2015 soll Ferrari noch mal Goldesel für Konzernmutter Fiat Chrysler sein. Den Börsengang der schönen Tochter nutzt Konzernchef Sergio Marchionne als Hebel, um die Zukunft des Autobauers zu finanzieren.
Ein Stück Ferrari gibt es gerade für rund neun Euro. Das kostet dieser Tage eine Aktie des Autobauers Fiat Chrysler (FCA), dem 90 Prozent der Ferrari-Anteile gehören. Und mit so einem Fiat-Papier im Depot wird jeder Kleinaktionär 2015 automatisch auch Eigentümer der Edelmarke.
Denn die will FCA-Chef Sergio Marchionne Mitte nächstes Jahr an die Investoren verschenken, nur einen Bruchteil bringt er an die Börse. Das sieht auf den ersten Blick nach einem miesen Geschäft aus. Aber in Wahrheit ist Ferrari nur der Köder, um genug Geld für das Comeback von Fiat Chrysler einzusammeln - und davon braucht der italienisch-amerikanische Konzern jede Menge.
Geld für Investitionen
Investitionen von 48 Milliarden Euro sollen den Autokonzern mit Marken wie Alfa Romeo, Jeep oder Dodge wieder nach vorne bringen. Mit diesem Batzen will Fiat Chrysler bis 2018 zur Crème de la Crème der Autowelt aufschliessen. Der Konzerngewinn soll sich auf fünf Milliarden Euro verfünffachen, der Absatz um 60 Prozent zulegen. Doch vorher muss Marchionne eben erst einmal viel Geld besorgen.
Vergangene Woche spülte Fiat bereits mit der Ausgabe neuer Aktien und einer Anleihe die ersten Milliarden in die Kasse. Angesichts der ungewissen Zukunftsaussichten der Fiat-Chrysler-Pläne war dieser Erfolg keineswegs ausgemacht. Denn in Europa verkaufen sich Fiats nur schleppend, und ob einst glanzvolle Marken wie Alfa Romeo wieder auf die Beine kommen, ist fraglich. Doch da ist ja noch Ferrari.
Die Sportwagen-Marke mit dem sich aufbäumenden Pferd auf gelbem Grund ist Marchionnes Joker. Das Kalkül: Wer Ferrari-Aktionär werden will, der muss sich mit einem FCA-Papier bei einem der Sorgenkinder der Branche einkaufen. Eine «saftige Karotte», die das «Genie» Marchionne den Aktionären damit vor die Nase gehängt habe, nennt Max Warburton vom Analysehaus Bernstein den Köder.
Auf Kurs
Für den Konzernchef, der 2018 das Steuer aus der Hand geben will, geht die Rechnung bislang auf: Nach der Ferrari-Ankündigung Ende Oktober schossen FCA-Aktien in die Höhe.
Ausserdem überschreibt die schicke Tochter ihrer Mutter vor der Abspaltung 2,25 Milliarden Euro und übernimmt Teile der Konzernschulden in noch unbekannter Höhe. Mit dem Verkauf von zehn Prozent der Ferrari-Anteile an der Börse dürften alles in allem über sechs Milliarden zusammenkommen.
Doch ob die Strategie für Ferrari ähnlich lukrativ ist, steht in den Sternen. Während Luxushersteller wie Rolls-Royce, Bentley, oder Bugatti unter eigener Ägide ins Schlingern kamen und erst unter dem Dach erfolgreicher Konzerne wie Volkswagen oder BMW wieder aufblühten, schlägt Ferrari nun den entgegengesetzten Weg ein.
Dass grosse Namen nicht automatisch grossen Erfolg bringen, weiss man im FCA-Konzern nur zu gut. Zwar sind zentrale Marken wie Jeep und Maserati dank neuer Modelle wieder auf dem aufsteigenden Ast und verdienen Geld.
Alfa Romeo aus dem Tief ziehen
Doch bei Alfa Romeo muss sich die künftige Strategie erst noch bewähren. Die Verkaufszahlen sind tief im Keller, nach viel Verschieben und Vertrösten soll im Sommer 2015 endlich eine neue Mittelklasse-Limousine Premiere feiern.
Bis 2018 sind sieben weitere neue oder komplett überarbeitete Modelle geplant. Von 74'000 verkauften Autos im Jahr 2013 soll der Alfa-Absatz sich dann auf 400'000 Stück mehr als verfünffachen. Das macht Alfa zu einem wichtigen Pfeiler in Marchionnes Konzernstrategie.
Und während zuletzt fast neun von zehn Wagen in Europa verkauft wurden, sollen künftig die USA ein gleichwertiger Markt sein. Aber dort war Alfa seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr gross vertreten. «Wunder sind möglich» sagte Marchionne Anfang Oktober in Paris mit Blick auf Alfas ambitionierte Comeback-Pläne. Aber sie geschehen nicht jeden Tag.
(sda/ccr)