Die Konsolidierung in der Schweizer Anwaltsszene hält an. Die Wirtschaftskanzlei Kellerhals Carrard expandiert nach Genf und schliesst sich per kommendem Januar mit dem renommierten Anwaltsbüro de Pfyffer zusammen. Zudem wechseln mehrere Partner der Genfer Kanzlei Python zu Kellerhals Carrard Genf. Das teilt die Wirtschaftskanzlei in einem Communiqué mit.
Kellerhals Carrard wächst mit den Kooperation in Genf auf rund 195 Anwälte und beschäftigt künftig gegen 300 Personen. Die Kanzlei steigt damit zur Nummer zwei auf dem Schweizer Markt auf, nach Lenz & Staehelin. Dort arbeiten gegen 230 Anwälte.
Kellerhals Carrard hat erst 2015 mit der Fusion mit Carrard in Lausanne einen Wachstumschub hingelegt und seither auch im Tessin eine Kanzlei in den Verbund integriert. Ebenfalls stark gewachsen ist in den letzten Jahren die Wirtschaftskanzlei Walder Wyss. Sie expandierte in die Romandie, übernahm in Basel Partner von einem Konkurrenten und lockte diverse Anwälte von Baker & McKenzie weg – darunter den «Rainmaker» Urs Schenker, einer der wichtigsten M&A-Dealmaker des Landes.
«Gewisse Grösse ist unabdingbar»
Doch warum dieser Hang zur Grösse? «Für Transaktionen, Untersuchungen und grosse Zivilprozesse braucht es Teams, die rasch zusammengestellt werden können», erläutert Beat Brechbühl, Managing Partner von Kellerhals Carrard und treibende Kraft hinter der Expansion seiner Kanzlei. «Dafür ist eine gewisse Grösse unabdingbar.» Weiter sagt Brechbühl, Kellerhals Carrard wolle den Klienten einen «nationalen, interdisziplinären Ressourcenpool für Grossprojekte» zur Verfügung stellen und gleichzeitig nahe bei den Kunden sein – «persönlich und physisch». «Die lokale Verankerung ist ebenfalls wichtig, schliesslich ist die Schweiz ein KMU-Land.» Kellerhals hat neu Büros in Bern, Basel, Zürich, Genf, Lausanne, Sion und Lugano. Hinzu kommen «Brückenköpfe» in Tokio und Schanghai.
Legal Tech – also Digitalisierungstools für Kanzleien und Konsumenten mit einfacheren rechtlichen Beratungsbedürfnissen – werde spezialisierte Anwälte noch lange nicht überflüssig machen, ist Brechbühl überzeugt. «Legal Tech wird den Anwalt nicht ersetzen, sondern unterstützen – und den Beruf auf seine Ursprünge zurückführen», so Brechbühl. Repetitive und skalierbare Arbeiten könnten KI-Tools effizienter und günstiger erledigen – etwa die Datensichtung bei Unternehmensprüfungen.
Künstliche Intelligenz decke jedoch ein wichtiges Element der anwaltschaftlichen Tätigkeit nicht ab: «die persönliche Beziehung zum Klienten». «Wir sind ja nicht nur Dienstleister und Problemlöser, sondern oft auch Sparring-Partner», so Brechbühl.
UBS, Credit Suisse, Ferrari als Klienten
Neben dem Trend zu grösseren Kanzleien beschäftigt den Markt auch, dass Unternehmenskunden immer seltener einfach Abrechnungen über die geleisteten Stunden akzeptieren. «Unternehmer und Unternehmen brauchen Planbarkeit und wünschen verlässliche Budgets», sagt Brechbühl. «Entsprechend geht der Trend bei solchen Kunden in Richtung von Kostendächern und anderen alternativen Honorarmodellen. Und bevor der Kunde eine Kanzlei mandatiert, veranstaltet er zunehmend einen Beauty Contest.» Das heisst: Der Kunde fragt bei mehreren Kanzleien eine bestimmte Leistung an und entscheidet sich erst dann.
Zu den Klienten von Kellerhals Carrard gehören die Mobiliar, Galenica und Ferrari. Aber auch UBS, CS, Swiss Life und Man Group zählen zu den Mandanten. Jüngst sorgte die Kanzlei für Schlagzeilen, weil sie damit beauftragt wurde, die Subventionstricks bei Postauto aufzuarbeiten. Dabei wurde auch Kritik laut, Kellerhals Carrard hätte einzelne Betroffene geschont.
Brechbühl weist das zurück: «Dass die Betroffenen am Resultat keine Freude haben, ist klar. Dass sie nun teilweise versuchen, die Untersuchung in Zweifel zu ziehen, gehört wohl zu Verteidigungsstrategie.» Zeitweise haben 20 Personen von Kellerhals Carrard am Fall gearbeitet.