Die Nutzer der Flughafen-App sind gnadenlos. «Update dringend notwendig», schreibt ein User. «Die App funktioniert überhaupt nicht», heisst es weiter. «Die App stürzt oft ab und hat viele Darstellungsprobleme», urteilt ein anderer. «Theoretisch gut», konstatiert ein dritter.«Beim Speichern des Fluges in den Kalender stürzt allerdings alles ab.» Unterm Strich bleibt eine Bewertung von nicht einmal drei Sternchen im iTunes-App-Store. Das liegt knapp über Ramsch-Niveau.
Das vernichtende Verdikt der User ist auch dem Team um Flughafen-Chef Stephan Widrig aufgefallen. Die Management-Crew ist es leid, im Krieg der Sterne unterzugehen. Sie will deshalb den kompletten Digitalauftritt neu gestalten, wie aus den Unterlagen einer öffentlichen Ausschreibung hervorgeht.
Der Plan ist ambitioniert. Innert Jahresfrist soll eine Agentur gefunden werden, die das digitale Universum durchleuchtet und neu aufstellt. Homepage und App sollen derart aufgerüstet werden, dass der Flughafen Zürich wieder in der ersten Digitalliga spielt – statt Regionalklasse. Das Motto: «Wie würden die Netflixe, Spotifys, Instagrams und Co. dieser Welt mit Flugplaninformationen, Promotionen und Wayfinding umgehen und den Auftritt des Flughafens inszenieren?»
Amsterdam als Musterschüler
Positivbeispiel ist der niederländische Hauptstadtflughafen Schiphol. Viermal werden die Holländer in der 67 Seiten starken Ausschreibung erwähnt. Sie sind die einzige Referenz aus dem Bereich der Aviatik. Sonst müssen die grossen Tech-Firmen als Vergleich herhalten. So sollen «bewusst gewohnte Herangehensweisen hinterfragt und neue Ideen verfolgt werden». «Think big, start small, scale fast», lautet die Überschrift dazu.
Zielpublikum sind Vielflieger. «Familien, die einmal im Jahr in den Urlaub fliegen, sind nicht primär im Fokus», heisst es. Stattdessen sollen sich die Entwickler an den Bedürfnissen eines Geschäftsreisenden orientieren, der eine dreitägige Konferenz in London besucht – «mit ZRH als Abflug- und Ankunftsort».
Aber auch die Wünsche von Shoppern und Angestellten sollen berücksichtigt werden. «Bei der Suche nach Essen zum Beispiel soll das Wasser im Mund zusammenlaufen – da muss ein Feuerwerk der Köstlichkeiten gezündet werden», fordern die Verantwortlichen in Kloten, die keinen Hehl daraus machen, was sie von der aktuellen Sternchenbewertung halten. «Die iOS-App dümpelt mit zwei bis drei Sternen im Store, 4+ Sterne sollten es aber mindestens sein.»
Digitalputz für The Circle
Der Flughafen will den digitalen Grossumbau rechtzeitig zur Eröffnung des Milliardenprojekts The Circle beendet haben. Eine erste Version soll «spätestens» Ende März 2020 live gehen. Dieser Termin scheint dem Flughafen derart wichtig zu sein, dass er gleich mehrmals in den Ausschreibungsunterlagen erwähnt wird. Wer offerieren will, muss zwingend einen «Grobzeitplan» mitliefern.
Auf der eigentlichen Baustelle von The Circle sind derweil täglich 700 Personen im Einsatz, damit im nächsten Jahr alles bereit ist. Die vier Gebäude im Kern haben die definitive Höhe bereits erreicht. Fehlen nur noch die Mieter für die 70'000 Quadratmeter Bürofläche. «Die Vermietungsquote beträgt derzeit gut 60 Prozent», sagt Sprecherin Raffaela Stelzer.
Flughafen Zürich: Best-in-Class in Europa
- Im Vergleich mit anderen Flughäfen schneidet Zürich gut ab. Kunden bewerten die Wartezeit, Freundlichkeit des Personals und die Sauberkeit des Flughafens als relativ gut. Bei internationalen Rankings schafft es das Drehkreuz der Swiss deswegen auch immer wieder in die Top 10. Beim grossen «Handelszeitung»-Ranking landet Zürich sogar als bester europäischer Flughafen auf dem dritten Platz.
- «Das Wachstum im Flugverkehr ist deutlich dynamischer als die Kapazitäten, die wir in Zürich zusätzlich bieten können»: Flughafen-Chef Stephan Widrig ist bekannt dafür, dass er klare Worte wählt. Im Interview mit den «Handelszeitung»-Autoren Tim Höfinghoff und Andreas Güntert spricht er über neue Transportmittel, den Streit um Gebühren und seine Wunschdestinationen ab Kloten. Mehr hier.