Der steile, gegen Süden ausgerichtete Hügelkamm, auf dem stolz das Schloss Heidegg im Luzerner Seetal liegt, ist geradezu prädestiniert für den Weinbau. Im Schlosskeller wird denn auch seit dem Mittelalter Wein gekeltert. Doch als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die aus Übersee eingeschleppte Reblaus sich ausbreitete und der Eisenbahnbau den Import von Weinen aus dem Süden erleichterte und verbilligte, war es auf Schloss Heidegg um den Weinbau geschehen. Die Reben wurden ausgerissen.

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Regierung wollte «Staatswein»

1950 ging das Schloss in den Besitz des Kantons Luzern über, der 1952 auf den ehemaligen Reblagen des Heidegger Schlosshügels die Renaissance des Luzerner Weinbaus einleitete. Auf zunächst knapp 1 ha wurden Riesling x Sylvaner- und Blauburgunder-Reben gepflanzt. Luzern hatte wieder seinen eigenen Wein. In der Folge wurden auch andernorts im Kanton geeignete Lagen mit Reben bestockt. Mit rund 30 ha Rebland gehört der Stand Luzern zwar zu den Winzlingen im helvetischen Weinbau, doch mangelt es den Winzern nicht an Engagement und Selbstbewusstsein.

Dies gilt besonders für Peter Schuler, der 1989 zum Weingut Heidegg gestossen ist und dieses seit 1992 leitet, zunächst als Angestellter des Kantons, seit 1998 als selbstständiger Pächter. Der in Rapperswil aufgewachsene Schuler stammt zwar nicht aus einer Winzerfamilie, doch war für ihn schon früh klar, dass er dereinst einen Beruf ausüben wollte, der es ihm ermöglicht, viel draussen in der Natur zu arbeiten. Schuler entschied sich für den Winzerberuf und absolvierte eine Lehre in der Zürichseegemeinde Uerikon bei Stäfa und im schaffhausischen Hallau. Es folgten ein zweijähriges Praktikum als Weinküfer und die Ausbildung zum Önologen an der Forschungsanstalt Wädenswil. Auf der Suche nach einem zukünftigen Arbeitsort hielt er Ausschau nach einem kleineren Betrieb. Schuler: «Meine Idealvorstellung war, auf einem Weingut zu arbeiten, das ich in eigener Regie betreiben kann und wo ich die Möglichkeit habe, überall anzupacken.» Mit der Übernahme des Weinguts Heidegg ist dieser Wunsch auf Anhieb in Erfüllung gegangen.



Profiteur des wärmeren Klimas

Unter Schulers Ägide hat sich das Weingut vergrössert und weiterentwickelt. 6 ha sind heute mit nicht weniger als 17 Rebsorten bestockt. Zwar entfällt nach wie vor der Löwenanteil auf die beiden klassischen Sorten Riesling x Sylvaner und Blauburgunder, doch das milde Mikroklima im Seetal und die sonnenexponierten Reblagen lassen neben «unproblematischen» weissen Sorten wie Pinot gris, Pinot blanc, Sauvignon blanc, Rheinriesling sowie dem ungarischen Muscat Oliver und den roten Neuzüchtungen Diolinoir, Garanoir und Cabernet Dorsa auch Varietäten gedeihen, die eher in wärmeren Zonen kultiviert werden. Dazu gehört etwa der österreichische Zweigelt (eine Kreuzung aus Blaufränkisch und Sankt Laurent).

Als Schuler die Zweigelt-Reben pflanzte, schüttelte zwar mancher Winzerkollege den Kopf. Doch da das Resultat – ein gut strukturierter, tiefgründiger Wein – zu überzeugen vermochte, findet man heute auch auf Parzellen anderer Innerschweizer Weingüter Zweigelt-Stöcke. Doch damit nicht genug. Schuler hat je eine weitere Parzelle mit Viognier, der weissen Edelsorte aus dem Rhonetal, und Merlot bepflanzt. «Die höheren Durchschnittstemperaturen der letzten Jahre lassen heute auch Sorten reifen, die man noch vor 20 Jahren nicht zu pflanzen gewagt hätte», begründet er seinen Entscheid.



Guter Erfolg mit Kaltstandzeit

Schulers Innovationsfreudigkeit zeigt sich auch im Keller. «Das Weinkeltern ist ein altes, traditionsreiches Handwerk, das man nicht neu erfinden kann», erklärt er. «Das hindert uns jedoch nicht, neue Forschungsergebnisse zur Kenntnis zu nehmen und eigene Versuche anzustellen, um die Qualität unserer Weine zu verbessern.» Dazu gehört etwa, dass alle Rotweine eine rund zweiwöchige Kaltstandzeit bei 3 °C durchmachen, bevor sie vergoren werden. «Die Weine erhalten dadurch eine komplexere Aromatik und eine bessere Struktur», so Schuler.

Neben einer Reihe von reinsortigen Weinen hat Schuler auch einige neue weisse und rote Cuvées kreiert, so etwa die aus Chardonnay und Pinot blanc komponierte Cuvée Heidegg (leider mit einem Hauch kitschiger Restsüsse) und die rote, im Barrique ausgebaute Cuvée Vigneron aus Pinot noir, Cabernet Sauvignon, Diolinoir und Cabernet Dorsa. Auf den ersten Blick mag zwar die Vermählung von Rebsorten mit so unterschiedlichen geschmacklichen Charakteristiken Weinpuristen befremden, doch wird sie verständlich, wenn man bedenkt, dass bis in die 1990er Jahre mit der Vorherrschaft des amtlich zugelassenen Rebsortenduos Riesling x Sylvaner und Blauburgunder die Winzer kaum Entfaltungsmöglichkeiten hatten.

Gut anderthalb Dutzend verschiedene Weine werden auf dem Weingut Heidegg abgefüllt. Vervollständigt wird die Palette von Spezialitäten wie dem Heidegger Likörwein, der aus Blauburgundertrauben im Portweinverfahren erzeugt wird, und diversen Edelbränden.

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Die Weine können direkt ab Gut gekauft werden. Weingut Heidegg, Peter Schuler, Gelflingen, Tel. 041 917 21 59.www.weingut-heidegg.ch

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Einige ausgewählte Weine

Riesling x Sylvaner 2006: Fruchtige Nase mit floralen Noten. Im Gaumen frisch, knackige Säure, geradlinig (14 Fr.).

Pinot gris 2006: Zurzeit eher verhaltenes Bouquet mit Aromen von weissen Früchten. Mittelgewichtiger, geschmeidiger Körper, rassige Säure, harmonisch, gute Länge (18 Fr.).

Blauburgunder 2006: Fruchtbetontes Bouquet mit Aromen von roten Beeren. Im Gaumen mittelgewichtig, saftig, weiches

Tannin, elegant (15 Fr.).

Zweigelt 2005 (Barriqueausbau): Ausdrucksvolle, schwarzbeerige Nase mit würzigen Noten. Voller, fleischiger Körper, vielschichtige Aromatik,

präsentes Tannin, saftig-würziger Abgang (24 Fr.).

Cuvée Vigneron 2005 (Barriqueausbau): Fruchtig-würziges Bouquet mit Aromen von roten und schwarzen Beeren. Im Gaumen mittelgewichtig, saftig, weiches, gut integriertes Tannin, gute Balance

(24 Fr.).

Likörwein: Expressive Nase mit Aromen von reifen Pflaumen und Gewürzen. Stoffig-warmherziger Körper mit viel Extrakt,

harmonische Süsse, weiches Tannin, langer Nachhall (35 cl: 24 Fr.).