Eisenharter Ehrgeiz, ein bisweilen verbissener Arbeitseifer und ein wenig Arroganz: Hillary Rodham Clinton gilt als eine der «härtesten» Frauen in der amerikanischen Spitzenpolitik. Nun steigt sie zum zweiten Mal ins Rennen ums Weisse Haus ein.
Die resolute 67-Jährige lässt sich - wie ihr Ehemann und Ex-Präsident Bill - auch von hartem Gegenwind nicht so schnell aus der Bahn werfen.
Ihr Vater soll in der Familie wie ein Militärausbilder geherrscht haben, schreibt der Journalist Carl Bernstein - und so lernte die Absolventin der Elite-Universität Yale zu kämpfen. Dort traf sie auch ihren Mann, und gemeinsam schmiedete das ambitionierte Paar Pläne für eine politische Karriere im Doppelpack.
Durch ihre acht Jahre als First Lady (1993-2001) kennt die in Chicago geborene Clinton das Weisse Haus aus nächster Nähe. Die eigenwillige Karriere-Anwältin und Mutter von Tochter Chelsea beeindruckte in ihrem selbstbewussten Stil, der politisch aber nicht immer geschickt daherkam.
Eine eigene Stimme
Sie entwickelte eine eigene Stimme und setzte etwa das Thema Gesundheit auf die Agenda. Ihr als «Hillaryland» bekanntes Team galt als kleine Insel äusserst loyaler Mitstreiter. Einige Beobachter sind überzeugt, dass ihr Mann Bill es ohne sie nie ins ranghöchste Amt der USA geschafft hätte. Einen Tiefpunkt markierte seine Sex-Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky - doch Hillary hielt zu ihm.
Clintons Kampfgeist zeigte sich auch daran, dass sie nach dem Auszug aus dem Weissen Haus und der bitteren Niederlage im demokratischen Vorwahlkampf 2008 gegen den späteren Präsidenten Barack Obama nicht aufgab. Verlieren gehört nicht zu den Stärken Clintons. Als Obamas Aussenministerin (2009-2013) bereiste sie dann 112 Länder und soll als Chefdiplomatin über eine Million Kilometer zurückgelegt haben.
Sicherheitsmängel nagten an ihrer Amtszeit
Die Sicherheitsmängel beim Konsulat im libyschen Bengasi, wo vier US-Diplomaten bei einer Terrorattacke getötet wurden, nagten an ihrer Amtszeit. Doch auch diese bis heute aufflackernden Vorwürfe haben sie nicht davon abgehalten, mit 67 Jahren noch einen Anlauf an die Spitze zu wagen.
Die ganz grossen Erfolge blieben ihr bisher versagt - nun will sie es noch einmal schaffen. Auch deshalb bleibt sie für Millionen Amerikanerinnen das Rollenmodell einer modernen Frau.
Hillarys grösster Gegner im Wahlkampf könnte Hillary heissen
Doch leicht wird es für Hillary Clinton auch im neuen Rennen ums Weisse Haus nicht. Sie bringt viel Ballast mit in den Wahlkampf - und könnte leicht über sich selbst stolpern.
Diesmal ist ihr Ausgangspunkt anders. Im Gegensatz zu 2008 zeichnet sich kein ernsthafter innerparteilicher Konkurrent ab, der sie bereits im Vorwahlkampf stoppen könnte - wie damals Barack Obama. Aber das heisst noch lange nicht, dass die 67-Jährige damit rechnen kann, sozusagen mit Rückenwind ins Weisse Haus zu segeln.
Nicht nur zeichnet sich bei den Republikanern ein dichtes und qualifizierteres Bewerberfeld als bei den vergangenen zwei Wahlen ab. Darüber hinaus hat es die Demokratin wie schon 2008 mit einem anderen potenziell noch gefährlicheren Gegner zu tun: sie selber.
In einem Minenfeld
Die jüngste E-Mail-Affäre um Clinton ist ein deutlicher Warnschuss, auf welchem Minenfeld sich die ehemalige First Lady bewegt. Dass sie als Aussenministerin entgegen allen Gepflogenheiten ihren privaten Account für dienstliche Korrespondenzen nutzte, hat viele Kritiker und Skeptiker in ihrer Auffassung bestärkt, dass sie geheimniskrämerisch und nicht vertrauenswürdig sei - ein Image, das beiden Clintons seit ihren Jahren im Weissen Haus hartnäckig anhaftet.
