BILANZ: Herr Hirt, sind Sie freundlich?

Hans-Christoph Hirt: Wieso?

Viele Firmen fürchten Attacken unfreundlicher Investoren und schützen sich davor, indem sie Stimmrechte beschränken.

Firmen fürchten sich berechtigterweise vor dem Einfluss von Investoren. Meist liegt das aber daran, dass diese aufgrund geringer Präsenzen an Generalversammlungen schon mit 15 Prozent am Kapital die Strategie oder den VR massiv verändern könnten. Diese Gefahr wollen Firmen einschränken.

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Ist die Kritik an Stimmrechtsschranken dann noch berechtigt?

Natürlich darf es nicht sein, dass ein Investor mit relativ geringem Anteil die Richtung einer Firma diktiert. Aber durch Stimmrechtsbeschränkungen wird hier nicht das Problem bekämpft, sondern ein Symptom. Gemeinsam mit ihren Investoren sollten Unternehmen lieber die geringe Präsenz an Generalversammlungen angehen. Da gibt es viel zu tun.

Wo liegt das Problem?

Das Ausüben von Stimmrechten für ausländische Aktionäre ist mit zu hohem administrativem Aufwand und enormen Kosten verbunden – nicht nur in der Schweiz. Daher muss die Übertragung von Stimmrechten an Aktionärsvertreter vereinfacht werden. Zugleich ist es für viele ausländische Investoren nicht vollständig nachvollziehbar, ob ihre Stimmen in der gewünschten Form an der Generalversammlung angekommen sind. Das Resultat: Viele Aktionäre werden davon abgehalten, überhaupt ihre Stimme abzugeben.

Die Investoren sind selbst für die geringe Präsenz verantwortlich.

Das stimmt. Aktionäre sollten realisieren, dass sie eine wichtige Rolle in Unternehmensführung und Kontrolle spielen. Dazu gehört es auch, abzustimmen. In Grossbritannien gibt es seit der Finanzkrise eine spannende Diskussion darüber, dass Investoren auch Pflichten haben – zum Beispiel ihre Stimmrechte auszuüben.

Gibt es schon Ergebnisse?

Ja. Daraus resultierte der englische Stewardship Code, der ein aktives Aktionariat verstärken soll. Auch in der Schweiz gibt es Überlegungen, etwa die Richtlinien für institutionelle Investoren zur Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte bei Aktiengesellschaften.

Reichen diese Richtlinien aus?

Ich denke, Unternehmen und wesentliche internationale Investoren müssten sich zusammensetzen und Systeme und Prozesse entwickeln, die eine kostengünstige und für alle nachvollziehbare Abstimmung zumindest in Europa und später weltweit ermöglichen. Das sollte technologisch problemlos machbar sein.