Es ist kalt, düster, feucht. Hundewetter vor der Fensterfront, die den Blick auf den Zürichsee freigibt. Nein, meint Ernst Tanner in seinem Büro. Dieses Licht, diese Kulisse, diese Stimmung – ein Geschenk. So ist der Schokoladenkaiser der Schweiz: enthusiastisch, auch wenn es Katzen hagelt. Im Rückschlag, wie er ihn diesen Frühling in den USA erlebte, sieht er keinen Rückschlag, sondern einen Neustart in eine noch profitablere Zukunft. 2009 bezeichnet er trotz Gewinneinbruch nicht als Katastrophen-, sondern als «Übergangsjahr».
Ernst Tanner, seit 16 Jahren Konzernchef bei Lindt & Sprüngli, ist der beste Verkäufer im Land. Er hat unzählige neue Produkte lanciert, kaum eines hat je gefloppt. Er ist, gemessen am Aktienkurs, einer der erfolgreichsten Manager. Superlative verzeichnet er überall: Umsatz vervierfacht, Gewinn verachtfacht, Börsenwert verdreizehnfacht.
Superlative auch bei seinem Büro. Es hat mit 120 Quadratmetern die doppelte Grösse des landesüblichen. Zum Zürichsee hin eine Glasfront, bergwärts eine Zwischenetage, die mit edlen Sitzpolstern und Flachbildschirmen ausgestattet ist. Tanners Pult aus feinem Holz ist gut und gern sieben Meter lang. Daneben wirkt der Konferenztisch mit sechs Stühlen geradezu bescheiden. In einer Ecke steht eine kleine Statue, an einer Wand grossformatige Fotografien, Kakaobohnen. Das einzige Geräusch ist ein leises Bling, wenn eine E-Mail eingeht, und das ist häufig der Fall.
«Ich, der Dreh- und Angelpunkt?» Tanner lacht schallend, nimmt einen Schluck aus der Evian-Flasche und sagt: «Wir sind ein Team.» Und was für eines. Seit 15 Jahren arbeitet Tanner mit denselben drei Konzernleitungsmitgliedern zusammen: Uwe Sommer (Marketing), Hansjürg Klingler (Übersee) und Dieter Weisskopf (Finanzen). «Ja, die vier sind ein eingeschworenes Team, aber Tanner ist der Chef », sagt ein Headhunter.
Kontrollierter Kontrolleur. Der gebürtige Schaffhauser, stets piekfein gekleidet und bestens gelaunt, hat die Kunst der Machtausdehnung perfektioniert. Tanner ist Konzernchef, Tanner ist Präsident des Verwaltungsrates, Tanner ist Präsident des Fonds für Pensionsergänzungen, des mit 22 Prozent Anteil grössten Lindt-Aktionärs. Und Tanner ist einer der grössten Einzelaktionäre (mit einem Anteil von 1,5 Prozent). «Ich, der Dreh- und Angelpunkt?»
Diesen Frühling wurde im Verwaltungsrat erstmals ein Lead Director bestellt. So sollen gemäss Economisuisse-Vorgabe bei der Doppelfunktion von CEO und VR-Präsident die Checks and Balances in einer börsenkotierten Firma gesichert werden. Dem Lead Director kommt die Rolle zu, «die Selbständigkeit des Verwaltungsrates gegenüber dem Präsidenten und CEO sicherzustellen», steht denn auch im Lindt-Geschäftsbericht. Der Lead Director soll also ein erfahrener und unabhängiger Verwaltungsrat sein, der die Macht des Präsidenten-CEO im Zweifelsfall brechen kann.
Erfahren ist Lead Director Antonio Bulgheroni sicher. Unabhängig dagegen weniger: Bulgheroni führte bis zur Pensionierung im April 2007 die Lindt-Tochter in Italien und war damit Tanners Untergebener. Heute ist er VR-Präsident der Lindt-Tochter, die logischerweise an CEO Tanner rapportiert. Der Kontrolleur (Bulgheroni) wird also vom Kontrollierten (Tanner) selber kontrolliert. «Bei der Implementiertung moderner Corporate Governance waren wir keine Vorreiter», reagiert Tanner auf solche Kritik und fügt an, ohne mit der Wimper zu zucken: «Aber heute sind wir up to date.»
