Die Forschung in der Tropenmedizin bekommt unverhoffte Beachtung. Dies zeigt das Treffen hochrangiger Vertreter der Stiftung von Bill und Melinda Gates mit Novartis, Roche und dem Schweizerischen Tropeninstitut (STI) Ende Juni in Basel. Das STI und Roche bestätigen den Besuch, während sich Novartis dazu nicht äussert. «Es ging um die Ausrichtung der Stiftung und damit auch um den weiteren Weg im Kampf gegen Tropenkrankheiten», sagt STI-Direktor Marcel Tanner.
Die Stiftung von Bill und Melinda Gates ist heute die wichtigste private Geldgeberin im Kampf gegen Malaria und andere Tropenkrankheiten. So erhielten die Malaria Vaccine Initiative 258 Mio Dollar und die Global Alliance for Vaccine and Immunization 1,5 Mrd Dollar. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhielt seit 1999 insgesamt 173 Mio Dollar.
*Grosses Dilemma*
Gegründet im Jahre 2000, weist die Stiftung ein Vermögen von rund 30 Mrd Dollar auf. Durch die Spende von US-Investor Warren Buffett wird sich das Kapital bald verdoppelt haben. Und genau von diesen Geldern versprechen sich die Beteiligten einen Aufschwung für die Tropenmedizin.
Die Stiftung selbst gibt sich noch bedeckt: «Seit Jahresbeginn haben wir 22,9 Mio Dollar für Malariaprojekte gesprochen. Über die zukünftigen Ausschüttungen und die Auswirkungen der Spende von Warren Buffett können wir keinen Kommentar abgeben», sagt Christophe Lamps, Schweizer Sprecher der Stiftung.
Die Zuwendungen sind wichtig. Denn: «Der Markt für die Tropenmedizin ist nur beschränkt lukrativ», sagt Peter Berweger, Pharmaspezialist bei KPMG. «In der Dritten Welt ist die Anzahl der Patienten riesig, aber man kann für diese Medikamente in der Dritten Welt nur tiefe Preise verlangen. Dies limitiert ökonomisch gesehen die Möglichkeit, hohe Forschungsausgaben zu tätigen.»
In Europa, Japan oder den USA besteht die Zielgruppe aus Touristen, doch deren Zahl ist limitiert. In der Schweiz etwa wurden gemäss IMS Health von Juni 2005 bis Mai 2006 etwas über 4 Mio Fr. für Malariamittel ausgegeben. «Es bleiben Projekte, die im Wesentlichen aus Good-Governance-Überlegungen umgesetzt werden», so Berweger.
*Erreger verändern sich stetig*
Um Malaria, Tuberkulose, Lepra, Gelbfieber oder Cholera effektiv bekämpfen zu können, müssen zudem immer neue Mittel entwickelt werden: Weil die Erreger lokal grosse Unterschiede aufweisen und sich stetig verändern. Zudem werden die Menschen gegen die Erreger immer anfälliger. Um die zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten finanzieren und durchführen zu können, sind deshalb noch mehr Kooperationen zwischen Regierungen, Unternehmen und Nicht-Regierungsorganisationen nötig. «Die WHO könnte verstärkt den weltweiten Lead übernehmen. So wäre eine gewisse Koordination möglich», sagt Berweger.
Dennoch sind Schweizer Pharmaunternehmen aktiv: Roche hat die Malariamedikamente Lariam und Fansidar entwickelt. Man konzentriere sich heute aber auf HIV/Aids, sagt Sprecherin Martina Rupp. Novartis betreibt in Singapur ein Tropenforschungszentrum mit rund 100 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 12 bis 15 Mio Fr. «Für dieses Jahr ist die Unterzeichnung eines Abkommens mit der Gates-Stiftung bezüglich der Tuberkuloseforschung geplant», sagt Paul Herrling, Leiter Corporate Research.
*Medikament fürs Militär?*
Aus dem Hause des Impfstoff-herstellers Berna Biotech stammen mit Vivotif (dem einzigen oralen Typhus-Impfstoff) und Epaxal (einem Impfstoff gegen Hepatitis A) zwei Medikamente. «Für 2007 ist die Einführung eines Gelbfieberimpfstoffs geplant», sagt CEO Kuno Sommer.
Pevion Biotech wiederum, ein Joint Venture zwischen Berna Biotech und Bachem, arbeitet an Tropenimpfstoffen speziell für Kinder. «Wir schätzen diesen Markt allenfalls als selbsttragend, aber nicht als lukrativ ein», sagt Chef Peter Klein. Hingegen könnte beispielsweise der Militärbereich «sehr wohl» interessant sein. Auch Klein geht davon aus, dass die neuen Gelder der Gates-Stiftung der Tropenmedizin eine «neue Dimension» verleihen werden. Denn Kapital für die Entwicklung eines Impfstoffs zu erhalten, der «unsichere oder gar negative Gewinne» bringt, sei sehr schwierig.