Es gibt Firmen, in denen jemand zum Helden wird, wenn er etwas erfindet», sagte Dell-CEO Kevin Rollins, «bei uns aber wird man zum Helden, wenn man Geld spart.» Dementsprechend präsentiert sich auch die Schweizer Zentrale von Dell in Genf mit spartanisch eingerichteten Grossraumbüros, wie sie auch in anderen Dell-Büros irgendwo auf der Welt aussehen könnten. Trennwände fungieren als Tableaus mit geplanten oder bereits getätigten grösseren Verkaufsabschlüssen.

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Dazwischen steht auf einer Theke eine Kuhglocke, 30 Meter weiter weg hängt ein Gong an der Decke. Die Glocke ertönt beim Abschluss eines Vertrages in der Höhe von einer halben Mio Fr., der Gong bei einer Mio Fr. «Die Glocke hören wir hier fast täglich» sagt Jean-Jacques «JJ» Suter, neuer Dell-Chef in der Schweiz, «den Gong etwa einmal die Woche.»

Prinzip «Versuch und Irrtum»

Sein eigener Arbeitsplatz ist von denen seiner Mitarbeiter kaum zu unterscheiden. Allenfalls die Bestuhlung ist in anderen Bereichen etwas enger. Der Raum, der jedem Mitarbeitenden zur Verfügung steht, ist nicht zufällig, sondern hängt von seiner Tätigkeit ab. Dell gilt als Firma, die ständig Abläufe optimiert und ihre Resultate misst. «Wir sind ein lebendes Business-Modell», sagt Suter lachend, «wir haben eine Kultur entwickelt, in der wir permanent hinterfragen; unsere Geschäftsprozesse werden laufend angepasst. Dabei herrscht bei uns die Auffassung, dass die Zukunft besser wird als die Vergangenheit.»

Das passt sehr gut zum Pragmatiker Suter, der als Junge Astronaut werden wollte. Über Logitech kam er zur Technologie, später arbeitete er bei Compaq und HP. «Ich mag das Schnelllebige in der Technologie, aber auch den gewissen amerikanischen Stil mit Werten wie oder .» Darüber hinaus muss in dieser Branche experimentiert werden. «Es ist eines der festen IT-Prinzipien, dass vieles ausprobiert werden muss, weil es bisher einfach noch nicht gemacht wurde. Das ist ein Trial-and-Error-Prozess.»

Und genau dies versucht Suter bei seinen Mitarbeitern zu kultivieren. «Wenn Angestellte ein günstiges Umfeld vorfinden, ist es gut möglich, dass sich ihre Leistungen vervielfachen. Ich sehe da viele Vorteile gegenüber einem starr vorgegebenen Vorgehen.»

Was dies bedeutet, hat Suter vor acht Jahren selber erlebt. «Als Digital Compaq übernommen hatte, wurde ich als Romand zusammen mit drei Kollegen nach Genf in die Firmenzentrale mit 250 Angestellten und noch einmal 200 weiteren im europäischen Hauptquartier geschickt. Innert kurzer Zeit ist es uns gelungen, die vormals etwas lethargische Digital aus einem Dornröschenschlaf zu holen.» Dies hat Suter gezeigt, dass mit den richtigen Impulsen unglaublich viel bewegt werden kann.

Freilich glückt längst nicht alles. «Sonst hiesse es ja nicht Trial and Error, sondern nur Trial and Success», sagt Jean-Jacques Suter schmunzelnd, «aber Manager haben da vielleicht eine Blockade und möchten sich lieber nur an die Erfolge erinnern.»

Lerneffekt ist das Wichtigste

Wenn trotzdem einmal Pannen passieren, setzt Suter auf Offenheit. «Ich sehe, dass sich praktisch alle Schwierigkeiten auf drei Ursachen zurückführen lassen: Am häufigsten bestehen Kommunikationsprobleme, oft stimmen aber auch die Arbeitsabläufe nicht, und nur ganz selten liegt der Grund bei einem absichtlichen Fehler.» Suter reagiert auf Probleme am liebsten mit Offenheit. «Für mich ist der Lerneffekt das Wichtigste.»

Der Dell-Konzern ist in diesem Jahr 21 Jahre alt geworden. «Und genau wie bei einem ehemaligen Teenager ist es jetzt an der Zeit, zu werden und die letzten Hürden zu nehmen.» Suter sieht dabei als wichtigste Aufgabe, den Interessenausgleich zwischen Kunden, Mitarbeitern und Shareholder zu schaffen. «Ich bin überzeugt, dass ich als Managing Director viel dazu beitragen kann, allem voran auch, was die Angestellten betrifft. Ihnen wollen wir ein Umfeld bieten, in dem sie motiviert sind, sich weiter zuentwickeln.» Das hat Suter von seinem ehemaligen Logitech Chef Daniel Borel gelernt. «Schon während des Technologie-Hypes betonte er unermüdlich, dass das wichtigste Kapital einer Firma die Mitarbeiter sind, und das wurde auch gelebt.»