Up to date? Lindt gilt als Paradebeispiel für eine gute Firma mit schlechter Corporate Governance. In einer Studie schneiden die «Chocoladenfabriken» aus Kilchberg entsprechend ab: Von den 130 börsenkotierten Schweizer KMU, die der Zuger Vermögensverwalter zCapital bewertete, rangiert Lindt abgeschlagen auf Platz 119. «Die Corporate Governance ist ungenügend», kommentiert Gregor Greber von zCapital. Neben Tanners Doppelmandat fallen vor allem die zweigeteilte Aktienstruktur (Namenaktien, Partizipationsscheine), die Stimmrechtsbeschränkung von vier Prozent und die Traktandierungshürde von 7,6 Prozent negativ ins Gewicht – all dies bedeutet faktisch: Kein Aktionär kann ein Traktandum verlangen und durchsetzen, wenn Tanner nicht will.
Lindt ist das Schokoladen-Réduit der Schweiz, uneinnehmbar. Firmenkenner schmunzeln ob des jüngsten Branchengerüchts, Nestlé könnte sich nächstes Jahr die Kilchberger Schokoladenboutique einverleiben. Im Lindt-Firmenselbstbeschrieb, sinnigerweise «Credo» genannt, das Tanner jedem Besucher ungefragt in die Hand drückt, steht: «Wir wollen unsere Zukunft selber gestalten. Dieses Bekenntnis zur Eigenständigkeit und Unabhängigkeit offenbart sich in unseren überdurchschnittlichen Leistungen.»
Segensreiche Machtfülle. Die zCapital ist investiert, obschon Lindt in Sachen Corporate Governance miserabel abschneidet. «Tanner agiert wie ein Unternehmer in einer normalen börsenkotierten Firma», rechtfertigt Greber, «und hat bislang sehr vieles sehr gut gemacht.» Auch die Analysten ringen um Worte, wenn sie auf die schiefe Corporate Governance angesprochen werden. «Ohne den grossen Spielraum hätte Tanner nie geschafft, was er geschafft hat», sagt Andreas von Arx von Helvea. «Lindt & Sprüngli wäre wohl längst übernommen worden.» Patrik Schwendimann von der ZKB meint: «Die Machtfülle von Herrn Tanner ist ausserordentlich gross, sein Leistungsausweis bot in den letzten 15 Jahren jedoch kaum Angriffsfläche.»
Lindt & Sprüngli gilt als eine der beliebtesten Firmen im Land. In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK, das 3400 Konsumenten befragte, schafften es die Kilchberger auf Platz zwei – hinter Swatch, wo Tanner seit 1995 im Verwaltungsrat sitzt. Ein paar Jahre später wurde das Marketingtalent auch ins Aufsichtsgremium der Credit Suisse geholt, ins Machtzentrum der Wirtschaft.
Eine erstaunliche Karriere: Tanner ist im schaffhausischen Bargen aufgewachsen. Der Vater, Bauer, handelte nebenher mit Holz, die Mutter besorgte die Buchhaltung, die Grossmutter wachte darüber, dass Ernst und dessen Schwester die Hausaufgaben erledigten. Doch der Filius wollte weg aus der Provinz, ins Ausland. Tanner: «Geografie war immer mein Lieblingsfach.» Er absolvierte das KV, ein Studium an einer Business School in London, dann heuerte er bei Johnson & Johnson an. Er blieb 25 Jahre beim US-Multi, wo er sich zum Europa-Chef hocharbeitete. Bis heute ist vieles amerikanisch an ihm: stets im Overdrive, stets nach vorn gerichtet, stets eine englische Vokabel auf den Lippen. Langfädige Analysen sind ihm ein Graus, er gilt als «One-Page Guy», kurz und bündig soll es sein.
Nun aber wird der stets braun gebrannte Strahlemann angreifbar. Eine steife Brise abgekühlter Märkte schlägt ihm entgegen. «2008 war unser absolutes Spitzenjahr, im Umsatz, im Gewinn», sagt er schnell aufs Stichwort Krise, «und wir sind ein schuldenfreies Unternehmen geworden.» Und 2009? «Ein Übergangsjahr.» Dass hektische Zeiten angebrochen sind, zeigt sich auch am Meilenstand Tanners: Noch nie ist er in einem Jahr so viel geflogen wie 2009.
