Eine Tafel Schokolade hat naturgemäss einige Sollbruchstellen, sonst liesse sich die süsse Versuchung gar nicht richtig portionieren. Das gilt auch für die Edelschokolade aus dem Hause Lindt & Sprüngli. Einigermassen überraschend hingegen ist, dass die hauseigenen Anwälte die gesamte Marketingstrategie des Unternehmens in Bruchschokolade verwandeln, um eine Klage abzuweisen.
Der Hintergrund: Der Schweizer Schokolade-Gigant Lindt & Sprüngli hat in den USA eine Sammelklage am Hals. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, haben kalifornische Konsumentenschützer in zwei Tafeln einen hohen Anteil von zwei giftigen Schwermetallen gemessen: Cadmium und Blei. Dabei handelt es sich um je eine Tafel der Linien «Excellence 85 % Kakao» und «Excellence 70 % Kakao».
Durchschaubare Strategie
Die Grenzwerte seien deutlich überschritten worden, heisst es. Die Kläger warfen Lindt vor, mit irreführenden Qualitätsversprechen getäuscht worden zu sein. Doch die Lindt-Anwälte untermauerten nicht etwa diese Versprechen, sondern erklärten zur Verteidigung des Unternehmens, das Hervorheben der Qualität sei eine durchschaubare Marketingstrategie. O-Ton der Lindt-Anwälte: Es handle sich bei den abgegebenen Qualitätsversprechen «um übertriebene Werbung und um Angeberei, auf die sich kein vernünftiger Konsument verlasse».
Übertriebene Werbung für Schokolade zum Premiumpreis: Das kann nicht gut gehen. Entsprechend flogen die Aussagen der Anwälte dem Schokoladen-Hersteller in den sozialen Netzwerken um die Ohren. Konsumenten fühlten sich hinsichtlich der Preise bei Lindt über den Tisch gezogen.
Lindt wies laut der «NZZ am Sonntag» sämtliche Anschuldigungen von sich. Die internen Verfahren stellten sicher, dass alle Produkte sicher und korrekt gekennzeichnet sind. Wie teuer das alles das Unternehmen mit Sitz in Kilchberg ZH zu stehen kommt, ist noch offen. Ein Gericht muss die Sammelklage erst noch als solche anerkennen.
Unterschiedliche Grenzwerte
Das Problem: Um den hohen Kakaogehalt zu erzielen, braucht es spezielle Sorten, die oft auf vulkanischem Boden mit einem natürlichen Cadmium-Gehalt wachsen. In Europa gelten deshalb für dunkle Schokalade höhere Grenzwerte als für Milchschokolade.
Wie gefährlich also ist dunkle Schokolade? Roger Wehrl beruhigt: «Für Konsumenten gibt es keinen Grund zur Sorge: Gesetzliche Grenzwerte stellen sicher, dass alle im Handel erhältlichen Produkte unbedenklich sind», so der Direktor des Verbands Chocosuisse in der «NZZ am Sonntag».
2 Kommentare
Die Belastung dürfte nicht nur bei Lindt sein. Nicht-Bio Kakao (und Kaffee) sind mit Cadmium belastet wegen den Spritzmitteln. Ein guter Grund auf Bio umzustellen. Bei Reis ist es übrigens Arsen!
L & S, hat doch eine eigene Rechtabteilung, wird dort nicht mit den Anwälten in Uebersee mal die grobe Strategie festgelegt, bevor es zu solchen Fehltritten kommt.?