Die Nachfrage nach Strom steigt, das Angebot wird knapp. Weltweit. Keine guten Nachrichten für Schweizer Unternehmen und Private, denn: Die Strompreise werden in den kommenden Jahren steigen. «Wir rechnen längerfristig mit moderaten Preissteigerungen», bestätigt Heinz Karrer, Chef des grössten Schweizer Stromunternehmens Axpo. Diesem Preisszenario liegt die Axpo-Studie «Stromperspektiven 2020» zu Grunde, die Ende vergangenen Monats für Aufsehen gesorgt hat. Das Resultat der Studie: Ab dem Jahr 2020 wird die Schweiz eine Stromversorgungslücke haben, es sei denn, sie erhalte ein neues Gas- oder Kernkraftwerk. Aber auch wenn die Produktionskapazitäten in der Schweiz ausgebaut werden, ist das keine Garantie für günstige Strompreise: «Wir müssen von steigenden Preisen bei den beiden fossilen Energien Gas und Öl ausgehen», sagt Karrer. Diese beeinflussen indirekt auch den Strompreis, schon heute.
Aber nicht nur die Verknappung der fossilen Energien lässt die Preise steigen. Generell dürften neue Kraftwerke den Strompreis nach oben treiben. «Die Anforderungen an neue Technologien werden immer strenger», stellt Werner Geiger, Energieexperte und Inhaber der Beraterfirma Enerprice, fest. Mehr Sicherheit, mehr Ökologie und zusätzliche Regulierungen durch den Staat kosteten Geld.
Alternativen reichen nicht
Auch wenn Strom teurer wird, die Gefahr einer Stromlücke ist real. Wie diese gefüllt werden soll, darüber scheiden sich die Geister. Sicher ist: Die alternativen Energien könnten heute nicht einspringen. «Die Stromwirtschaft muss erneuerbare Energien fördern, ohne die Kernenergie zu vernachlässigen», fordert deshalb Ralph Eichler, Direktor des Paul Scherrer Instituts. Es gebe «kein Entweder-oder». (gwe)
Im Wasser steckt Energie: Alte erneuerbare Energie ist ausbaufähig
Knapp 60% oder 33 TWh des Schweizer Stroms werden über Wasserkraftwerke produziert. Die Vorteile: Wasserkraft ist CO2-frei, und derStrom für Bandenergie ist mit 3 bis 7 Rp. pro kWh günstig. Und: Strom aus Speicherkraftwerken dient auch als lukrative Spitzenenergie sie wird produziert, wenn Bedarfsspitzen gedeckt werden müssen: Morgens, mittags, abends.
Gemäss der Energieperspektive 2035/2050 des Bundesamts für Energie (BFE) sind die vorteilhaften Standorte (Bergtäler) mehrheitlich genutzt. Die BFE-Experten rechnen nicht damit, dass grosse neue Projekte eine Chance hätten. Die Gründe: Langwierige Bewilligungsverfahren und Umweltschutz. Zusätzliche Produktionsbeiträge würden sich vor allem in Form von Um- und Ausbauten ergeben. Das Paul Scherrer Institut (PSI) beurteilt in einer Studie die Stromerzeugung in Kleinwasserkraftwerken (kleiner als 10MW als ökonomisch und ökologisch interessante Option. Heute werden in solchen Kraftwerken jedes Jahr 3400 GWh Strom produziert. Diese Menge könnte auf 5600 GWh erhöht werden. Und es gibt Ausbaupotenzial bei Trink- und Abwasserkraftwerken, die eine zusätzliche Produktion bis 2030 von 110 GWh im Jahr bringen könnten. Die Kosten dürften allerdings über den heutigen Marktpreisen liegen. (gwe)
Den Wind nutzen: Die Berge mit Windrädern schmücken
Die Windenergie boomt. Im Ausland, an der Nordsee. Dort, wo der Wind regelmässig bläst und wo Platz ist, grosse Windparks aufzustellen. In der Schweiz hat die Windenergie einen Anteil an den neuen erneurbaren Energien von weniger als 0,5%. Und die neuen erneuerbaren Energien machen weniger als 2% der gesamten Stromproduktion in der Schweiz aus. Gemäss PSI-Studie gibt es in der Schweiz bis ins Jahr 2050 ein realistisches Potenzial in der Windenergie von 1150 GWh pro Jahr. Die Windparks könnten im Jurabogen, in den Voralpen und den Alpen an 96 Standorten entstehen. Mit Einzelanlagen könnten zusätzliche 2850 GWh Windstrom pro Jahr produziert werden. Das Ziel von Energie Schweiz: Bis ins Jahr 2010 50 bis 100 GWh Windstrom pro Jahr herzustellen und 200 GWh bis 2020.
Aber: Windstrom ist heute noch teurer als Wasser- und Kernkraft. Mit 12 Rp. pro kWh kann derzeit nur die Anlage Mont-Crosin Ost zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren. Bis ins Jahr 2020 sind gemäss PSI Produktionskosten zwischen 12,9 Rp. und 14,3 Rp. pro kWh möglich. Ein weiteres Hindernis dürften die Einsprachen der Windkraftgegner sein. Also ist Import die Lösung? Nein, denn die Kapazität der Leitungen ist limitiert. Und: Deutschland, das aus der Atomkraft aussteigt, braucht die Windkraft selber. (gwe)
Grünabfall ist wertvoll: Aus organischem Abfall wird Strom
In Pflanzen, Hölzern und Lebewesen und daraus hergestellten Produkten und Abfallstoffen ist hochwertige Sonnenenergie in Form von Kohlenhydraten gespeichert. Daraus kann mittels Verbrennung, Vergasung, alkoholischer Fermentation oder Biogasproduktion Energie in Form von Wärme und Strom oder Treibstoff gewonnen werden. Der Strom wird ins Netz eingespeist und heute gemäss Energiegesetz mit 15 Rp. pro kWh vergütet.
Biogas wird aus organischen Abfällen gewonnen. Zunehmend werden auch Holz, Chinaschilf, Mais, Getreide oder Raps zur Energiegewinnung angebaut. Will ein dreiköpfiger Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 kWh seinen Strombedarf zu 100% aus Biomasse decken, so entsteht nach Angaben der Informationsstelle Biomasse/ Energie je nach Anbieter ein Mehrpreis von 560 bis 1225 Fr. pro Jahr.
In der Schweiz werden jährlich über 80000 t Biomasse zu Strom verarbeitet. Daneben nutzen viele Abwasserreinigungsanlagen das Klärgas zur Stromgewinnung.
Die Möglichkeiten sind gemäss den Experten des Bundesamts für Energie aber noch lange nicht ausgeschöpft: Konkret wird das Potenzial für Strom bis ins Jahr 2035 auf bis zu 9000 GWh geschätzt. Zum Vergleich: Heute werden auf diesem Weg gerade mal 900 GWh produziert. (gwe)