Wegen Konsumflaute, hoher Kakaopreise und Restrukturierungskosten ist der Gewinn im ersten Halbjahr um 88 Prozent eingebrochen, der Umsatz fiel um 5,4 Prozent, und Tanner musste seine Ambitionen zum ersten Mal nach unten korrigieren: Statt sechs bis acht Prozent, die er einst zum jährlichen Wachstumsziel erhob, hält er nun gerade noch zwei bis fünf Prozent für realistisch.
Zum einen, weil das Duty-free-Geschäft ein Desaster ist. «Hier sind wir zweistellig rückläufig», bestätigt er. Dem Einbruch hat er wenig entgegenzusetzen. Es wird weniger geflogen, und wenn, dann zum Billigtarif. «Jemand, der für 49 Franken nach London fliegt, kauft am Flughafen nicht Schokolade für 60 Franken.» Zum andern harzt das Geschäft in den USA. Tanner hat dort Lindt als Marke zu einem 600-Millionen-Franken-Geschäft aufgebaut und in der Vergangenheit mit eindrücklichen Wachstumszahlen brilliert. Nun bricht der Umsatz ein, denn im Konjunkturtief ist selbst den Amerikanern die Kauflust vergangen. Die Shopping Malls sind leer, zahlreiche Lindt-Läden, die Tanner in Einkaufszentren eröffnete, schreiben rote Zahlen.
Wachstum wie früher. Das Problem ist bald gelöst, aber noch nicht aus den Büchern: Bis Januar 2010 werden 60 von 90 Shops in den USA geschlossen. Die Folgen sind Sonderbelastungen in zweistelliger Millionenhöhe wegen noch nicht ausgelaufener Mietverträge – und es brechen Umsätze weg. Das Gute daran: «Unsere Profitabilität wird sich verbessern», sagt Tanner.
2009 wird performancemässig das schlechteste Jahr der Ära Tanner. Dieser rechnet aber schon bald wieder mit Zahlen, die glänzen wie vor der Krise. Das hält Jon Cox, Analyst bei Kepler Capital, wegen der steigenden Kakaopreise für «increasingly unlikely», für zunehmend unwahrscheinlich. Doch Tanner bleibt dabei: «Ab 2011 werden wir wieder wachsen wie früher.» Ungläubigkeit pariert er mit dem Hinweis, dass die Bestellungen nächstes Jahr in die Höhe schnellen müssten, weil die Retailer bald leere Lager hätten. Tanner erzählt von einer neuen Lindt-Fabrik in den USA. Statt aus Olten soll die Kakaomasse für die Lindt-Schokolade in Amerika fortan aus Stratham, New Hampshire, kommen. Der Bau der Fabrik hat «einen zweistelligen Millionenbetrag» (Tanner) gekostet, die Eröffnung ist für nächsten Frühling terminiert. Dank besserem Kundenservice, weil fortan viel kurzfristiger auf den US-Markt reagiert werden kann, dank Einsparungen bei Produktion und Logistik («Transport und Zoll kosten 17 Prozent des Warenwerts») und dank geringerer Abhängigkeit vom Dollarkurs soll sich die Investition bald rechnen.
Aber auch im wichtigen Markt Deutschland ist Tanner am Rotieren. Dort erhöhte die Konkurrenz den Druck. Kraft Foods verhökert ihr Leadprodukt, Milka, für 49 Cent die Tafel. Tanner verwirft die Hände. «Bei uns sind nur schon die Produktionskosten höher.» Und Fakt ist: Milka knabbert der Premiummarke Lindt Marktanteile weg. Keiner in Kilchberg hätte dies für möglich gehalten, schliesslich ist man in Deutschland stets zweistellig gewachsen. Der Chef hat ungewöhnlich reagiert: mit Aktionen. Den Klassiker Lindor-Kugeln schickte er mit 20-Prozent-Rabatt ins Rennen. «Wir werden auch im nächsten Jahr mit einzelnen Produkten so weitermachen», sagt er. Preisabschläge aber sind ein Risiko für eine Marke, die mehr zu sein verspricht als jede Industrieschokolade – besser und deswegen teurer.
