Bei den Geburtstagsfeierlichkeiten vor rund einem halben Jahr hielt sich die Grenchner Eterna dezent bedeckt. Ein sehr persönlich gehaltenes Fest für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das wars. Kein Pomp, keine Jubiläumsbroschüre, keine Vergabungen, keine Sonderedition. Die Gründe, warum der neue, mit Wirkung ab 1. April 2006 bestellte CEO Patrick Schwarz und seine Führungscrew auf Tauchstation gingen, liegen indessen auf der Hand: Eterna sollte endlich wieder durch Taten und nicht durch Worte glänzen. Schwarz ehrlich: «Wirklich Vorzeigbares existierte 2006 ganz einfach nicht.»
In Ittingen auf Stärken besonnen
Dafür wartet die Traditionsmarke zur diesjährigen «BaselWorld» gleich mit einem ganzen Bündel neuer Nachrichten auf. Patrick Schwarz: «Wir haben intensiv darüber nachgedacht, was die Marke wirklich verkörpert. Eterna ist und bleibt die Uhr des Uhrmachers, so wie es die Presse nach dem Lancement des Kugellagerrotors im Jahre 1948 formulierte.»
Auf der Grundlage dessen zog sich das Management zur Klausur in die Kartause Ittingen zurück, wo die Gedanken trefflich reifen konnten. In der Folge setzte sich die Entwicklungsabteilung der Eterna intensiv mit Möglichkeiten auseinander, mechanische Uhrwerke besser zu bauen. Dabei setzte man am Kern der Ineffizienz mechanischer Uhrwerke an, jenem Teil, den Patrick Schwarz salopp als «faulen Käfer» bezeichnet. Damit meint er den Motor oder Energiespeicher in Gestalt des Federhauses.
Energiediskussion auch bei Uhren
Dem stimmt Patrick Kury, der Technische Direktor bei Eterna, ohne Vorbehalte zu. «Das Thema Energie ist in aller Munde. Nur beim Uhrwerk denkt man viel zu wenig darüber nach. Dabei steht im Grunde genommen seit Abraham-Louis Breguet fest, dass es um den Wirkungsgrad mechanischer Uhren ausgesprochen schlecht bestellt ist.»
Durch die überlieferte Lagerung des Federhauses auf seinem Federkern gehe eindeutig zu viel Kraft verloren, ergänzt Kury. Und zwar durch die Lagerreibung und das zwangsläufig vorhandene Höhenspiel. In diesem Sinne könnte man das Ganze auch mit einer Glühbirne vergleichen, die jede Menge Energie durch Wärmeentwicklung vergeudet, anstatt sie in nützliches Licht umzusetzen. «Der Branche ist dieses Faktum seit vielen Jahrzehnten bekannt», so Kury. «Nennenswertes passiert ist indessen nichts.» Diesen leidigen Zustand möchte Eterna nun beenden.
Die uhrmacherische Zukunft verlangt nach einem Blick zurück ins Jahr 1947, als sich Eternas damaliger «Daniel Düsentrieb», Heinrich Stamm, mit der problematischen Lagerung der Automatik-Schwungmasse beschäftigte. Sein Wirken brachte den Kugellagerrotor hervor, der heute quasi als Weltstandard bei Armbanduhren mit Selbstaufzug gilt. Auf dieser DNA basieren die aktuellen Überlegungen der heutigen Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Am Ende mündeten sie in eine zwischenzeitlich patentierte, gleichermassen simple wie wirkungsvolle Lagerung des Energiespeichers mit Hilfe eines revolutionären Kugellagers. Selbiges besteht aus insgesamt drei kleinen Ringen, welche durch zwei Reihen winziger Kugeln beweglich miteinander verbunden sind. Auf diese Weise kann sich jeder Part des Trios leicht und kippfrei drehen.
Bei der Realisierung dieses technischen Wunderwerks half einmal mehr jene Spezialistin mit, die schon 1947 das Miniatur-Kugellager für die Eterna-Matic auf die Beine gestellt hatte, die frühere RMP und heutige MPS Micro Precision Systems AG, Biel und Bonfol. Zur Montage des Federhauses nur so viel: Der mittlere der drei Ringe ist fest mit der Platine verschraubt, der äussere trägt das fliegend montierte Federhaus mit der darin aufgerollten Zugfeder.
Bleibt der auch bei Eterna unverzichtbare Federkern, an dem traditionsgemäss das innere Ende der Zugfeder befestigt ist. Er kann und darf sich nun völlig frei und unabhängig vom Federhaus drehen. Zu diesem Zweck steckt das eine Ende seiner Welle in der inneren Bohrung des Dreifach-Kugellagers, dem anderen spendiert Eterna ein weiteres, in der Federhausbrücke verankertes Kugellager. Die maximale Verkantung dieser Konstruktion bewegt sich mit 2,5/100 mm in einer zu vernachlässigenden Grössenordnung. Das Höhenspiel beträgt noch maximal ein Sechstel des Werts konventioneller Federhaus-Lagerungen. Konsequenterweise rotieren auch Kron- und Sperrrad des Handaufzugs mit Hilfe winziger Kugeln.
