Kürzlich entdeckte der Kälin-Mitinhaber Hans-Ulrich Kipfer, wie sich auf einem nanobeschichteten Holzbrett trotz anhaltender Kälte nur ein paar leicht abklopfbare Eiskristalle bildeten. Andere, herkömmlich behandelte Holzprodukte waren dagegen von einer dicken Eisschicht überzogen, die mit den ersten Sonnenstrahlen schmolz und damit die Oberfläche arg belastete.

Bei Kälin weiss man seit zwei Jahren um die bessere Haltbarkeit von Holzoberflächen, die mittels Auftragen eines atmungsaktiven und gleichzeitig wasserabweisenden Anstriches erreicht werden kann. Deshalb haben die Winterthurer Täfer- und Holzfassadenhersteller auch das «Nanobois» eine Art Goretexschicht für Holz entwickelt. Doch ein derart schlagkräftiger Beweis, wie die Resistenz gegen Eisbildung, ist Kipfer noch nicht untergekommen. Unter dem Nano-Aufstrich halten Holzfassaden theoretisch fünf- bis zehnmal länger als bei bisherigen Methoden, versprechen die Macher. Praktisch führt der zufällige Kältetest eindrücklich vor Augen, dass Hausbesitzer ihre Holzfassaden künftig viel seltener pflegen oder erneuern müssen. «Wenn das europaweit erkannt wird, dürfte die Nanotechnologie sogar eine Rennaissance im Holzbau auslösen», ist Kipfer überzeugt.

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Der Firmenchef sagt das durchaus in eigenem Interesse: Holz sei als Werkstoff in den letzten Jahrzehnten zugunsten von Beton-, Metall- oder Kunststoffprodukten vernachlässigt worden. Mit einem besseren Verwitterungsschutz und einer ausgeglichenen Energiebilanz (Restholz zur Erzeugung von Produktionsenergie und CO2-neutrale Entsorgung) lasse es sich leichter gegen die anderen Werkstoffe antreten. Umso mehr, so Kipfer, «weil die Reserven von nichterneuerbaren Energien wie Erdöl oder Gas in 50 bis 60 Jahren erschöpft sein werden.»

Nur auf den ersten Blick erstaunlich ist, dass sich die Nanotechnologie, auf Holz angewandt, erst jetzt und ausgerechnet in der Schweiz durchsetzt. Die theoretischen Grundlagen von beliebig verschiebbaren Atomen und Molekülen, in Form eines Puzzles, datieren aus den 50er Jahren und stammen aus den USA. Nach jahrzehntelanger Forschung fand die Nanotechnologie erste Anwendungen in der Medizin oder bei der Herstellung von kratzfesten Fensterscheiben und Brillengläsern.

Patentschutz fürdas Verfahren

Aber erst seit der Gründung der Nanosys GmbH im appenzellischen Wolfhalden vor zwei Jahren wird konsequent nach Möglichkeiten gesucht, sie auf Holz umzusetzen. Um seine Laborlösungen in der Praxis zu testen, arbeitete die Nanosys von Beginn weg mit dem drittgrössten Hobelwerk der Schweiz, der Kälin & Co. AG in Oberwinterthur, zusammen. «Kundennutzen generieren, nachweisen und verkaufen» umschreibt Kipfer die unternehmerische Zielsetzung der beiden Betriebe.

Was garantiert den beiden Unternehmen, dass ihre «Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts» nicht kopiert oder anderswo auf dem Globus bereits umgesetzt wird? Erstens sei das Verfahren patentrechtlich geschützt, so der Firmenchef. Zweitens seien die aufs Holz übertragenen Nanoteilchen derart klein, dass sie selbst unter Elektronenmikroskopen schwerlich analysiert und kopiert werden könnten. Drittens sei das Potenzial nanobeschichteter Holzprodukte bis dato weder in Europa noch in den USA erkannt worden, weil die Holzbehandlung in den meisten Ländern Sache der Hausbesitzer sei und die Farbenindustrie sich immer noch auf den Absatz herkömmlicher Holzschutzanstriche konzentriere, die regelmässig erneuert werden müssten.

Die Initialzündung für «Nanobois» liege in der Schweiz, weil hier angesichts der verhältnismässig wenigen Hausbesitzer eine viel grössere Nachfrage nach industrieller Fassadenbehandlung existiert. Während die Fertigung von Holzfassaden und deren Oberflächenbehandlung anderswo noch hauptsächlich getrennte Jobs sind, hat Kälin die verschiedenen Arbeitsgänge zu einem hochtechnisierten Triathlon verbunden: «Holz, Farbe und Auftragstechnik nur wer in allen drei Disziplinen top ist, wird Meister», hat sich das Unternehmen selbstbewusst vorgenommen.

Seit über 100 Jahren

Bei der Herstellung von Holzprodukten hat die Firma bereits über 100-jährige Erfahrung. Das Hobelwerk wurde 1898 unter dem Namen «Schwarzwald und Kälin» in Islikon TG gegründet, brannte 1904 vollständig ab und wurde ab 1907 hinter dem Oberwinterthurer Bahnhof wieder in Betrieb genommen. Gehobelt wurde noch mit einer «Jensen + Dahl»-Maschine. Behandelt und bemalt wurden die Holzprodukte von Hand mit dem Pinsel. In den 70er Jahren wurde die Produktionsstätte für «Kälintäfer» und «Samicolor» vollständig mechanisiert und in den 90ern computerisiert.

1999 erfolgte mit der Installation von zwei Spritzautomaten der Einstieg in die Lackierungstechnologie. Mit den erfolgreichen Versuchen mit nanotechnologisch vergüteten Holzanstrichen ist die Kälin AG zum Profi nicht nur für Holz, sondern auch für Holzschutz geworden. 1978 war die Gesellschaft aus dem Besitz von Alois Kälin in eine AG umgewandelt und 1999 von Kipfer und seinem Partner Robert Nater übernommen worden.

Sie betreibt ein eigenes Vertriebsnetz in den Kantonen Zürich, Thurgau und St. Gallen. In den anderen Regionen arbeitet sie mit Handelspartnern zusammen. Eine Expansion ins Ausland hängt laut Kipfer weitgehend vom erwarteten Durchbruch von «Nanobois» ab. Während in der Industrie und im Baugewerbe landesweit Stellen abgebaut und rote Zahlen geschrieben werden, konnte die Kälin AG ihren Umsatz letztes Jahr um 7,5% steigern und plant den Personalbestand von 30 Angestellten in nächster Zukunft massiv aufzustocken.

KMU-PROFIL

Gründung: 1898

Umsatz 2002: 7,5 Mio Fr.

Beschäftigte: 30

Produkte: Hobelwaren (350000m2 pro Jahr), Oberflächenbehandlung (300000m2 pro Jahr)

Firma: Kälin & Co. AG, Winterthur (www.kaelintaefer.ch)