Eigentlich ein schlechter Zeitpunkt für Preisnachlässe. Aufgrund der miesen Konsumentenstimmung ist nicht daran zu denken, die Preishausse für Kakaobohnen mit höheren Preisen für Schokolade zu kompensieren. Weniger Konsum, weniger Marge, weniger Gewinn. Tanner hat im Frühling für 2009 einen Gewinn zwischen 260 und 280 Millionen in Aussicht gestellt. «Er wird eher am unteren Ende liegen», sagt er heute, um gleich zu relativieren: «Verglichen mit anderen Luxusmarken, haben wir aber gut abgeschnitten.» Analyst Schwendimann von der ZKB kommt zu einem anderen Fazit: «In früheren Krisen erwies sich Lindt als immun und war immer stärker als die Konkurrenz, diesmal ist das Unternehmen genauso betroffen wie die andern.»
Der Unterschied ist einfach erklärbar. Tanner vergleicht seine Lindt mit Anbietern aus der Luxusgüterindustrie, der Analyst mit andern Schokoladenproduzenten wie Cadbury, die im ersten Halbjahr dank dem Trend zu Billigschokolade tatsächlich zehn Prozent beim Umsatz zulegten. Das Fachblatt «Lebensmittelzeitung» beobachtet mit Skepsis, wie Tanner in Deutschland agiert, und wertet die Rabattpolitik als «Dammbruch». Tanner kontert trocken: «Es geht um Marktanteile.» Die Rechnung ist simpel: «Wenn die Marktanteile steigen, wachsen auch Umsatz und Gewinn.» Weltweit besitzt Lindt einen Marktanteil von vier Prozent, in den USA hat es Tanner vom No Name auf einen Marktanteil von über fünf Prozent geschafft. «In Amerika sind wir inzwischen an über 45 000 Verkaufspunkten präsent», sagt er nicht ohne Stolz.
Dass er es so weit bringen würde, hätte 1993, als er bei Lindt & Sprüngli unterschrieb, niemand gedacht. Es liefen Wetten, wie lange er sich als Chef halten würde und wie hoch die Abgangsentschädigung wäre; vor ihm war eine Serie von Konzernchefs am eigensinnigen Patron Rudolph R. Sprüngli gescheitert. Tanner wusste um das Risiko und wusste auch, dass er eine verheissungsvolle Karriere bei Johnson & Johnson abbrach, als er in Kilchberg unterschrieb. Immerhin liess er sich schriftlich geben, dass er nach zwei Jahren das VR-Präsidium von Sprüngli übernehmen könnte. Auch dass er sich damals verschuldete, um Lindt-Aktien zu kaufen, war zweifellos ein perfekter Schachzug.
Die Privatschulden sind abgetragen. Inzwischen beträgt Tanners Vermögen geschätzte 70 Millionen Franken. Mister Lindt gilt mit einem Salär von 8,7 Millionen Franken als der fünftbestbezahlte Manager des Landes, hinter James Schiro von der Zurich und noch vor Roche-CEO Severin Schwan. Eine erstaunliche Honorierung: Der Roche-Umsatz belief sich 2008 auf gut 45 Milliarden Franken, der Gewinn auf 11 Milliarden, Schwans Lohn betrug 8 Millionen, also 1,4 Promille des Gewinns. Tanner: Umsatz 2,94 Milliarden Franken, Gewinn 361 Millionen, Lohn 8,7 Millionen Franken, also fast 2,5 Prozent des Gewinns. Auch aus der Studie von zCapital geht Tanner als der mit Abstand teuerste Chef hervor. Das durchschnittliche CEO-Gehalt in den 130 untersuchten Firmen beträgt lediglich 1,1 Millionen Franken. Nicht nur er kassiert üppig, sondern auch die drei Konzernleitungsmitglieder Sommer, Klingler, Weisskopf schaffen ein Salär von gegen 1,7 Millionen und liegen weit über dem Industrieschnitt.
