Die Kommunikation von Unternehmen mit ihren Stakeholdern Investoren, Partnern, Kunden, Lieferanten oder Mitarbeitern ist die Grundlage für das Vertrauen der Märkte. Was aber sollen Unternehmen kommunizieren? Welche Informationen benötigen die verschiedenen Anspruchsgruppen? Welche Massstäbe sind wichtig zur Einschätzung des Unternehmenswertes? Um auf diese Kernfragen Antworten zu finden, hat PwC in den vergangenen Jahren weltweit Befragungen unter Führungskräften, Analysten und Investoren durchgeführt. Diese Umfragen, die sich über verschiedene Branchen erstreckten, offenbarten bedeutende Lücken zwischen der Berichterstattung der Unternehmen und dem Informationsbedarf des Marktes.
Lücken entstehen zum einen, wenn das Management Informationen, die es als wichtig für die Führung des Unternehmens erachtet, dem Markt vorenthält. Die Schliessung dieser Lücken liegt im direkten Einflussbereich des Managements. Lücken entstehen zum anderen auch, wenn das Management nicht oder nicht in geeigneter Form über die nötigen Informationen verfügt. Der Grund für solche Lücken kann darin liegen, dass die Qualität der Daten mangelhaft ist, dass deren Aufbereitung unvollständig oder zu wenig zuverlässig ist oder schlicht darin, dass Informationen fehlen. Solche Informationslücken betreffen vor allem die internen Werttreiber, die so genannten Soft Factors. Gerade sie sind es aber, die die Wertschöpfung und die zukünftigen Ergebnisse des Unternehmens wesentlich bestimmen. Diese «neuen Wertmassstäbe» umfassen Messgrössen wie
- Innovationskraft;
- Qualität der Produkte;
- Bekanntheitsgrad der Marken sowie die Reputation des Unternehmens insgesamt.
Einblick in den Wertschöpfungsprozess
Die traditionelle finanzielle Berichterstattung ist vergangenheitsorientiert. Die Stakeholder verlangen jedoch Informationen über die Fähigkeit des Unternehmens, nachhaltig am Markt bestehen zu können. Um eine solide Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung des Unternehmens zu haben, sind sie angewiesen auf
- die strategische Zielsetzung des Unternehmens;
- Erläuterungen über das integrierte Management von Risiken und Werten;
- die Offenlegung der finanziellen und nicht finanziellen Werttreiber;
- die Bewertung der materiellen und immateriellen Vermögenswerte sowie die Darstellung der Wertschöpfung per se.
Die Anspruchsgruppen möchten einen Einblick in den Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens gewinnen. Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, sollte das Management die Wertschöpfung nach dem Konzept der so genannten «Triple Bottom Line» darstellen. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Gesellschaft von der Wirtschaft und diese wiederum von der Umwelt abhängig ist. Für ein Unternehmen reicht es nicht, nur dem Aktionär zu dienen. Gesellschaft und Umwelt dürfen bei der Gewinnmaximierung nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Nur ein Unternehmen, das nachhaltig Gewinne erzielt und zugleich Gesellschaft und Umwelt fair behandelt, wird langfristig am Markt bestehen können.
Transparenz ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass externe Beobachter die Wertschöpfung überhaupt erkennen und verstehen können. Die umfassende Transparenz in der Berichterstattung bedingt eine systematische Aufbereitung der Informationen und eine regelmässige Überprüfung deren Qualität. Erst die Einordnung der Informationen in einen Kontext ermöglicht die Beurteilung der Zielerreichung. Die Wertschöpfung ist die Summe sämtlicher Veränderungen der unternehmensinternen Werte. Daraus lässt sich die Performance ableiten, wobei diese nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die soziale, ökologische und ethische Dimension beinhaltet. Das von PwC entwickelte Modell einer wertorientierten Unternehmensberichterstattung, das ValueReportingTM, ist nichts anderes als die externe Kommunikation der Performance. Dabei wird diese in das Marktumfeld eingebettet, mit der Strategie verglichen und um die Darstellung ergänzt, wie sich die Werttreiber entwickeln.
Mit den Augen des Managements
Die Bestrebungen nach Transparenz in der Unternehmensberichterstattung haben gezeigt, dass die beschreibende Berichterstattung eine adäquate Lösung ist, die Transparenz zu steigern. Der Sinn dieser beschreibenden Berichterstattung im Englischen «narrative reporting» genannt wurde schon zu Beginn der 80er Jahre erkannt.
1980 schrieb die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC die Management Discussion and Analysis (MD&A) für die Unternehmensberichterstattung vor; ihre Absicht lag erklärtermassen darin, die Unternehmen «mit den Augen des Managements» zu sehen. Zu diesem Zweck sollte das Management mehr beschreibende und analytische Informationen über den Jahresabschluss vermitteln. Das Accounting Standards Board (ASB) in Grossbritannien folgte mit den Vorschlägen zur Operating and Financial Review (OFR) der gleichen Sichtweise. Die Regulierung zu deren Umsetzung trat am 22. März 2005 in Kraft.
