RFID wird nicht nur die Produkterkennung, sondern auch die Warensicherung verändern und vereinfachen. Fachleute orten ein riesiges Potenzial zur Reduzierung von Diebstahl und Inventurdifferenzen. Weit grösser als bei diesen bekannten Einsatzmöglichkeiten sind jedoch die Möglichkeiten im Bereich der «smarten» oder «intelligenten» Produkte. «Wer die Zukunft in diesem spannenden Wirtschaftszweig mitgestalten möchte, braucht Flexibilität und Innovationskraft. Der Einsatz moderner Technologien ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Wettbewerbsfaktor», sagt Hans-Joachim Körber, Vorstandsvorsitzender der Metro AG.

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Die Metro Group ist einer der frühen Anwender und Vorreiter bei neuartigen Nutzungen von RFID. Gemeinsam mit anderen Handelsgrössen wie Wal-Mart und Tesco propagiert sie die flächendeckende Einführung der RFID-Technologie und testet neue Anwendungen im Rahmen ihrer Future Store Initiative. Das Projekt ist eine Kooperation von Metro, SAP, Intel, IBM und T-Systems sowie weiteren Unternehmen aus den Bereichen Informationstechnologie und Konsumgüterindustrie. Die Partner verfolgen das Ziel, den nationalen und internationalen Modernisierungsprozess im Handel voranzutreiben.

Auf Alltagstauglichkeit überprüfen

Als Testfeld wurde der bestehende Extra-Markt im deutschen Rheinberg zum «Metro Future Store» aufgepeppt. Hier werden RFID-Technologien auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft. Mobile Selbst-Scanning-Systeme und innovative Kassen kommen zum Einsatz, die das Bezahlen ohne Kassenpersonal ermöglichen und die Wartezeiten an den Kassen reduzieren sollen.

Auch die gesamte Kundenkommunikation (Instore Communication) im Markt wird neu ausgerichtet. Modernste Informationsmedien und Geräte wie Info-Terminals oder kleine Kundencomputer als persönliche Einkaufsberater helfen den Konsumentinnen und Konsumenten bei der Produktsuche oder bieten umfassende Informationen. Ein kleiner tragbarer Computer mit Barcode-Scanner, der so genannte Mobile Assistent, unterstützt das Personal bei der Abfrage von Daten des Laden- und Lagerbestands. Einige speziell gekennzeichnete Artikel tragen bereits Smart Chips. Metro Group will auf diese Weise den Handel der Zukunft entscheidend mitprägen und für zukünftige Herausforderungen, wie das «smart shopping» schon heute Lösungen entwickeln.

Ähnliche Erfahrungen sammelt die Migros in ihrem Smart Store, den sie gemeinsam mit SAP im SAP-Gebäude in Zürich-Regensdorf betreibt. Auf 100 m2 Einkaufsfläche wird hier die Zukunft des Schweizer Einzelhandels geprobt: Intelligente Einkaufswagen zeigen auf einem im Handgriff angebrachten Display an, welche Waren in den Korb gelegt wurden. Gleichzeitig berechnen sie, wie viel die Artikel kosten, machen Einkaufsvorschläge und empfehlen passende Aktionsprodukte. Die Betreiber des Smart Store testen so u.a., wie RFID das Einkaufserlebnis verändert und das Kundenverhalten beeinflusst.

Anwendungen im grösseren Rahmen beschränken sich derzeit auf die Optimierung der Warenwirtschaft. Ab Ende 2005 plant die Metro, Smart Chips zur Kennzeichnung von Paletten und Kartons einzuführen. Doch bis sich die RFID-Technologie flächendeckend durchsetzt, dürften nach Meinung von Experten noch etwa zehn Jahre vergehen.

Aus Konsumentensicht muss das kein Nachteil sein, denn wie mit jeder neuen Technologie gehen mit RFID Chancen und Gefahren einher. So liegt es nahe, nicht nur Produktdaten, sondern auch Kundendaten mit firmeninternen IT-Systemen zu verknüpfen und auszuwerten, z.B. über Kundenkarten. Ein Bericht des US Government Accountability Office (GAO) warnt daher vor personenbezogenem Einsatz von RFID: Die Technologie ermöglicht es nämlich, Bewegungen einzelner Personen zu erfassen oder sehr einfach ein Profil ihrer individuellen Gewohnheiten und Vorlieben zu erstellen.

Diese neue Dimension des «gläsernen Kunden» ruft die Datenschützer auf den Plan. Sie befürchten den Verlust der informationellen Selbstbestimmung, denn die einzelne Person verliert durch die «versteckten» Sender den Einfluss darauf, welche Informationen preisgegeben werden. Für im Supermarkt eingekaufte Waren, die statt EAN-Strichcodes zukünftig mit RFID-Transpondern (so genannten «Tags») ausgestattet sind, bestünde eine Lösung darin, RFID- Markierungen nach dem Kauf zu zerstören oder zu entfernen, ähnlich wie es heute schon mit Diebstahlsicherungen praktiziert wird.

