Nichts liegt mir ferner, als die kompetenten Urteile von Kollege Sven Millischer und «Bilanz»-Chefredaktor Dirk Schütz in Sachen Privatisierung der Postfinanceanzuzweifeln. Millischer schreibt in seinem Kommentar: «Die Postbank gehört nicht privatisiert, sie gehört abgewickelt – zum Wohle der Steuerzahler.» Und: «Die Postfinance ist im jetzigen Zustand unverkäuflich.» Schütz wiederum fragt im «Bilanz-Briefing» rhetorisch: «Selbst wenn der Grundversorgungsauftrag bei einer Vollprivatisierung wegfällt: Wer braucht in dem überfüllten und überhitzten Schweizer Immobilienmarkt noch einen weiteren Player?» Genau: niemand.

Ohnehin ist der weitere Verlauf der Dinge absehbar: Der Privatisierungsplan von Post-Ministerin Simonetta Sommaruga wird von den vereinten Service-public-Apologeten der parlamentarischen Linken im Verbund mit Bankenlobby und Kantonalbanken-Vertretern aus allen Kantonen abgeschossen und beerdigt. Schluss, aus, finito. Folge: Die Postfinance serbelt weiter – und zieht auch das Mutterhaus Post tief in die Misere, wie die Schwester Postauto.

Also: In Europa gibt es diverse grosse, starke, digital fitte Retail-Banken. ABN Amrozum Bespiel. Oder INGSantanderHSBCBBVA. Das ist das eine. Das andere ist: Die Postfinance hat ein grosses, wertvolles Asset. Nämlich rund 2,7 Millionen Kunden. Darunter auch eine ganze Reihe von Affluents. Was also wäre, wenn die beiden Dinge zusammenkämen? Wenn etwa ABN Amro sich diese Kunden sichern würde und den reichlich kartellistisch aufgeteilten Schweizer Retail-Markt ordentlich aufmischen würde? Ich als Postfinance-Kunde hätte jedenfalls nichts gegen einen Zwangswechsel von einer behäbigen Beamtenbank zu einem international aktiven Retail-Powerhouse.

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