Mit zunehmender Grösse eines Fonds nimmt die Möglichkeit ab, Mehrwert zu erwirtschaften. Arbeitet ein Manager etwa mit 2 Mrd Fr. ausgezeichnet, erhält er so lange weitere Kundengelder, bis die gute Performance dahin ist. Die Verlockung, weiteres Geld anzunehmen, ist in der Vermögensverwaltung extrem gross, zumal die Fixkosten gering sind.
Da erliegen viele Manager der Illusion, die Grenzkosten seien praktisch null und jeder Extrafranken Mittelzufluss entspreche eigentlich einem Extrafranken Gewinn. Da jeder zusätzliche Franken sehr profitabel erscheint, ist es für jedes gewinnorientierte Unternehmen geradezu unsinnig, diesen Franken abzulehnen. Eine kotierte Unternehmung kann sogar argumentieren, uneingeschränktes Wachstum sei gerechtfertigt, da dies Wert für die Aktionäre generiere. Nach diesem Prinzip gehen jedenfalls viele Asset-Management-Institute vor, und sie sehen daher auch wenig Anlass, die Grösse ihrer Fonds zu limitieren.
Eine Ausnahme bilden Hedge-Fonds, bei welchen für die Manager ein anderes Anreizsystem gilt. Sie werden dafür bezahlt, einen möglichst hohen absoluten Ertrag zu erzielen. Institutionelle Long-only-Manager werden hingegen prozentual zum Volumen bezahlt. So kann es auch nicht erstaunen, dass sie versuchen, möglichst hohe Vermögen zu akkumulieren.
Rückläufiges Alpha
Vor rund 15 Jahren schätzten wir, dass sich bei jeder Verdoppelung des Vermögens das positive Alpha um 30% reduziert. Oder anders ausgedrückt: Bei einer Vervierfachung des Vermögens halbiert sich das Alpha. 15 Jahre später scheint diese Formel noch immer Gültigkeit zu haben. Zu diesem Thema wurden bereits etliche Theorien entwickelt und auch schon eine Menge Unsinn geschrieben. Wir sind davon überzeugt, dass es für jeden professionellen Investor ein ehernes Gesetz ist, dass zunehmende Grösse die Zusatzperformance reduziert. Hingegen ist es ebenso klar, dass die Finanzindustrie diesen Zusammenhang aus naheliegenden finanziellen Interessen gerne verschleiert.
Sobald einem Fonds zusätzliche Mittel zufliessen, gibt es für den Manager drei gleichermassen unattraktive Möglichkeiten. So kann der Manager eines Aktienfonds entweder neue Titel ins Portefeuille aufnehmen, in die er bisher nicht investiert hatte, er kann zusätzliche Aktien der ursprünglichen Auswahl dazukaufen oder er kann beides miteinander kombinieren. Sobald man die Auswahl ausdehnt, werden automatisch die ein, zwei brillanten Ideen verwässert, die viele erfahrene Asset Manager haben. Dasselbe geschieht mit dem weiteren Dutzend guter Ideen. Man ist dann schnell bei einer «B-Auswahl» angelangt und irgendwann gezwungen, alles zu kaufen, was irgendwie akzeptabel erscheint. Mit einer derartigen Auswahl ein ähnliches Resultat wie mit den brillanten Ideen zu erzielen, ist schlicht unmöglich.
Noch einleuchtender ist es, dass der Kauf zusätzlicher Aktien aus der bestehenden Auswahl die Transaktionskosten erhöht und damit die Performance reduziert. Anstatt fünf Tage lang 10% des täglichen Volumens in einer Aktie zu kaufen, geht der Positionsaufbau vielleicht 20 Tage oder sogar Monate. Als Alternative kann man natürlich einige Tage aussetzen, damit sich die Kurse wieder etwas abkühlen können. Aber mit der Aussicht auf ein hohes Alpha ist Zeit Geld, und andere Akteure könnten auf dieselbe Idee aufspringen. Mit mehr Geld treibt man also nicht nur selbst die Preise in die Höhe, sondern lockt auch noch andere an, mit denen man den Gewinn teilen muss. Eine weitere Alternative besteht darin, einen höheren Anteil des Tagesvolumens zu kaufen. Offensichtlich ist es aber schwierig, mehr als 100% des Volumens zu erwerben, aber schon bei 40 bis 50% wird man ein Desaster anrichten.
Der Mechanismus gilt nicht nur für den Kauf einzelner Aktien, sondern für jede grössere Investmentidee. Ist man zum Beispiel der Meinung, dass Emerging-Market-Aktien im internationalen Vergleich billig sind, führt die Illiquidität des Marktes zu Einschränkungen sowohl bei der Menge als auch beim Preis: Das heisst, man kauft weniger von der besten Idee oder zahlt mehr dafür.
Doch einen empirischen Beweis beizubringen, dass zusätzliches Volumen die Zusatzperformance reduziert, ist sehr schwierig. Es wurde eine Menge Zeit verschwendet, grosse und kleine Fonds über lange Perioden miteinander zu vergleichen. Grosse Fonds werden offensichtlich gross, weil sie gut sind, und viele kleine Fonds bleiben klein, weil sie es eben nicht sind. Hingegen kann man nicht hingehen und untersuchen, ob ein Fonds mit einem Vermögen von heute 50 Mrd Fr. mit einem Zehntel des Volumens nicht noch viel erfolgreicher gewesen wäre.
Abnehmender Grenzertrag
Als Gegenargument wird gerne angeführt, dass zusätzliche Asset Manager auch entsprechend mehr gute Titel identifizieren können. Das Problem ist dasselbe wie mit der Gold- oder Diamantensuche: Man stösst nur ganz selten auf eine ausgiebige Ader. Unter den 1000 grössten Aktien gibt es vielleicht 50 wirklich unterbewertete Titel. Zwei oder drei sehr erfahrene Asset Manager werden möglicherweise 25 davon aufspüren. Zehn zusätzliche Cracks finden weitere 20. Für die nächsten 50 oder auch 500 Spezialisten bleiben dann noch ganze fünf gute Investmentideen. Das Gesetz der abnehmenden Grenzerträge existiert in allen Wirtschaftssektoren, aber es kommt wahrscheinlich am deutlichsten im Investment Management zum Tragen.
Was kann man dagegen tun? Als unabhängiger Vermögensverwalter mit Assets von über 60 Mrd Fr. setzen wir bei der Grösse jedes Fonds klare Grenzen. Diese variiert je nach Markt. Liquide Märkte erlauben grössere Volumen als illiquidere Märkte wie zum Beispiel Emerging Markets. Wir schliessen deshalb konsequenterweise die Produkte ab einer gewissen Grösse oder begrenzen den Neugeldzufluss. Sollte sich herausstellen, dass ein bestimmtes Volumen nicht mehr die angestrebte Zusatzperformance erlaubt, wird auch eine teilweise Rückzahlung an die Investoren ins Auge gefasst.
Damit wird sichergestellt, dass die Interessen der Investoren an einer überdurchschnittlichen Performance über die Interessen des Fondsmanagers an einem überdurchschnittlichen Volumen gestellt werden. Künftig wird es nämlich eine klare Trennung in reine Beta-Anlagen geben, die Indizes passiv nachbilden, und in Alpha-Generatoren, die mit bestimmten Methoden eine Zusatzrendite erwirtschaften. GMO setzt dabei in der Ausarbeitung von Anlagelösungen hauptsächlich auf den Value-Ansatz und auf quantitative Methoden.
Jeremy Grantham, Chairman, GMO (Grantham, Mayo, Van Otterloo), Boston, San Francisco, Sydney, London und Zürich.