Vorwürfen in Richtung Verletzung des Datenschutzes versucht man auf Handelsseite schon jetzt vorzubeugen. So wurden von der internationalen Organisation EPCglobal, der auch die Metro Group angehört, Richtlinien für die Verwendung von RFID im Kontakt mit dem Kunden entwickelt. Dabei verpflichten sich die Mitglieder freiwillig zu folgenden Regeln:

- Die Kunden erhalten die Möglichkeit, den Elektronischen Produktcode (EPC) zu entfernen, auszuschalten oder unbrauchbar zu machen.

- Die Kunden werden über die Funktionsweise und Vorteile von RFID aufgeklärt.

- Die Unternehmen veröffentlichen auf ihren Websites und in Informationsbroschüren ihre Haltung zum Datenschutz.

Das Misstrauen der Konsumenten vermögen die RFID-Verfechter dennoch nicht auszuräumen, und auch offizielle Stellen tragen den negativen Seiten der Technologie Rechnung. So hat die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in einer Studie mit dem Titel «RFID alles sicher?» Informationen zur Gefährdungslage und zu Sicherheitsmassnahmen zusammengetragen. Auch das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat ähnliche Studien verfasst.

Systeme verteuern

Einig sind sich die Experten darin, dass die Bedrohung für Konsumenten im Vergleich zu technischen Problemem beim Betrieb von RFID-Systemen derzeit gering ist. Anders wird es jedoch aussehen, wenn RFID-Technologien flächendeckend zum Einsatz kommen. Erforderliche Sicherheitsvorkehrungen zum Konsumentenschutz werden auch die Systeme an sich verteuern, wenn nicht Transponder und Lesegeräte in hohen Stückzahlen produziert werden. Eines steht heute schon fest: Konsumentinnen und Konsumenten werden nicht bereit sein, für einen sicheren Daten-Chip am Jogurt-Becher 50 Rp. mehr auszulegen.



Radiofrequenz-Identifikation: Perspektiven in der Absatzkette

RFID steht für Radiofrequenz-Identifikation, eine Technologie zur berührungslosen Übertragung von Daten. Sie eröffnet vielfältige Perspektiven für Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung und sie spiegelt den Trend zu «Ubiquitous Computing». Doch auch für die Prozesse zwischen Industrie und Handel und alle möglichen Transaktionen am POS tun sich neue Möglichkeiten auf: Physische Produkte können sich erstmals ohne manuelle Datenerfassung oder Scanner mit IT-Informationssystemen verbinden. Kern der RFID-Technologie sind Smart-Chips mit integrierter Antenne. Diese beinhalten detaillierte Informationen, die in verschlüsselter Form als Nummernfolge gespeichert sind.

Die Chips können auf Produkten, Etiketten oder auch Paletten angebracht werden. RFID-Lesegeräte ermöglichen es, über Radiofrequenzwellen Daten vom Smart-Chip in IT-Systeme zu übertragen. Für den Datentransfer braucht es weder Berührungs- noch Sichtkontakt zwischen Lesegerät und Chip. So werden z.B. bei Anlieferung einer Warenpalette alle Informationen zum Produkt via RFID automatisch erfasst. Daten wie Herstellername, Preis oder Mindesthaltbarkeitsdatum können unmittelbar ins Warenwirtschaftssystem eingespeist, mit vorhandenen Daten abgeglichen und weiterverarbeitet werden. (gv)



Smartes Shopping: Viel versprechender Blick in die Zukunft

Ein Warenhaus im Jahr 2015: Eine junge Frau sucht das geeignete Outfit für ein Vorstellungsgespräch. Sie nimmt einen schwarzen Hosenanzug vom Kleiderständer.

Ihr Blick fällt auf den Monitor, der daneben angebracht ist: «90 Prozent Baumwolle, zehn Prozent Kunstfaser. Erhältlich in den Farben Schwarz, Anthrazit und Champagner». Neben dem Text läuft ein kurzer Film von der New Yorker Fashion Week der Hosenanzug ist Teil der aktuellen Frühjahrskollektion. Zufrieden betritt die Frau eine Umkleidekabine.

Der Anzug ist ein wenig zu weit, doch auf dem Bildschirm in der Kabine sieht die Kundin, dass auch eine kleinere Grösse vorrätig ist. Ein Knopfdruck genügt, und nach wenigen Sekunden bringt ein Verkäufer die gewünschte Ware. Um sich besser betrachten zu können, verlässt die Frau die Kabine und läuft vor dem grossen Spiegel auf und ab. «Gar nicht schlecht», denkt sie. «Aber welche Bluse könnte dazu passen?». Ein Touchdisplay zeigt ihr ein Model, gekleidet mit dem gleichen Hosenanzug.

Sie wählt die Funktion «Dazu passt» und erhält nun Vorschläge für mögliche Kombinationen. Am besten gefällt ihr eine rote Bluse, der Verkäufer reicht ihr das Stück. Die Kundin probiert, prüft Anzug und Bluse in Kombination und entscheidet sich, die Stücke zu nehmen. Perfekter Service dank RFID. Nur bezahlen muss die Kundin noch selbst. (gv)