In der Vergangenheit haben sich vor allem fortschrittliche Unternehmen freiwillig den ESG-Kriterien verpflichtet. Solche Unternehmen produzieren umweltschonend. Sie sorgen für faire Arbeitsbedingungen, die über den gesetzlichen Minimalstandard gelegen sind. Und sie widmen sich verstärkt sozialen Kriterien beim Wirtschaften.

Wie sich zeigt, profitieren solche Unternehmen von erheblichen Wettbewerbsvorteilen, wie etwa Studien der Beratungsunternehmen McKinsey und Marsh McLennan zeigen:

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  • sie lancieren mehr innovative Produkte und gewinnen neue Kundengruppen;
  • ihr Personal ist überdurchschnittlich zufrieden, was beim Recruiting hilft, gerade bei Millennials und in der Generation Z, die 2029 fast drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung ausmachen werden;
  • sie arbeiten dank höherer Personalzufriedenheit kosteneffizienter.
Die Autoren

Maximilian Diem ist seit 2021 Partner bei der IXAR Legal AG. Zuvor war er als Managing-Partner bei Integral Consulting in Zürich, Dozent an der ZHAW in Winterthur und Laienrichter für Vergaberecht am Bundesverwaltungsgericht in Wien tätig. Maximilian Diem ist Doktor der Rechtswissenschaften, Rechtsanwalt und hat zuletzt sein MBA an der Hochschule St.Gallen (HSG) gemacht.

Claudia Vanheiden ist seit 2020 Managing Partnerin bei Vanda Advisory AG. Die Unternehmerin hat langjährig im In- und Ausland bei global tätigen Unternehmen im Consulting gearbeitet.

Doch diese fortschrittlichen Unternehmen sind nicht mehr allein. Aufgrund des gesteigerten öffentlichen Interesses am Thema Nachhaltigkeit fliessen ESG-Kriterien inzwischen verstärkt in die Gesetzgebung ein. Somit wird ESG vom Compliance-Thema – im Sinne einer Selbstverpflichtung – zunehmend zum Legal-Thema. Non Nice-to-have zu Must-Have, von der Kür zur Pflicht.

Und die Anforderungen an Unternehmen, ESG-Standards einzuhalten, werden in Zukunft weiter stetig steigen:

  • am 23. Februar 2022 hat die EU-Kommission neue Unternehmensregeln festgelegt für die Achtung von Menschenrechten und der Umwelt in der globalen Wertschöpfungskette. Unternehmen «sollen verpflichtet werden, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die Menschenrechte, wie Kinderarbeit und Ausbeutung von Arbeitnehmern, sowie auf die Umwelt - beispielsweise Umweltverschmutzung und Verlust an biologischer Vielfalt - zu ermitteln und erforderlichenfalls zu verhindern, abzustellen oder zu vermindern», hiess es in der entsprechenden Medienmitteilung. Das neue Gesetz gilt auch für Schweizer Unternehmen, so sie in der EU tätig sind, mindestens 500 Mitarbeitende haben und einen globalen Umsatz ab 150 Millionen Euro erwirtschaften;
  • in Ausarbeitung ist – ebenfalls auf EU-Ebene – seit April 2021 eine Neufassung der Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, deren Anwendungsbereich derart vergrössert werden soll, dass neu 50'000 statt nur 11'000 Unternehmen betroffen sind, die im EU-Raum tätig sind;
  • am 1. Januar 2023 tritt in Deutschland das Lieferkettengesetz in Kraft: direkt betroffen sind davon Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden; ab 2024 auch solche ab 1000 Mitarbeitenden. Aber kleinere Unternehmen sind dem Gesetz als Zulieferer ebenfalls unterstellt. Ziel hier ist die Einhaltung von Menschenrechten. Die Sorgfaltspflichten gelten auch für die deutschen Niederlassungen Schweizer Unternehmen. Die betroffenen Unternehmen müssen im Wesentlichen ein Risikomanagement einführen, eine zuständige Person benennen. Sie müssen eine Grundsatzerklärung zu ihrer Menschenrechtsstrategie formulieren. Sie müssen jährlich Bericht erstatten;
  • schon länger gilt in Grossbritannien der Modern Slavery Act und in den Niederlanden ein Gesetz über die Sorgfaltspflicht zur Eindämmung der Kinderarbeit. Das waren Pioniergesetze, doch die neuen Initiativen gehen deutlich weiter, enthalten mehr Verpflichtungen und härtere Sanktionen.

ESG wird bleiben

Diese Beispiele stehen stellvertretend für einen klaren Trend: ESG kommt schneller, umfassender, wuchtiger, als noch vor ein paar Jahren absehbar war. Der Trend nimmt Fahrt auf. Der Blick ins europäische Ausland zeigt uns hier in der Schweiz: die Konzernverantwortungsinitiative war nur der Anfang, Lieferkettengesetze wie in Deutschland die Zukunft.

Der Gegenvorschlag und seine neuen, eher wenigen Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten, die ab dem Geschäftsjahr 2023 Anwendung finden, dürfte bald schon überholt sein.

Was tun? Wer zu spät kommt, den Wer zu spät kommt, den bestrafen die Konsumenten, Geschäftspartner oder der Staat. Darum lohnt es sich bereits jetzt, vorausschauend eine ESG-Strategie zu definieren und umzusetzen, Mitarbeitende zu schulen, Reporting-Strukturen aufzubauen.

Denn ESG ist gekommen, um zu bleiben.