Mit der Übernahme von Opel steigt der französische Konzern PSA Peugeot Citroen in Europa zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten von Volkswagen auf. Der Platzhirsch aus Wolfsburg dominierte im vergangenen Jahr trotz Abgaskrise mit 3,5 Millionen verkauften Fahrzeugen und einem Marktanteil von 24 Prozent in der EU. Peugeot und Opel rücken nun mit knapp drei Millionen ausgelieferten Fahrzeugen und einem Marktanteil von 17 Prozent auf Platz zwei vor, vorbei an Renault.

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Dabei geht es in erster Linie ums Prestige. Grösse allein zählt heute kaum noch. «Es gibt kein Survival of the Fattest. Nur weil man gross ist, gewinnt man das Spiel nicht», sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Hohe Rendite ist gefordert

Gewonnen wird der Wettkampf vielmehr in der Ertragskraft. Auf diesem Feld hat Peugeot dank eines harten Sanierungskurses in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt und zeigt VW die Rücklichter. Hohe Renditen müssen die Hersteller auch deshalb erwirtschaften, weil der Umbruch in der Autobranche, hin zu Elektromobilität und Vernetzung, Milliarden verschlingt. «Wenn die Übernahme von Opel gelingt und die erhofften Synergien erzeugt werden, müssen die anderen nachziehen, um zu ähnlichen Kosten zu produzieren», sagt Bratzel. «Das erzeugt Druck.»

Der Autoexperte rechnet damit, dass Fiat-Chrysler dies zu spüren bekommen wird. Der italienisch-amerikanische Autobauer hat seit Jahren versucht, mit General Motors anzubandeln, um durch Grösse Kostenvorteile zu erzielen, ist aber in Detroit abgeblitzt. «Fiat sieht jetzt noch schlechter aus», sagt Bratzel. Kurzfristig sei kein Partner in Sicht und Fiat-Chrysler damit auf sich allein gestellt. In Europa kam Fiat kam im vergangenen Jahr auf eine bereinigte operative Marge von 2,5 Prozent. Weltweit lag die Rendite dank des starken US-Geschäfts von Chrysler bei 5,5 Prozent.

Kosten drücken

Aber auch Volkswagen werde sich noch umsehen angesichts der Dynamik von Peugeot, glaubt Experte Bratzel. PSA-Chef Carlos Tavares will Opel und Vauxhall innerhalb von drei Jahren in die schwarzen Zahlen führen und stellt bis 2026 eine operative Marge von sechs Prozent in Aussicht. Erreicht werden soll das durch die Zusammenlegung von Einkauf, Produktion und Entwicklung. Bei Peugeot hat Tavares die operative Gewinnmarge im Autogeschäft im vergangenen Jahr durch Einsparungen auf sechs von fünf Prozent gesteigert.

Auch VW-Markenchef Herbert Diess hat sich für die ertragsschwache Kernmarke ein Sparprogramm vorgenommen. Er will die operativen Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro drücken und die Rendite damit auf vier Prozent verdoppeln. Der Druck, möglichst schnell dorthin zu kommen, dürfte durch die Hochzeit von Peugeot und Opel zunehmen, ist Bratzel überzeugt.

Konsolidierung in Europa abgeschlossen?

«Volkswagen ist der eigentliche Verlierer», glaubt Helmut Becker vom Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation in München (IWK). Becker, einst Chefvolkswirt von BMW, bezieht sich auf einen Bericht, wonach VW vor einigen Jahren vergeblich versucht haben soll, Opel zu übernehmen. Den Preis, den Peugeot jetzt für Opel an General Motors zahle, hätte Volkswagen seiner Ansicht nach aus der Portokasse zahlen können. Nun sei der Zug abgefahren. «Die Konsolidierung in Europa ist weitgehend abgeschlossen.»

Ford ist nun der einzige US-Konzern auf dem Kontinent. Becker rechnet nicht damit, dass sich der Konzern aus Dearborn dem Beispiel von GM folgt und sich von seinem Europageschäft trennt. «Dazu besteht überhaupt keine Notwendigkeit.» Ford fuhr im vergangenen Jahr - ganz anders als Opel - in Europa einen Rekordgewinn ein.

Neue Positionierung notwendig

Ein Selbstläufer wird die Übernahme von Opel für Peugeot trotzdem nicht. Die Traditionsmarke mit dem Blitz müsse dringend neu positioniert werden, sagen Unternehmensberater. Opel sei von allen Seiten zugeparkt: Die Fahrzeuge der VW-Tochter Skoda seien billiger, die von Ford besser ausgestattet, und VW-Autos seien zwar teurer, hätten aber einen besseren Wiederverkaufswert.

Ein Auto-Analyst geht davon aus, dass Peugeot bei Opel nicht zögern wird: «Die werden schon bald die französischen Produkte nehmen und deutsche Karosserien draufsetzen.» Peugeot wolle die Kosten rasch senken. Sobald bei Opel Ende 2018 die Jobgarantien ausliefen, werde der Sparkurs forciert, vermutet der Experte.

(reuters/ccr)

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