Parallel zur pekuniären Potenz hat Tanner mächtig aufgerüstet: Einfamilienhaus mit Seesicht in Erlenbach ZH, Ferienhaus mit Umschwung in Ascona TI, Eigentumswohnung in Celerina bei St. Moritz. Wenn es pressiert, kommt der Chef schon mal im Helikopter eingeflogen, im Sommer durchpflügt er auf Wasserski hinter seinem Motorboot den Lago Maggiore. Kürzlich hat der PS-Aficionado, der den Militärdienst bei den Motorfahrern absolvierte und im Sturm-und-Drang-Alter im MG vorfuhr, seinen hochkarätigen Fuhrpark komplettiert. Heute steuert er eine Mercedes-Limousine, einen BMW Z8, einen Bentley Continental GT und seit kurzem einen anthrazitfarbenen Ferrari California mit 460 PS zum Preis von 260 000 Franken. Ins Bild passt auch, dass Tanner sein weit gefächertes Netzwerk perfekt bewirtschaftet.
Der Unantastbare. Unermessliche Macht, gigantischer Lohn, funkelndes Blech – die Erfolge und Rekorde haben ihn fast unantastbar gemacht, wiewohl etliche Managerkollegen nur darauf warten, bis der Siegertyp auf die Nase fällt. Immer aber legte Tanner noch einmal nach, unlängst mit Roger Federer, den er zum Lindt-Markenbotschafter erhob. Tanner, der bei allem Tun stets die eigene Firma im Hinterkopf hat, legte einen süssen Köder aus: Nach Federers Niederlage in Shanghai im Winter 2008 schickte er dem Tennis-Ass eine Schachtel Pralinés der Grösse XXL. Dazu eine persönliche Einladung zur Fabrikbesichtigung. Bald darauf stand Federer in Tanners Bürolandschaft, und ein Deal unter Nachbarn – Federer wohnt im nahen Wollerau SZ – war besiegelt. Federer dürfte für seine Schokoladenauftritte vier Millionen pro Jahr kassieren.
Der erste Auftritt vor den Medien geriet zur veritablen Gala – für Tanner. Bis Federer aufmuckste und trocken meinte: «So, jetzt will ich auch einmal etwas sagen.» Der Konzernchef, heisst es, habe sich nach der Veranstaltung beim Tennisstar dafür entschuldigt, dass er ihn faktisch zum Sidekick degradierte. Was für Tanner am Schluss zählte: «Die Coverage in den Medien war eine Sensation.»
Am 14. Januar werden die beiden Geschäftspartner zum zweiten Mal gemeinsam vor die Mikrofone treten. Diesmal in Melbourne, wo sie eine neue Lindt-Filiale eröffnen. Keine gewöhnliche. In Australien testen die Schweizer, ein neues Ladenkonzept, einen integrierten Schokoladen- und Kaffeeshop (siehe «Lindt-Produkte für die Aussies» unter 'Weitere Artikel').
Ein cleverer Zug. Ob es auch clever war, mit Derek seinen einzigen Nachwuchs anzuheuern und ins Asien-Expansionsteam zu delegieren, ist fraglich. Jedenfalls sorgt diese Akquisition für Gesprächsstoff in den Gängen in Kilchberg und für Kopfschütteln bei Analysten. «Nepotismus in Reinkultur», sagt einer. Tanners Kommentar: «Wir stellen immer wieder junge Leute ein.» Tanner junior spricht fünf Sprachen, war früher für die Uhrenmarke Glashütte tätig, die zum Swatch-Konzern gehört. Davor hatte der junge Tanner einige Zeit an der Hochschule St. Gallen verbracht, bei Lindt Frankreich gearbeitet und in einer Werbeagentur in Italien einen Stage absolviert.
Noch sprüht der 63-jährige Lindt-Chef vor Tatendrang, an einen Rückzug denkt er nicht. 2011 lässt er sich noch einmal für drei Jahre als Präsident bestätigen. In dieser Amtszeit wird er einen neuen CEO suchen. Interessenten gibt es etliche, aus der Konzernzentrale oder aus der zweiten Hierarchiestufe. Tanner soll Andreas Pfluger auf dem Radar haben, zuständig für das US-Geschäft. Zu seiner Nachfolge äussert sich der Lindt-Chef allerdings nicht. Nur etwas will er heute schon klargestellt haben: Sein Nachfolger wird keiner aus der Familie sein.