Der Messeturm in Basel gliedert sich im Wesentlichen in zwei Gebäudeteile: Das 105 m hohe Hochhaus und die 20 m weit gespannte raumhaltige Auskragung als architektonisch beeindruckendster Bauteil. Der Turm wird primär als Bürogebäude und als Hotel genutzt; im 31. Geschoss befindet sich eine VIP-Bar. Er beherbergt aber auch im auskragenden Teil das Business-Center der Messe Schweiz (MCH), Restaurants, Geschäfte und Konferenzräume.

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Das Tragsystem des Turms

Der Turm ruht auf einer Pfahlfundation, die bis zu 12 m tief in den anstehenden Fels eingebunden ist. Das Tragsystem des Hochhauses ist in vertikaler Richtung auf den stabilisierenden Betonkern und die filigran wirkenden Fassadenstützen aus Stahl reduziert. Die horizontalen Tragelemente bestehen aus Betonkühldecken und integrierten Deckenrandträgern aus Stahl. Der Kern stabilisiert das Gebäude gegenüber horizontalen Einwirkungen wie Wind und Erdbeben und trägt zusätzlich einen wesentlichen Teil der Vertikallasten in den Baugrund ab. In Ortbeton erstellt, mit Aussenabmessungen von rund 25 x 7 m, bildet er Raum für die Aufzüge und Treppen sowie für die Erschliessung mit Medien.

Um die zeitabhängigen differenziellen Deformationen aus Schwinden und Kriechen des Kerns gegenüber den stählernen Fassadenstützen möglichst gering zu halten, bestehen die Kernwände aus einem speziellen, schwindreduzierten Beton. Zu Gunsten eines besseren Verhaltens bezüglich der Gebrauchstauglichkeit verlaufen im obersten Geschoss Diagonalen aus Stahl vom Kern zu den Fassadenstützen. Sie reduzieren die horizontalen Auslenkungen um 30%; diese betragen unter Wind und Einflüssen zweiter Ordnung noch maximal 140 mm.

Die Fassadenstützen bestehen aus Vollstahlstützen mit Durchmessern von 200 bis 500 mm und einem Stahlmantel mit mindestens 40 mm Zwischenraum. Der Zwischenraum wird mit selbstverdichtendem Beton gefüllt, um den Brandwiderstand F90 zu erreichen und den Knickwiderstand zu erhöhen.

Verglichen mit Betonstützen liessen sich mit den verwendeten Stahl-Verbundstützen elegantere und auch wirtschaftlichere Abmessungen erzielen. So hätten die Betonstützen einen Durchmesser von 1500 mm aufweisen müssen gegenüber den gewählten 610 mm der ummantelten Vollstahlstützen. Auch mit den Deckenrandträgern in Verbundbauweise liess sich eine schlankere und ästhetisch ansprechendere Lösung erzielen. Eine Ausführung in Massivbauweise hätte eine Brüstung von mindestens 800 mm Höhe zur Folge gehabt an Stelle der ausgeführten 450 mm Deckenstärke.

Das Tragsystem der Auskragung

Bei diesem über dem Messeplatz schwebenden Teil kam aus ästhetischen, wirtschaftlichen und vor allem auch terminlichen Gründen nur eine Stahlstruktur in Frage. Die Auskragung ist als ein über drei Hochhausgeschosse reichendes Raumfachwerk konzipiert, wobei die Verbunddecken des 1. und 4. Geschosses mit den Verbundträgern als Unter- und Obergurt wirken. Die damit erzielte Fachwerkhöhe von 10 m erlaubte eine Auskragung von 20 m. Unter Einbezug der Turmauflast ist die Auskragung in vertikaler Richtung selbsttragend. Die angreifenden Horizontalkräfte aus Wind, Erdbeben und Stabilisierung werden über die Decken des Turms zum Kern geleitet. Die Fachwerkdiagonalen bestehen aus gebündelten Stahllamellen, deren Abmessungen den statischen Anforderungen genügen und die beachtliche Dicke von bis zu 160 mm erreichen. Dank dieser Anordnung wurden Räume mit einer Fläche von 10 x 40 m möglich, die gänzlich frei von Tragelementen sind. Die dreidimensionalen Fachwerkknoten mussten dazu aber mit höchster Präzision ausgeführt und millimetergenau montiert werden.

Wie immer beim Bauen: Zeitdruck

Der Auftrag zur Produktion, Lieferung und Montage der Stahlbauteile erfolgte im September 2001; Mitte November gingen die ersten genehmigten Pläne in die Werkstatt, Mitte Januar 2002 wurden die ersten Einlageteile auf die Baustelle geliefert. Von Mitte März bis Mitte Oktober 2002 erfolgte die Montage des Turms; parallel dazu wurde von Mitte April bis Ende Mai 2002 die Auskragung montiert.

Die Planung von Turm und Auskragung erfolgte getrennt. Zwei Konstrukteure arbeiteten gleichzeitig je an einem 3D-Modell. Diese beiden Modelle mussten danach miteinander verbunden werden, was sowohl in rechnerischer als auch in planerischer Hinsicht als aussergewöhnlich gelten darf. Bereits in der Planung mussten dabei die Aspekte der Fertigung und Montage mit ihren 56 Montagelosen berücksichtigt werden; die Plangrundlagen waren entsprechend gestaffelt und rechtzeitig aufzubereiten.

Im Wochentakt ein Geschoss gewachsen

Zu den Randbedingungen des Baus gehörten verschiedene, sich gegenseitig teilweise erschwerende Vorgaben:

- Der Turm musste im Wochentakt um jeweils ein Geschoss wachsen, wobei für die Montage der Stahlteile nur ein Tag zur Verfügung stand, damit die Kletterschalung für das Betonieren der nächsten Geschossdecke und des zugehörigen Kernabschnitts gehoben werden konnte.