Das Value Reporting im Detail
Nicht nur in den angelsächsischen Ländern setzt sich der Trend zum «narrative reporting» durch: So beschloss der Deutsche Standardisierungsrat am 7. Dezember 2004 einen neuen Standard (DRS 15). Er beinhaltet Grundsätze zur künftigen Lageberichterstattung im Konzern und gibt Hinweise darüber, wie die gesetzlich geforderte Analyse der Geschäftstätigkeit und der Lage des Konzerns unter Berücksichtigung der finanziellen und nicht finanziellen Leistungsindikatoren praktisch auszulegen ist.
Zunehmend wichtiger wird es, die Ziele und Methoden des Risikomanagements darzulegen. Bei der Einschätzung des Risikoprofils eines Unternehmens kommt der Beschreibung der nicht finanziellen Aspekte eine wichtige Rolle zu.
Unter «narrative reporting» versteht PwC mehr als verbale Information. Es beinhaltet kontextbezogene Informationen, Analysen und quantitative Messgrössen, die den Kommentar stützen.
PwC hat in den vergangenen Jahren das ValueReportingTM Framework stetig verfeinert. In diese Entwicklung flossen die Ergebnisse branchenspezifisch durchgeführter Kapitalmarktbefragungen und die Erfahrungen aus der praktischen Anwendung des Rahmenwerks ein.
Das Framework ist so flexibel gestaltet, dass es den branchenspezifischen Gegebenheiten Rechnung trägt; vor allem die Gewichtung der Messgrössen variiert von Branche zu Branche. Messgrössen über die Innovationskraft sind beispielsweise in der Pharmaindustrie von hoher Bedeutung, während Informationen über Risiko- und Finanzmanagement bei den Banken im Zentrum des Interesses stehen. So unterschiedlich die Bedeutung der Informationen je nach Branche sein mag, so unbestritten ist die Wichtigkeit von kontextbezogenen und nicht finanziellen Informationen über alle Branchen hinweg.
Die PwC-Publikation «Trends 2005 Good Practices in Corporate Reporting» illustriert, wie Unternehmen in transparenter Art und Weise über ihre Leistungserbringung Bericht erstatten. Vielfach geht ihre Berichterstattung über gesetzliche und regulatorische Vorschriften hinaus. Diese Unternehmen haben erkannt, dass das finanzielle Berichterstattungsmodell nicht ausreicht, um ihre Wertschöpfung transparent und umfassend darzulegen.
Diese Unternehmen ziehen einen mehrfachen Nutzen aus dem Value Reporting:
- sie erhalten erleichterten Zugang zum Kapitalmarkt;
- sie zahlen eine geringere Risikoprämie bei der Kapitalbeschaffung;
- sie erhöhen ihre Reputation und somit ihre Fähigkeit, Mitarbeiter, Investoren und Kunden zu gewinnen;
- das Management erhält einen Vertrauensbonus;
- das Management verfügt über ein Führungsinstrument, mit dem es die Werttreiber optimal steuern kann.
«Trends 2005» präsentiert 42 Beispiele aus aktuellen Geschäftsberichten. Sie zeigen unter anderem, wie Unternehmen ihre Strategie mit ihrem Risikomanagementansatz verbinden, wie sie ihre Ressourcen und Beziehungen sinnvoll einsetzen, wie sie ihr Risikomanagement zur Schaffung von Mehrwert nutzen. Mit Swiss Re und UBS sind auch zwei Schweizer Unternehmen vertreten.
Informationslücken
Die Unternehmensberichterstattung ist nach wie vor stark durch die finanzielle Berichterstattung geprägt. Trotz der zunehmend strengeren und komplexeren Rechnungslegungsvorschriften deckt sie indes nur einen Teil des Informationsbedarfs des Marktes ab wenngleich einen wichtigen. Das Gleiche gilt für die Anforderungen seitens der regulatorischen Instanzen, etwa für die Richtlinie der SWX zur Corporate Governance. Angesichts der immer umfassenderen gesetzlichen und regulatorischen Vorschriften im Bereich Corporate Reporting ist es wichtig, «vor lauter Bäumen den Wald noch zu sehen».
Die Wahrnehmung seitens der Marktteilnehmer zeigt zudem, dass immer noch wesentliche Informationslücken bestehen. Das Value ReportingTM Framework liefert ein Modell für eine wertorientierte Unternehmensberichterstattung. Es ist ein geeignetes Instrument, um das interne Management-Informationssystem bezüglich Relevanz und Qualität der Informationen zu hinterfragen und um das externe Reporting noch besser auf die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen auszurichten. Auf die richtige Kommunikation kommt es an sie ist der Schlüssel zum Erfolg.
Andreas Aebersold, Director Assurance, PricewaterhouseCoopers AG, Bern.