Und jetzt ist es Trafigura. Der Rohstoffhandelskonzern, gegründet 1993 von einem ehemaligen Marc-Rich-Mitarbeiter, verkaufte im letzten Jahr Erdöl, Metalle und Erze für knapp 138 Milliarden Franken: Er schaffte es damit auf Platz eins der helvetischen Umsatzriesen. Vor Glencore, vor Vitol, vor Cargill International vor Mercuria.

Im Reigen der umsatzbolzenden Commodity-Konzerne gab es allerlei Rochaden, was aber einer Negativauswahl geschuldet ist: Trafigura schaffte den Sprung auf Platz eins trotz rückläufigen Einnahmen; aber mit minus 19 Prozent war die Reduktion weniger dramatisch als bei den Vorjahresspitzenreitern Glencore (minus 38 Prozent) und Vitol (minus 41 Prozent).

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Dies besagt die «Top 100»-Liste, welche die «Handelszeitung» mit Daten von Dun & Bradstreet Schweiz publiziert, dem auf Kredit-, Geschäfts- und Marktinformationen spezialisierten Unternehmen mit Sitz in Urdorf.

Umsätze 2020 – Gewinner und Verlierer

Das Ranking der grössten Konzerne in der Schweiz und in Liechtenstein erfasst 184 Namen, kaum weniger als im Vorjahr. Das mag erstaunen, denn die Daten zeigen: Die Covid-19-Krise schlug grosse Lücken in die Umsätze – nicht nur bei Rohstoffhändlern.

105 Konzerne verbuchten tiefere Einnahmen als 2019, bloss 31 konnten sich über Umsatzsteigerungen freuen. Wenig erstaunlich also auch, dass Hotelplan, Flughafen Zürich und die Uhrenfirma Tissot im Lockdown-Jahr 2020 aus der Liste der helvetischen Umsatzmilliardäre fielen.

Und ebenso wenig verblüfft es, dass SAP SchweizAccenture, Competec, Spar oder Coca-Cola Schweiz die Milliardengrenze überschritten haben und neu aufgestiegen sind in diesen Kreis. Digitalisierung und Detailhandel für den täglichen Bedarf: Das waren die Grundlagen, auf denen das Leben in der Corona-Krise weiterfunktionierte.

Die grössten Luftsprünge sichteten die Expertinnen und Experten von Dun & Bradstreet denn auch bei den E-Commerce-Firmen Digitec Galaxus (plus 56 Prozent) und Zur Rose (plus 29 Prozent). Die härteste Landung des Jahres 2020 legte derweil der Duty-free-Shopbetreiber Dufry (minus 71 Prozent) hin, gefolgt vom Airline-Caterer Gategroup (minus 69 Prozent).

Dass Handelsfirmen in solch einem Umsatz-Ranking die Spitzenpositionen besetzen, ist logisch: Am Sitz des Lebens- und Futtermittelhändlers Cargill International in Genf, der personaleffizientesten Trading-Firma, entfielen auf einen durchschnittlichen Mitarbeiter über 200 Millionen Franken an Umsätzen; beim grössten Industriekonzern Nestlé waren es gut 300 000 Franken.

Die klassischen Industrieriesen Nestlé (84 Milliarden Franken), Roche (58 Milliarden Franken) und Novartis (49 Milliarden Franken) schafften es auf die Plätze 6 bis 8 der Liste – Positionen, die das Trio plus/minus seit Jahren besetzt.

Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Schweizer Unternehmen

Nestlé, Roche und Novartis wirken auch sonst speziell: Es sind Börsenkonzerne, es sind SMI-Blue-Chips – und damit werden sie fast schon zu einer Art Sonderfall. Entgegen dem gängigen Bild ist der typische helvetische Grosskonzern keineswegs an der Börse: Nur 44 der 100 grössten Unternehmen im Land haben ihre Aktien kotiert.