«Wird man es nicht allmählich leid, hinter den Clintons aufräumen zu müssen?», fragte etwa der konservative Fox-News-Fernsehjournalist Chris Wallace. Aber auch Clinton-Freunde rauften sich angesichts dieses Déjà-vu die Haare, dachten zurück an die Serie der Skandale, die sich um die Clintons ranken.
«Erinnerst du dich an Whitewater? An Filegate? An Travelgate? Erinnerst du dich an Pardongate?» fragte etwa der frühere Clinton-Strategist James Carville in einer MSNBC-Sendung.
Protzig und kühl
Aber der Hillary und Bill Clinton anhaftende Ruf, es mit Moral und Ethik nicht allzu genau zu nehmen, ist nicht das einzige Handicap der ehemaligen First Lady im bevorstehenden Wahlkampf. 2008 kam sie als überheblich über, als eine Prominente, ja eben eine Clinton, die glaubt, dass sie sich das Präsidentenamt nicht verdienen muss, sondern dass es ihr zusteht.
Die Wahlkampfmaschine, die sie einsetzte, wirkte protzig und klotzig, rollte wie eine Dampfwalze - mit einem Netzwerk an reichen spendablen Unterstützern im Rücken, das viele schlicht als Clinton-Mafia bezeichneten.
«Und ihr öffentliches Image ist oft kühl, aber sie muss warm erscheinen», schrieb die «Washington Post». Andere bescheinigen ihr Fleiss und technokratische Fertigkeiten, aber wenig Inspirationskraft, wie sie seinerzeit Barack Obama besass.
Alten Ballast abwerfen
Einig sind sich so gut wie alle Experten darin, dass Clinton es von Anfang an richtig machen muss, um all den alten Ballast abwerfen zu können. Und wie es aussieht, hat sie zumindest in einem Punkt hinzugelernt: Sie denkt in kleineren Kategorien, wie es die «Washington Post» formulierte.
Statt ihre Kandidatur auf einer öffentlichen Wahlkampfveranstaltung mit Pomp und Massenjubel zu erklären, entschied sie sich für die sozialen Medien, ein Internet-Video. Und im kleineren Format soll es zumindest auch zunächst weitergehen: Gespräche mit Bürgern in Cafés, Restaurants und im Wohnzimmer und weniger Auftritte auf grossen Plätzen oder in grösseren Hallen.
Das solle es ihr ermöglichen, den Menschen zu erklären, «warum sie kandidiert und dass sie bereit ist, dafür hart zu arbeiten, nichts als selbstverständlich betrachtet», sagt Jerry Crawford, ein Clinton-Unterstützer in Iowa, das traditionell in Form von Parteiversammlungen den Vorwahl-Reigen eröffnet und Clintons erstes Reiseziel nach der offiziellen Kandidatur-Erklärung sein wird.
Und was macht Bill?
«Ich glaube, und Hillary glaubt es auch, dass es wichtig ist, dass sie ins Feld geht, als ob sie sich noch nie zuvor um ein Amt beworben hat, und eine Verbindung zu den Wählern herstellt», schrieb Ehemann Bill kürzlich im Magazin «Town&Country». Seine eigene Rolle sieht er primär als Ratgeber hinter den Kulissen - jedenfalls vorläufig.
Das fällt etwas schwer zu glauben - nicht nur deshalb, weil der Expräsident bekannterweise ein begnadeter Redner ist und beileibe nicht an einem unterentwickelten Ego leidet. Aber auf der anderen Seite hat er seiner Frau vor sieben Jahren bei seinen Wahlkampfauftritten nicht immer genützt - eher im Gegenteil.
Macht er es diesmal besser? Diese Frage allein zeigt, worin Hillarys grösstes Handicap liegen dürfte. Um eine Chance zu haben, muss sie die Vergangenheit abschütteln, vom ersten Tag an frische Ansätze präsentieren.
(sda/ccr)