- Die Stahlkonstruktion der Auskragung musste innert 30 Tagen montiert werden.

- Die engen Platzverhältnisse, der innerstädtische Bauort, eine einzige Baustellenzufahrt für alle Anlieferungen und die damit knapp bemessenen Anlieferungs- und Lagerzeiten (Lastwagen maximal 1 Stunde auf Baustelle, Lagerplatz maximal 8 Stunden belegbar) waren bindend.

- Montage Turm: Das vor dem Betonieren zu errichtende Stahlskelett jedes Turmgeschosses besteht aus 12 Stützen und 12 dazwischen verlaufenden Randträgern mit einem Gesamtgewicht von 42 t. Um die engen Terminvorgaben einhalten zu können, war eine einwandfreie Koordination mit dem Baumeister Bedingung. Die Stahlbauteile wurden mit dem einzigen Baukran hochgezogen, unter Einhaltung der Toleranzen versetzt und mit vorgespannten Schrauben verbunden. Um die bei einem 105 m hohen Gebäude notwendige Präzision zu gewährleisten, bestanden die folgenden Vorgaben:

- Vertikale Abweichung pro Geschoss maximal ± 5 mm;

- Abweichung von der Senkrechten pro Geschoss maximal ± 1 mm;

- horizontale Abweichung pro Geschoss maximal ± 10 mm;

- horizontale Abweichung für den ganzen Turm maximal ± 50 mm.

Erreichen liessen sich diese Vorgaben mit Zentrier- und Schiftplatten bei den Stützen und mit Kammfuttern bei den Deckenrandträgern. Die Vertikalität der Stützen liess sich mit provisorischen Schrägstreben erreichen.

- Montage Auskragung: Bei der Auskragung diente ein Pneukran als Hebezeug, der teilweise auf der zu diesem Zweck gespriessten Decke über dem 1. UG arbeitete. Da erst das Gesamtsystem aus Turm und Auskragung Letztere selbsttragend macht, übernahmen acht Hilfsabstützungen die Lasten im Bauzustand. Zudem musste in vier Nachtschichten ein massiver Schutztunnel über dem Tramgleis errichtet werden, der auch die Lasten aus den strassenseitigen Hilfsabstützungen aufzunehmen hatte. Die engen Platzverhältnisse erforderten eine Montage über alle Geschosse gleichzeitig nach räumlichen und bezüglich Stabilität nicht optimalen Gesichtspunkten.

Besondere Beachtung verdienen sicher diese räumlichen Knotenelemente, die mit den von ihnen ausgehenden bis zu 14 m langen Diagonalen aus Stahllammellen mit je 86 kg schweren Passbolzen verbunden werden mussten. Da ein solches Gewicht die menschliche Kraft bei weitem übersteigt, sorgten leichtere Passdorne für eine provisorische Montage, bevor die Passbolzen mit hydraulischen Hohlpressen und speziell angefertigten konischen Aufsätzen eingebaut werden konnten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass 200 mm dicke Bolzen mit Stahlteilen einer Stärke von bis zu 160 mm bei einem Lochspiel von maximal 1 mm verbunden werden mussten hier zeigte sich definitiv, dass Planung, Produktion und Vormontage präzise gearbeitet hatten; eine Korrektur auf der Baustelle wäre unmöglich gewesen. Die Null-Fehler-Produktion war für das Einhalten des Terminprogramms und der geforderten Präzision unabdingbar. Dahinter standen für die Realisierung des Messeturms eine detaillierte und saubere Logistik, ein durchdachtes Montagekonzept, eine grosse Erfahrung, die bereits in der Planung ihre Wirkung entfaltete, und vor allem ein intern und extern funktionierendes Zusammenspiel zwischen allen Beteiligten.

Werner Rinderknecht, dipl. Ing. ETH/SIA, Leiter Technik und Verkauf, Josef Meyer Stahl & Metall AG, Emmen.

Die Realisatoren:

- Bauherrschaft: Swiss Prime Site AG, Olten

- Auftraggeber: Batigroup AG, Generalunternehmung, Basel (TU)

- Architekt: Morger & Degelo AG, Basel; Marques AG, Luzern

- Ingenieur: WGG Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel

- Baumeister: Batigroup AG, Bauunternehmung, Basel

- Stahlbau: Josef Meyer Stahl & Metall AG, Emmen

- Fassadenbauer: Bug-Alu Technic AG, A-Kennelbach



Materialliste:

- Stahl und Beton



Stahlbau Turm:

- Geometrie: 40 x 20 x 105 m, 31 Stockwerke

- Bauweise: Kern und Decken aus Ortbeton; Fassadenstützen aus Stahl-Verbundstützen, 12 Stück/Geschoss; Deckenrandträger im Verbund, 12 Stück HEB 450/Geschoss

- Mengen: 1500 t Stahl: 116 Eckstützen, 232 Stützen mit Hammerkopf, 348 Randträger, 4940 Hilfsrohre im Randträgersteg



Stahlbau Auskragung

- Geometrie: 60 x 20 x 12 m, 23 m in der Diagonale auskragend

- Material: Verbundbauweise, Schubverbindung Stahl-Beton mit Kopfbolzendübeln, Holoribblech als verlorene Schalung und Verbundblech

- Mengen: 1000 t Stahl, 3400 m2 Verbundblech, 26 Stützen, 257 Träger, 42 Knoten, 22 Diagonalen

Weitere Informationen unter:

www.josefmeyer.ch