Auch Henkel schliesst sich einem Werbe-Boykott gegen Facebook an. Der Konsumgüterkonzern werde im Juli mit allen seinen Marken auf Anzeigen bei dem sozialen Netzwerk verzichten, sagte ein Henkel-Sprecher am Montag. Das Düsseldorfer Unternehmen, das unter anderem Persil-Waschmittel und Schwarzkopf-Shampoo verkauft, folgt damit einer Reihe von Unternehmen, die Facebook zu einem stärkeren Vorgehen gegen rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte bewegen wollen.
Weiter erklärte der US-Autohersteller Ford, Werbung in sämtlichen sozialen Medien in den USA für die nächsten 30 Tage zu stoppen. Man werde seine Internet-Werbung auch in anderen Regionen auf den Prüfstand stellen, meldete Ford. Und auch Microsoft verkündete eine Pause – weltweit – bei Werbung auf Facebook und Instagram: Es sei zu befürchten dass die Werbung «next to inappropriate content» erscheine; dies meldet «Bloomberg» unter Berufung auf eine eingeweihte Person. Der Softwareriese investierte letztes Jahr rund 116 Millionen Dollar in Facebook-Auftritte, so «Bloomberg» unter Berufung auf den Datenprovider Pathmatics.
Der Werbeboykott-Bewegung gegen die Sozialen Medien haben sich inzwischen über 100 Unternehmen und Konzerne angeschlossen. Meist konzentriert sich der Werbestopp auf Facebook, oft wird auch die Facebook-Tochter Instagram eingeschlossen, manchmal auch Twitter.
«Es würde den Menschen und der Gesellschaft keinen Wert bringen, in der heutigen Zeit auf diesen Plattformen zu werben.»
Statement von Unilever
Am Freitag hatten sich mit Unilever und Honda zwei nicht-amerikanische Grosskonzerne dem Werbestopp angeschlossen. Wenig später gab der Getränkeriese Coca-Cola bekannt, er werde die Werbung auf Facebook in den USA für mindestens 30 Tage unterbrechen – allerdings schliesse man sich nicht der Boykottbewegung an. Ähnlich diffus ist die Situation beim Konkurrenten PepsiCo: Der TV-Sender «Fox» meldete unter Berufung auf mehrere Eingeweihte, der Getränkekonzern (jährlicher Marketingaufwand: 2,6 Milliarden Dollar) werde zumindest im Juli und August weltweit auf Facebook-Werbung verzichten – doch tue er dies ohne Ankündigung.
Aus Protest gegen den Umgang von Facebook mit «Hate Speech» und Pöbel-Inhalten war von fünf Bürgerrechtsorganisationen Mitte Juni die Initiative #StopHateForProfit ins Leben gerufen worden. Anfangs gesellten sich eher kleinere Unternehmen dazu, dann folgten international bekannt Outdoor-Marken wie The North Face und Patagonia, der Telekomkonzern Verizon und der Glacehersteller Ben & Jerry's.
«Wir werden die Lage überwachen»
Mit Ben&Jerry's-Muttergesellschaft Unilever reihte sich dann definitiv ein Riese der Konsumgüterwerbung ein in die Anti-Facebook-Bewegung. Der britisch-niederländische Konzern kehrt obendrein auch Twitter den Rücken zu. Er will mindestens in diesem Jahr keine Werbung mehr auf solchen Social-Media-Plattformen schalten – und erklärt dies mit den Hass-Posts und spaltenden Inhalten dort.
Unilever hat für seine zahllosen Brands wie Knorr, Dove, Lipton, Rexona, Maizena, Persil oder Chirat ein jährliches Marketingbudget von gut 7 Milliarden Euro. «Es würde den Menschen und der Gesellschaft keinen Wert bringen, in dieser Zeit auf diesen Plattformen zu werben», erklärte Unilever in einem Pressestatement: «Wir werden die Lage überwachen und wenn nötig unsere aktuelle Position revidieren.»
Nun wird die Werbestrategie überprüft
Für Coca-Cola meldete sich Konzernchef James Quincey mit einem Statement: «Es gibt keinen Platz für Rassismus in der Welt und keinen in den Sozialen Medien. Wir erwarten auch mehr Verantwortlichkeit und mehr Transparenz von unseren Social-Media-Partnern.» In der Pause will Coke nun seine Werbestrategien überprüfen und festlegen, ob Änderungen nötig sind.
Die US-Protestwelle gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Tod von George Floyd hatte die Kritik angeheizt, dass Facebook zu nachlässig mit giftigen Beiträgen umgehe. Dazu trug auch Konzernchef Mark Zuckerberg bei, der sich weigerte, gegen umstrittene Aussagen von US-Präsident Donald Trump einzuschreiten. Dafür gab es sogar Kritik von eigenen Mitarbeitern.
Die Aktien von Facebook und auch Twitter waren am Freitag mit dem sich ausweitenden Boykott stark unter Druck geraten. Facebook verlor gut 8 Prozent, was der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge einem Wertverlust von 56 Milliarden Doller entsprach. Mark Zuckerberg habe damit 7 Milliarden Dollar seines Privatvermögens eingebüsst.
«Trotz wiederholter Zusicherungen von Facebook, Massnahmen zu ergreifen, haben wir keine bedeutsamen Veränderungen gesehen.»
Statement von Hershey
Wohl unter dem wachsenden Druck kündigte Zuckerberg am Freitag in einem Livestream an, stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen, Falschmeldungen unmittelbar vor der US-Präsidentenwahl zu löschen sowie die Standards für Werbung zu erhöhen. «Ich stehe gegen Hass und alles, was zu Gewalt anstachelt», sagte Zuckerberg am Firmensitz in Palo Alto.
Weiter sollen einige Facebook-Inhalte, die eigentlich gegen die Richtlinien der Firma verstossen, aber zum Beispiel wegen eines prominenten Absenders nachrichtenrelevant sind, künftig mit Hinweisen flankiert werden.
«…keine bedeutsamen Veränderungen gesehen»
Offenbar reichten solche Aussagen vorerst nicht, die Skepsis zu dämpfen. Denn im weiteren Verlauf folgten Starbucks, Honda, die Jeansmarke Levi's, der Spirituosen-Konzern Diageo sowie Hershey: Der Schokoladenkonzern äusserte konkrete Zweifel am Kurswechsel des Medienkonzerns. «Wir glauben nicht, dass Facebook gewalttätige und spaltende Reden auf seinen Plattformen effizient verwalten wird», schrieb Hershey in einer von «USA Today» zitierten Erklärung. «Trotz wiederholter Zusicherungen von Facebook, Massnahmen zu ergreifen, haben wir keine bedeutsamen Veränderungen gesehen.»
Einer der Organisatoren der Boykottaktion, Jim Steyer, kündigte nun an, die Sache international auszuweiten: «Die nächste Grenze ist weltweiter Druck», sagte der CEO der Organisation Common Sense Media gegenüber «Reuters». Auch arbeite man darauf hin, dass die Regulatoren in Europa Facebook enger an die Kandare nehmen.
(Reuters – SDA — Bloomberg – rap)