Chinas Wirtschaft expandiert nach Europa. Immer mehr Unternehmen erhalten Besitzer oder Investoren aus der Volksrepublik. Auch in die Schweizer Wirtschaft fliesst immer mehr chinesisches Geld. An einem Sektor zeigten Chinesen aber bislang kein Interesse – der Agrarwirtschaft. Das dürfte sich in Kürze ändern.

Ein chinesischer Babynahrungshersteller plant eine Grossinvestition in Saint-Aubin in der Nähe von Freiburg. Gemeinsam mit einem Schweizer Partner will der Lebensmittelkonzern Synutra eine Fabrik für Molke bauen. Dieses Nebenprodukt aus der Käseherstellung wollen sie dort zu Pulver verarbeiten und anschliessend nach China exportieren, wo es für Babynahrung verwendet wird.

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Das Projekt weckt Ängste

Vincent Stucky, Chef des Freiburger Futtermittelherstellers Translait, des Schweizer Partners von Synutra, ist optimistisch, dass das Joint Venture im Umfang von mehreren hundert Millionen Franken zustande kommt. «Der Kanton, die Regierung und der Wirtschaftsförderer stehen hinter dem Projekt. Nun hängt es davon ab, ob wir die Baubewilligung erhalten.» Die Investoren versprechen rund hundert neue Jobs. Doch noch ist das Projekt nicht in trockenen Tüchern. Denn die Fabrik weckt in der Region Ängste – und dies hat mit Stuckys Partner zu tun.

Synutra ist der drittgrösste chinesische Babynahrungshersteller und hat seinen Geschäftssitz in den USA. Die Schweiz ist für die Chinesen nur die nächste Station in ihrer Expansion in Europa. In Frankreich hat Synutra in den letzten Jahren mehrere Betriebe eröffnet, darunter eine riesige Milchpulverfabrik in der Bretagne.

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Melanim-Skandal 2008: Ein Polizist schüttet verseuchtes Milchpulver aus.

Quelle: Keystone

Durst nach Milch

Synutras Expansion erklärt sich mit dem wachsenden Durst und Hunger der Chinesen nach Milchprodukten – und dem guten Ruf, den ausländische Produkte dort haben. Das gilt insbesondere für Babynahrung. In den letzten Jahren gab es in China eine Reihe von Skandalen wegen verunreinigtem Milchpulver. Viele Eltern kaufen nur ausländische Marken, weil sie den einheimischen Herstellern misstrauen.

Die chinesischen Behörden machen den Produzenten von Babynahrung immer strengere Vorgaben. Mit der Schweizer Fabrik wollten seine chinesischen Partner die Rückverfolgbarkeit der Produkte garantieren, sagt Translait-Chef Stucky. «Bislang kaufte Synutra das Molkepulver in Europa über Zwischenhändler. Nun möchte der Konzern das Pulver selber produzieren», so Stucky.

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Freiburger Kuh: Dem lokalen Bauernverband gehört der Milchverarbeiter Cremo.

Quelle: Keystone

Bauern in Aufruhr

Stuckys Projekt stösst unter den Bauern in der Region auf Widerstand. Der Freiburgische Milchverband (FMV) befürchtet, dass Synutra zu einem späteren Zeitpunkt auch Milch in der Schweiz beziehen könnte – so, wie es der Konzern in Frankreich bereits tut. «Die Chinesen könnten dann den Preis drücken. Das kann nicht im Sinn der Kantonsregierung sein», sagt André Brodard, Direktor des FMV, zu einer Information der Fachzeitung «Schweizer Bauer». Dem Verband gehört die Mehrheit des Milchverarbeiters Cremo – der zu einem Konkurrenten der Chinesen würde, falls diese in den Milchmarkt einsteigen.

Die Landwirte haben ihre Bedenken bei der Kantonsregierung angemeldet und treffen sich Ende März mit dem zuständigen Staatsrat für eine Aussprache. Von der Regierung hängt es ab, ob das Projekt realisiert wird, denn dem Kanton gehört das Gelände, wo die Investoren bauen wollen. Seinem Verband gehe es nicht darum, die Fabrik zu verhindern, betont Brodard. Sie wollten ihren Sorgen Gehör verschaffen. Der chinesische Investor ist den Bauern auch wegen Vorfällen in Frankreich suspekt: Verschiedene Medien berichteten über zweifelhafte Arbeitsbedingungen in Synutras neuer Fabrik in der Bretagne.

Translait-Chef Stucky hat wenig Verständnis für die Bedenken der Landwirte: «Die Fabrik ist nur auf die Verarbeitung der Molke ausgelegt. Die Molke entsteht sowieso als Nebenprodukt der Käseherstellung – es ist auch im Interesse der Landwirte, dass sie verwertet wird.»