Entsprechend spiegelt die «Top 100»-Liste fast eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Natürlich erscheinen hier auch Coop und Migros (Rang 11 und 12), ABB (Rang 15), Swisscom (Rang 29) und Swatch Group (Rang 48) – alles Firmen, über die man regelmässig liest –, aber im «Top 100»-Ranking kommt zugleich eine machtvolle Parallelwirtschaft ans Licht, die wir sonst stets ignorieren.

Etwa Holding- und Sitz-Gesellschaften wie die BHP Group (40 Milliarden Franken Umsatz), die Mediterranean Shipping Company (25 Milliarden), Varo Energy (14 Milliarden), Ineos (12 Milliarden) oder die Kolmar Group (11 Milliarden). Oder sagt Ihnen etwa der Name Debiopharm etwas?

Die Familiengesellschaft aus Lausanne spielt auf vielfache Weise eine Schlüsselrolle in der Medikamentenherstellung – als Auftragsherstellerin, als Forschungsfirma, als Investorin in Diagnostikgesellschaften. Nun kommt sie erstmals mit Angaben zum Umsatz: 25 Milliarden Franken. Womit sich Debiopharm zwischen die Migros und ABB schieben kann.

Etwa ein Drittel der grössten Konzerne war vor zehn Jahren noch gar nicht dabei – vielfach importierte Grössen wie die MSC Mediterranean, die erst 2016 auf die Liste kam. Genau wie die Energiehandelsfirma MET des ungarischen Unternehmers Benjamin Lakatos, seit 2010 in der Schweiz ansässig.

Oder wie der erwähnte australisch-britisch-stämmige Bergbaukonzern BHP Billiton. Gut denkbar also, dass der Druck der G7- und OECD-Staaten hin zu einer globalen Mindeststeuer die «Top 100»-Zusammensetzung im kommenden Jahrzehnt neu einfärben wird.

Kurzum: Die Schweizer Riesenkonzernszene besteht aus einer starken Gruppe von rohstoffaffinen Schnellläufern, die mobil sind und sich oft auch neu formieren – erinnern Sie sich noch an André & Cie, Xstrata oder Transocean?

Die Top-Listen

Digital

Die grössten Unternehmen der Schweiz: Wer sind die Umsatzmilliardäre in der Schweiz? Wo sind sie domiziliert? Welche Branchen schwingen obenauf? Die digitale Liste zu den Top-100-Unternehmen können Sie ab sofort online bestellen:

www.handelszeitung.ch/top100

Die Liste der grössten Banken und Versicherungen erscheint am 8. Juli 2021in der «Handelszeitung». Die digitalen Listen können Sie ab Erscheinungsdatum online bestellen:

www.handelszeitung.ch/top70

PDF und Gesamtliste

«TOP 500 – Die grössten Unternehmen der Schweiz 2020» erscheint am 20. August 2021. Die einzigartige Sammlung umfasst statistische Daten und Kennzahlen von Unternehmen aus der Schweiz und aus Liechtenstein – alle Fakten zu den umsatzstärksten Schweizer Firmen (aus rund 80 Branchen) sowie Banken und Versicherungen.

Alle Informationen unter www.handelszeitung.ch/top

Daneben gibt es die Langläufer, die in ihrem Bereich über die Jahre hinweg die Richtung vorgeben. Bei den Nahrungsmitteln erreicht Nestlé zwölfmal so viel Umsatz wie der zweitgrösste Food-Hersteller, Barry Callebaut; bei den Bauzulieferern verkauft Lafarge Holcim fast das Dreifache von Sika; im Maschinenindustriebereich setzt ABB mehr um als Liebherr und Schindler zusammen.

Ähnliche Grössengräben liessen sich auch im Telecom-Bereich (Swisscom), im Detailhandel (Coop und Migros), beim Bau (Implenia) oder bei der Personalvermittlung (Adecco) sichten. Und so zeigt dieser recht breite Vergleich von Handelshäusern, Logistikern, Industrie- und Servicegesellschaften doch eines: Grösse ist nicht alles, Grösse ist ein schwankender Wert. Aber Grösse ist immer noch ein natürlicher Vorteil.