verraten, nur so viel: «Wir mussten unseren Zulieferern Beine machen, um mit der Produktion nachzukommen».
Svanström, der seit fast einem Jahrzehnt für ABB arbeitet, führt ein strenges Regime in der Robotikabteilung. Gemäss eigenen Angaben will er innerhalb von drei bis zehn Wochen ab Bestelldatum liefern. Das Problem: «Manche Produkte haben eine Lieferzeit von mehreren Monaten», wie der Schwede erklärt. Um trotzdem den grössten Roboter der Firmengeschichte pünktlich zusammenzustellen, zu testen und auszuliefern, passt er monatlich, derzeit fast wöchentlich, die Bestellmengen an.
Viele Hände bei der Entwicklung beteiligt
Nach der Auslieferung geht dann alles fix: «Wir bauen den Roboter in einer Woche in die Produktionslinie des Endkunden ein – mit guter Planung brauchen wir sogar noch weniger Zeit.» Geschwindigkeit sei entscheidend, sagt der Produktmanager weiter. Ein durchschnittlicher Automobilhersteller produziere jede Minute ein Auto, die Gewinnmarge eines Autos liege im Schnitt bei rund 10'000 Euro pro Wagen. Je länger eine Produktionslinie unterbrochen sei, desto mehr Profit bleibe also beim Kunden auf der Strecke.
An der Entwicklung des Riesen-Roboters waren über 100 Personen während fast zwei Jahren beschäftigt, 40 von ihnen haben sich Vollzeit mit dem IRB 8700 beschäftigt. Ob ABB bereits an einem Nachfolger für den Mega-Roboter tüftelt, will Svanström nicht preisgeben. Der Produktmanager sagt aber: «Die Nachfrage suggeriert, dass wir mit unserem Roboter einen Nerv getroffen haben. Wir werden weiter Expertise auf diesem Gebiet aufbauen.»