Der Flughafen Zürich hat im vergangenen Jahr bereits 40 Prozent seines Umsatzes mit dem Shoppingcenter, den Restaurants und den Parkgebühren erwirtschaftet. Die Einnahmen aus der Aviatik gingen währenddessen deutlich zurück. Flughafen-Chef Stephan Widrig rechnet damit, dass diese Entwicklung langfristig weitergehen wird.
Ein Bankenanalyst bezeichnete den Flughafen Zürich kürzlich als «Shoppingcenter mit drei Pisten». Was wohl als Kritik gedacht war, erntete beim neuen Flughafen-Chef Widrig am Dienstag an der Jahres-Medienkonferenz jedoch nur ein Schulterzucken.
Vermietung als Quersubvention
Das Kommerz- und Immobilienangebot sei tatsächlich zunehmend wichtig, um den Flughafen langfristig zu sichern. «Die Aviatik-Einnahmen stossen an ihre Grenzen», sagte Widrig, der vor seiner Beförderung zum Flughafen-Chef für den kommerziellen Bereich des Flughafens zuständig war.
Die Vermietung von Ladenflächen, die Parkhäuser und die Restaurants dürften also dereinst das Fluggeschäft quersubventionieren. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Flughafen mit diesen Angeboten bereits 40 Prozent des gesamten Umsatzes von 964 Millionen Franken, also 388,5 Millionen Insgesamt sank der Umsatz um 1,2 Prozent.
Der grösste Flughafen des Landes verdiente knapp 206 Millionen Franken. Unter Ausklammerung eines Sondereffektes wegen Schulden im Jahr 2013 ist dies eine Gewinnsteigerung von 1,3 Prozent.
Ende des Lärm-Fünflibers
Mit dem Fluggeschäft erwirtschaftete der Flughafen im vergangenen Jahr 575 Millionen Franken, was nur noch 60 Prozent des gesamten Umsatzes ausmachte. Gegenüber dem Vorjahr gingen diese Erträge um 4,4 Prozent zurück, vor allem wegen der Abschaffung des Lärm-Fünflibers.
Diese Passagiergebühr für Fluglärmentschädigungen wurde auf Anfang Februar sistiert, weil der Fonds für Lärmschutzmassnahmen und Enteignungen genügend gefüttert ist. Heute betragen die Gebühren für einen Lokalpassagier 36 und für einen Transferpassagier 19 Franken.
Für Widrig nicht genug. Diese Gebühren seien nicht kostendeckend, sagte er. Die Fluggesellschaften, allen voran die Swiss, kritisieren die Gebühren in Zürich jedoch als viel zu hoch.
Beim Bundesverwaltungsgericht ist deshalb eine Beschwerde gegen die neue Gebührenverordnung hängig, eingereicht von der Swiss und anderen Airlines. Sie fordern eine Reduktion um mindestens 20 Prozent. Widrig betonte, dass der Flughafen deswegen aber keineswegs Streit habe mit der Swiss. Man arbeite täglich Hand in Hand.
Pistenverlängerung auch ohne Staatsvertrag
Mehr Sorgen bereitet Widrig die Konkurrenz unter den europäischen Drehkreuz-Flughäfen. «Im Vergleich zu anderen sind wir im vergangenen Jahr unterdurchschnittlich gewachsen», sagte er. Konnte ein Flughafen wie Brüssel beispielsweise fast 15 Prozent Passagiere zulegen, beträgt das Wachstum in Zürich nur 2,5 Prozent.
«Zürich verliert an Standort-Attraktivität», zeigte er sich überzeugt. Es brauche dringend gute betriebliche Rahmenbedingungen. Bei Kapazitäts-Engpässen werde es mit den heutigen Bedingungen beispielsweise schwierig, die Pünktlichkeit einzuhalten.
Für ihn ist deshalb klar, dass eine Pistenverlängerung in jedem Fall nötig ist - auch dann, wenn der Staatsvertrag von den Deutschen nicht ratifiziert werden sollte. Ob und wann die Deutschen den Vertrag unterzeichnen, ist unklar.
Mit einer Pistenverlängerung wäre es möglich, dass grosse und schwere Maschinen auch bei schlechtem Wetter und schlechter Sicht auf den Pisten 28 und 32 landen können. Dafür sind diese Pisten heute zu kurz.
Die Forderung nach «guten betrieblichen Rahmenbedingungen» kommt im Raum Zürich für gewöhnlich schlecht an. Sie sind nach Ansicht der Lärmgegner immer mit Kapazitätsausbau verbunden.
(sda/ccr)