Zwar ist Facebooks WhatsApp mit weltweit rund 1,5 Milliarden Nutzern die klare Nummer eins unter den Messengern. Bei den Funktionen und der Monetarisierung fiel der US-Dienst indes weit hinter den chinesischen Konkurrenten WeChat zurück. Denn das grosse Geld ist mit Kurznachrichten alleine nicht zu machen. Nötig ist eine Plattform, welche als Dach für die gesamten Internetaktivitäten des Nutzers dienen kann, und die wichtigste Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, Zahlungen über die App abzuwickeln.
Die Expansion von WhatsApp in die Welt des mobilen Bezahlens soll von London aus erfolgen, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Facebook habe Grossbritannien ausgewählt, weil das Land Talente aus Märkten wie Indien anziehe, wo WhatsApp äusserst populär ist, berichtet die Wirtschaftsagentur Bloomberg. WhatsApp hat Ende 2018 Leute nach London und Dublin entsannt, um dort etwa 100 Mitarbeiter für den neuen Vorstoss zu rekrutieren.
200 Millionen Nutzer in Indien
Facebook sucht schon lange nach Wegen, mit WhatsApp Geld zu verdienen. Schliesslich hatte der Konzern aus Menlo Park im Jahr 2014 19 Milliarden Dollar für den Messenger bezahlt. Doch die erfolgreiche Verknüpfung von Nachrichten mit Shopping und Dienstleistungen wie bei WeChat ist den Amerikanern bisher nicht gelungen.
Seit letztem Jahr testet Facebook mobile Zahlungen über die App in Indien. Das Land ist mit über 200 Millionen Nutzern der grösste Markt für WhatsApp. Doch die Einführung wurde von regulatorischen Problemen und Bedenken über schädliche Inhalte verzögert, was Konkurrenten wie Google Pay von Alphabet und Paytm von Alibaba Zeit gab, eine eigene Nutzerbasis aufzubauen.
Ex-PayPal-Präsident seit 2014 an Bord
Die Sicherheit wird auch für das Team in London ein zentraler Punkt sein. Zwar bietet WhatsApp eine End-zu-End-Verschlüsselung, so dass Inhalte nur für den Absender und den Empfänger sichtbar sind. Doch der Dienst wird immer wieder für kriminelle Zwecke und Desinformation missbraucht. Facebooks Einstieg in die Finanzindustrie, der seit der Verpflichtung des ehemaligen PayPal-Präsidenten David Marcus im Jahr 2014 erwartet wird, steht damit noch vor einem weiten Weg.
Mark Zuckerbergs Ziel ist klar. WhatsApp soll zum WeChat des Westens werden. Wer in China am öffentlichen Leben teilnehmen will, kommt an WeChat nicht vorbei. 2011 von Tencent als Chat-App nach dem Vorbild von WhatsApp lanciert, ist der Dienst heute eine Plattform für Telefonie, Blogging, Einkäufe, Zahlungen, (Geld-)Geschenke an Freunde oder die Buchung eines Arzttermins und sogar Dating.
Messenger, Instagram und WhatsApp unter einem Dach
Noch in diesem Jahr will Facebook die eigenen Messenger und Instagram unter einem Dach zusammenführen. Das Potenzial der Dienste ist gewaltig. Milliarden Nutzer verbringen viel Zeit auf ihnen, was sie zum idealen Ziel für weitere Angebote macht. Einen grossen Vorteil von WeChat und Tencent wird Facebook allerdings nicht anzapfen können. Der chinesische Dienst erlaubt den Behörden den Zugriff auf die Nutzerinformationen und geniesst deshalb eine geschützte Stellung im Land. Facebook dagegen ist in China blockiert.