Schmiermittel werden überflüssig
Durch dieses Massnahmenbündel lassen sich die Reibung und der Verschleiss deutlich reduzieren. Die Verwendung von Keramikkugeln bietet die Gewähr für eine 20-jährige Wartungsfreiheit, denn Schmiermittel sind in diesem Fall völlig überflüssig. Am weiteren Kraftfluss vom Federhaus zum Schwing- und Hemmungssystem hat Eterna derzeit noch nichts geändert. Erhalten bleibt auch die gute alte Schweizer Ankerhemmung. Eine neuartige, ebenfalls patentierte Form des Ankerrads mit winzigen Depot-Vertiefungen verhindert jedoch ein Abfliesssen des Öls.
So weit die keineswegs nur graue Theorie. Die Segnungen des Aufwands zeigen sich in der Praxis. Dort genügt schon ein ganz leichtes Pusten gegen das Federhaus, um es in emsige, nicht enden wollende Drehungen zu versetzen. In fertig montiertem Zustand belegen Analysen der Unruhschwingungen die erstaunliche Energie-Effizienz. Selbst eineinhalb Federwindungen bewirken bei der Manufaktur-Studie namens 3800 noch eine stabile Amplitude von 260 Bogengraden, während das konventionell konstruierte Kaliber 3500 bereits auf einen Wert von etwa 220 abgefallen ist. Diese beachtliche Differenz erstreckt sich beinahe über den gesamten Verlauf der Drehmomentkurve. Die Amplitude von 260 Grad erreicht das 3500 erst bei etwa 3,5 Federhaus-Windungen. Nur bei Vollaufzug, sprich sieben Windungen, nähern sich die beiden Linien.
Serienproduktion steht noch aus
Was konkret aus dieser Arbeit hervorgehen wird, steht schon heute fest: Ein äusserst präzises, effizientes und langlebiges Basiswerk für Eternas Manufaktur-Modelle. Der Prototyp des Manufakturkalibers 3800 wird in Basel für Gesprächsstoff sorgen. Ob dieses Uhrwerk nach ausgiebiger Testphase auch in Serie gehen wird, bedarf noch einiger Entscheidungsprozesse. Schwarz: «Eigentlich haben wir den Aufwand mit Blick auf ein neues Automatikwerk betrieben, denn was derart reibungsarm abläuft, lässt sich per Rotor auch sehr viel leichter aufziehen.» So gesehen bietet sich das neue Grossdatums-Kaliber 3030 für eine entsprechende Weiterentwicklung förmlich an.
Bis es so weit ist, muss allerdings noch einiges Wasser die Aare hinunter fliessen. Aber 2008, wenn Eternas Kugellagerrotor seinen 60. Geburtstag feiert, könnte die Paarung mit diesem neuartigen Federhaus abermals Schlagzeilen hervorrufen. Und dann könnte ein Geburtstag, wenn auch nur der 60., mit grösserem Aufwand gefeiert werden als letztes Jahr.
www.eterna.ch
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Neuheiten 2007: Die Macht des Faktischen
Kaliber: Abgesehen von der bemerkenswerten technischen Studie 3800 kann Eterna 2007 mit sehr konkreten Manufaktur-Neuigkeiten aufwarten. Dazu gehört eine runde Armbanduhr mit dem exklusiven Automatikkaliber 3030, das an die legendäre Eterna-Matic 3000 Dato von 1962 knüpft. Beim ebenfalls serienreifen Handaufzugskaliber 3500 handelt es sich um ein rechteckiges Formwerk mit den Dimensionen 25 x 32 mm, 50 Stunden Gangautonomie und zwei bereits kugelgelagerten Aufzugsrädern, das in einem tonneauförmigen Gehäuse tickt.
Chronograph: In Anlehnung an gute alte Zeiten hat Eterna ferner das Chronographenkaliber ETA 7753 mit Vollkalendarium und Mondphasenanzeige modifiziert. Anstelle von zwei Drückern bewirkt hier nur einer nacheinander die Funktionen Start, Stopp und Nullstellung.
Indicator: Bleibt der Indicator, eine revolutionäre Eterna-Entwicklung für Porsche Design. Hier bedingte der harte Praxiseinsatz etliche Nachbesserungen. Sie unterbinden Fehlfunktionen sowie das unbeabsichtigte Springen der Totalisatorscheiben; und ein doppelseitig arbeitender Rotor bewirkt einen effizienteren Selbstaufzug der insgesamt vier Federhäuser. «Unsere Kapazitäten gestatten es, nun jährlich 50 bis 60 Exemplare der zweiten Generation dieses überaus komplexen Chronographen herzustellen», so CEO Patrick Schwarz. Eterna meldet sich zurück auf der illustren Uhrenbühne.