«Die Chancen stehen gut, zumal das Geschäft rund läuft und das Personal im Sattel sitzt. Jetzt müssen wir nur noch lernen, das Unternehmen mit Bedacht zu lenken.»

Die Metaphern «lenken» und «Sattel» kommen nicht von ungefähr von einem begeisterten und erfahrenen Harley-Davidson-Fahrer. «Unsere Ferien sind meistens Töff-Abenteuer. Meine Frau fährt ebenfalls ihr Motorrad», schwärmt Suter, «wir waren bereits in Spanien, Sardinien und in diesem Sommer in Österreich.» Seine Lieblingstouren befinden sich aber in den USA. Der 7-jährige Sohn ist Suters Sozius. «Meine beiden älteren Töchter, sie sind jetzt 25 und 23 Jahre alt, fahren nicht mit. Sie waren bereits grösser, als ich wieder mit Motorradfahren angefangen habe.» Hinter dem Lenker geniesst Suter die «absolute Freiheit» und im Winter erlebt er dasselbe beim Skifahren.

Dreimal zur Gutenacht-Geschichte zu Hause

Der wichtigste Ausgleich ist für Suter, der von sich sagt, nach der Arbeit gut abschalten zu können, und der auch an Wochenenden das Handy nicht einschaltet, seine Familie. Hier setzt er ein einfaches Prinzip um. «Die Woche gehört der Arbeit, das Wochenende der Familie, und wenn ich mit meiner Familie zusammen bin, denke ich nicht an die Arbeit und umgekehrt.» Mindestens dreimal pro Woche versucht Suter, für die Gutenachtgeschichte seines Sohnes zu Hause zu sein.

Die Chancen stehen gut, dass Suter das auch zukünftig einhalten kann, denn in diesen Tagen zieht die Familie von Zürich in die Romandie. «Wir sind eher Westschweizer, und die Familie hat sich sehr auf den Wechsel nach Genf gefreut; ich selber habe hier studiert, geheiratet und bin anschliessend immer hin- und hergependelt. Ich bezeichne mich selber als multikantonal.»

Das hat Suter auch für die kleinen kulturellen Unterschiede sensibilisiert. «Zwischen der West- und der Deutschschweiz gibt es eine halbe Stunde Zeitverschiebung. Diese zeigt sich sowohl am späteren Arbeitsbeginn als auch am späteren Arbeitsende. So sind auch nach 18 Uhr noch viele Angestellte im Büro. Entsprechend beginnt auch die Tagesschau im welschen Fernsehen eine halbe Stunde später.» Einen zweiten wesentlichen Unterschied macht Suter bei den jeweiligen Apéros aus. Wer hier Bier dem Weisswein vorziehe, könne kein echter Romand sein, meint er augenzwinkernd.

Barrieren abbauen

Durch den Standort erschwert sich indes die Kontaktpflege zu Kunden und Partnern. Dell wird deshalb demnächst auch in Zürich eine Vertretung eröffnen. «Doch wir sind hier ja direkt am Flughafen und somit rasch in der Deutschschweiz.» Kontakte braucht Suter auch bei einem Direktverkäufer wie Dell, wo das Privatkundengeschäft vornehmlich telefonisch oder über das Internet abgewickelt wird. «Doch bei den Geschäftskunden ist der persönliche Kontakt immer noch das A und O. Unsere Mitbewerber sind hinsichtlich der Kontakte viel präsenter und versuchen, Barrieren abzubauen. Meine Aufgabe ist es, diese bei uns zu beseitigen und die Kunden wissen zu lassen, dass wir nicht nur die wilden Texaner sind.»



Mit PC Geld verdienen: Steckbrief

Name: Jean-Jacques Suter

Funktion: Managing Director Dell Schweiz, Genf

Alter: 41

Wohnort: Zürich, bald Nyon

Familie: Verheiratet, drei Kinder

Karriere

1993-1998 Country Manager Logitech

1998-2003 Compaq-Niederlassungsleiter Westschweiz

2003-2005 Sales Director bei Hewlett-Packard Schweiz

Seit 2005 General Manager, Dell Schweiz

Firma: Dell

Der Computerkonzern ist in der Schweiz bei PC und kleineren Servern die Nummer zwei, bei Notebooks für Geschäftskunden die Nummer eins. Als einziger der grossen Anbieter ist Dell in diesem Massengeschäft profitabel, bei dem viele andere in Schwierigkeiten sind oder wie beispielsweise IBM ihre PC-Sparten verkaufen müssen. In diesem Jahr sollen rund 60 Angestellte zu Dell in Genf hinzustossen, gesamthaft wird die Belegschaft dann rund 300 Stellen umfassen. Sie sollen dieses Jahr einen Umsatz von schätzungsweise 550 Mio Fr. erwirtschaften.