Es ist die grosse Frage eines jeden Konzernchefs: Wie lange darf er die Schuld für die Misere seinem Vorgänger in die Schuhe schieben? «Ich habe die Probleme nicht geschaffen. Ich arbeite daran, sie zu lösen», tönt Alexander Friedman, Chef des belagerten Vermögensverwalters GAM. Für mich ist das die Dreistigkeit der Woche. Die Margen sind rekordtief, die Chefsaläre rekordhoch, der Kurs ist um 40 Prozent eingebrochen – seit seiner Amtsübernahme.

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Der Mann, der laut Friedmans Aussage die Probleme geschaffen hat, gilt eigentlich als sein Freund, denn er hat ihm überhaupt erst den Job verschafft: David Solo, Friedmans Vorgänger, Amerikaner wie er und gerade auf dem Rückweg in seine Heimat. Freundschaftlich ist die Aussage gegenüber seinem Vorgänger jedoch kaum – sie gehört eher in die Kategorie alternative Fakten: Ein Sanierungsfall ist GAM erst geworden, seitdem Friedman am Ruder ist.

Unterbezahlt trotz Millionen

Dass ihn jetzt der Investor Rudolf Bohli an der Generalversammlung vom 27. April absetzen lassen will, ist die richtige Quittung. Doch Friedman kämpft: Der Mann, der sich früher bei der Gates-Stiftung und dann als CIO der UBS trotz üppiger Millionensaläre immer unterbezahlt fühlte, weiss nur zu gut: Ein Salärpaket von mehr als 6 Millionen Franken, wie er es bei dem Mini-Asset-Manager GAM einstreicht, ist für ihn nirgendwo anders zu holen. Offenbar – so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag – sei er nun zu Zugeständnissen bei seinem ihm möglicherweise für 2017 zustehenden Bonus bereit.

Seine Taktik: Aussitzen. Ich würde wetten, dass er bald den nächsten Standardsatz des klassischen Rendite-Maximierers platziert: «Das ist ein Marathon, kein Sprint.»

Dieser Text ist ein Auszug aus dem BILANZ-Briefing von Chefredaktor Dirk Schütz – dem wöchentlichen Blick auf die Köpfe der Wirtschaft aus unserer exklusiven Insider-Perspektive. Abonnieren Sie hier Ihr wöchentliches Briefing.