Solarthermie wird heute verbreitet zur Warmwasseraufbereitung im Haushalt und zur Heizungsunterstützung eingesetzt. Weniger bekannt ist, dass sich Solarwärme auch für die Gebäudekühlung eignet. Dabei werden wassergestützte Klima- oder Lüftungsanlagen mit Wärme betrieben, die von Sonnenkollektoren bereitgestellt wird. Anders gesagt: Die solare Wärme wird entweder in einem thermisch angetriebenen Kühlprozess in Kaltwasser umgesetzt (Absorptionsprinzip). Oder aber es wird direkt Luft konditioniert, indem man die Wärme der Sonne zum Vorentfeuchten benutzt, um anschliessend mit der Verdunstungskälte von Wasser kühlen zu können (Sorptionsprinzip).
Der Kühlbedarf ist weltweit rasant im Wachsen. Der verbreitete Einsatz von Glas bei modernen Gebäudefassaden macht mehr Kühlung nötig. Anderseits verursacht eine ständig wachsende Zahl von Elektrogeräten (PC, Drucker, Kopierer, Leuchten usw.) in Büros und Gewerberäumen hohe interne Wärmelasten, die abgeführt werden müssen. Natürlich geben auch die Menschen Wärme ab.
Grössere Klimaanlagen zuerst
Die Idee der Nutzung der Sonnenwärme zur Kühlung ist nahe liegend: Der Wärmeeintrag der Sonne ist nämlich am grössten, wenn auch der Bedarf an Kühlung in Bürohäusern, Fabriken und Verwaltungsgebäuden am höchsten ist, im Sommer. Vorderhand ist der Einsatz der Solarwärme allerdings nur bei mittelgrossen Klimaanlagen realisiert. Die Investitionskosten sind noch deutlich höher als bei herkömmlichen Kompressions-Kälteanlagen, weil zu den Kosten für die Klimaanlage noch jene für das Sonnenkollektorsystem dazukommen. Die Technologie rechnet sich deshalb vorerst allenfalls für grosse «Lastfälle» wie Hotels, Bürogebäude oder Gewerbezentren. Besonders für Hotels sind thermische Kälteanlagen interessant, da hier die solare Wärme neben der Kühlungsaufgabe im Sommer zusätzlich auch für ganzjährigen Wärmebedarf (z.B. Warmwasseraufbereitung und Wäschereinigung, plus Heizungsunterstützung im Winterhalbjahr) verwendet werden kann.
Die Möglichkeiten der solarthermischen Klimaanlage muss Investoren, Haustechnikplaner und Betreiber grosser Gebäude hellhörig machen. Denn die Betriebskosten könnten über die Jahre massiv gesenkt werden die Sonne schickt bekanntlich keine Rechnung. Herkömmliche, mechanische Kompressions-Kältemaschinen sind grosse Stromzehrer. Im heissen Sommer 2003 brachen die Stromnetze in Italien und Kalifornien unter der Last der vielen Kühlanlagen zusammen. Die Komfortansprüche von immer mehr Menschen weltweit treiben den Stromverbrauch durch Kühlgeräte ständig nach oben. Dies führt in vielen Ländern zu Stromnetzspitzenbelastungen im Sommer. Trotzdem kein Zweifel: In Büros mit 21 Grad wird besser gearbeitet als in solchen mit 30 Grad.
Zwei mögliche Prozessarten
Nach Art des verwendeten Funktionsprinzipes kann zwischen geschlossenen Absorptions-Kältemaschinen zur Kaltwasserbereitstellung und offenen Sorptionsverfahren zur direkten Luftklimatisierung unterschieden werden.
nGeschlossene Verfahren: Im Gegensatz zu den offenen Systemen sind die thermisch angetriebenen Kältemaschinen (Absorption oder Adsorption) von der Anlagenintegration her am ehesten mit den traditionellen Kompressions-Kältemaschinen vergleichbar. Die Kältemaschinen liefern Kaltwasser im Bereich von 6 bis 20 Grad und sind damit für Zentralklimageräte wie auch für Kältenetze mit dezentraler Luftbehandlung einsetzbar (z.B. Kühldecken).
Immer noch in der Pilotphase
Die faszinierende Option der solarthermischen Kühlung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass europaweit erst etwa 90 Anlagen in Betrieb sind. Die meisten Anlagen stehen in Deutschland, Spanien und Österreich. Die Technologie ist in Europa noch jung; 1991 wurde in Frankreich die erste solarthermische Kühlanlage installiert zur Weinkühlung natürlich. Die gesamte Kälteleistung aller in Europa installierten Anlagen beträgt etwa 6300 kWR, die dafür einge-setzte Solarkollektorfläche etwa 17500 m2. Vorherrschend sind heute thermisch angetriebene Absorptionskälteanlagen mit über 100 kWR Kühlleistung (kleinere solare Kühlmaschinen gibt es kaum); sie machen rund 60% aus. 12% funktionieren nach dem Adsorptionsverfahren. 23% der Kälteanlagen kühlen im offenen Sorptions- (oder Desiccant-)Verfahren direkt die Zuluft des Gebäudes.
Solar thermische Anlagen funktionierten, sagt der österreichische Branchenverband Austria Solar; es gebe jedoch «fallweise Probleme» mit der Hydraulik und der optimalen Regelung der Systeme. «Die Entwicklung hydraulisch einfacher, robuster Verschaltungen in Kombination mit intelligenter Regelung ist jedoch im Gange», beruhigt der Verband. Auch die Entwicklung und Erprobung kleinerer solarer Kühlmaschinen mit 5 bis 30 kWR Leistung ist laut Austria Solar am Anlaufen: «Langfristig wird die solarthermische Kühlung mit Sicherheit zu einem wichtigen Betätigungsfeld für Installations- und Haustechnikfirmen werden.»