Mitte Dezember tauchte auf einmal Monika Ribar in den Schlagzeilen auf. Im «Blick» empörte sich die Sika-Verwaltungsrätin über die Pläne der Aktionärsfamilie Burkard. «Ich war schockiert, als ich vom Verkauf erfahren habe», sagte die 56-jährige Profiverwaltungsrätin. «Was mich stört, ist das Wie. Dass das Management nicht einbezogen wurde in die Verhandlung, ist ein grosser Fehler.» Es war vorerst ihr erster und letzter öffentlicher Auftritt in der Causa Sika.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

In die Kommunikationsstille hinein hat die Familienholding der Burkards im Rechtskampf rund um die Frage, ob Eigentümer oder Manager im Unternehmen das Sagen hätten, nun Monika Ribar ins Visier genommen. Die Holding reichte Verantwortlichkeitsklagen ein. Nicht gegen den VR-Präsidenten Paul Hälg, nicht gegen den bekannten Verwaltungsrat Daniel Sauter, der zugleich als Verwaltungsratspräsident der Bank Julius Bär amtet. Nein, gegen die Profiverwaltungsrätin Ribar und zwei weitere, eher unbekannte Mitglieder: Ulrich Suter und Christoph Tobler.

Was hat sie getan?

Warum ausgerechnet Monika Ribar? Warum geht das Burkard-Lager gegen sie vor? Was hat sie getan? Oder versäumt? Sie, die doch so charmant kommuniziert, so gewinnend auf die Menschen wirkt, sich so sympathisch in der Talkshow gibt, der Freund und Feind vernünftiges Handeln und ein gesundes Mass Menschenverstand attestieren.

Wer dies verstehen will, muss auch jene Monika Ribar kennen, die in geschlossenen Konferenzräumen agiert. Es ist eine Ribar, die auch anders kann. So wie es sich im Dezember andeutete, als sie im Boulevardblatt ihre Wut herausliess: explosiv aufbrausend, bestimmend im Auftritt. Aber dies allein erklärt nicht den Zorn der Juristen, den sie nun auf sich geladen hat.

Der harte Weg

Bei der Verantwortlichkeitsklage im Fall Ribar geht es um den Vorwurf, dass sie als Verwaltungsrätin eine millionenschwere Kampagne gegen den Kontrollwechsel bei der Sika mitverantworte – bei absehbarem Scheitern. Stellt das Gericht unverantwortliches Handeln fest, droht ihr wie ihren VR-Kollegen, dass sie die Honorare für diesen Abwehrkampf an Anwälte und PR-Agenturen selbst zahlen müssen. Und allemal für die Dienste von politischen Lobbyisten in Bern, die wohl kaum zum vertretbaren Einsatz von Beratern zählen.

Im Fall Sika ist es eine Klage mit Ansage. Denn das Kantonsgericht Zug hatte sich Ende März zwar konfliktschonend um einen schnellen Entscheid in der Sache gedrückt, der Besitzerfamilie aber das Instrument der Klage quasi empfohlen. Der Richter zitierte aus dem Obligationenrecht: «Die Mitglieder des Verwaltungsrates und alle mit der Geschäftsführung befassten Personen sind sowohl der Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen.» Und der Richter verwies die Familienholding auf weitere Waffen wie eine Registersperre gegen rechtswidrig gefasste Beschlüsse der Generalversammlung und eine Anfechtungsklage.

Der harte Weg also. Verantwortlichkeitsklagen würden in der Schweiz meistens in Vergleichen beigelegt, sagt Martin Weber, M&A-Experte bei der Zürcher Wirtschaftskanzlei Schellenberg Wittmer, die im Fall Sika als juristischer Berater von amerikanischen Investmentfonds aktiv ist. Nach gut einem Jahr sind solche Fälle in der Regel vom Tisch. «Kommt es aber zu einem ordentlichen Verfahren vor Gericht, dann ist mit einer Dauer zwischen zwei und fünf Jahren zu rechnen», so Weber. Selbst wenn eine Verantwortlichkeitsklage auf tönernen Füssen steht und Versicherungsdeckung besteht: Die Anwaltskosten summieren sich, die persönliche Klage nagt, der permanente Druck kann lähmen und für weitere potenzielle Verwaltungsratsmandate eine Hypothek darstellen.

Klagen haben eine taktische, sportive Seite

Solche Klagen haben eine taktische, sportive Seite. Die Angreifer zielen wie beim Bowling erst einmal auf diejenigen, die leichter zu treffen sind und vielleicht rascher umfallen als andere. Mit dem zweiten Wurf können dann weitere Kandidaten angegriffen werden. So ähnlich ist die Lage auch im Sika-Verwaltungsrat: Erst wird auf drei gezielt, dann folgen vermutlich weitere der fünf opponierenden Verwaltungsräte, denen drei Vertreter der Burkard-Holding gegenüberstehen. Ribar war ein naheliegendes Ziel. Sie gilt als wankelmütig, sie ist auf ihre blendende Reputation angewiesen, und ihr könnte die Luft auch finanziell ausgehen.

Ihr Antrieb war wohl die spontane Enttäuschung über die Kehrtwende der Familie, die kurz zuvor noch ein Bekenntnis zu Sika abgegeben hatte, ein solidarisches Empfinden anlässlich des emotionalen Auftritts von Konzernchef Jan Jenisch und Präsident Hälg. Auch ein gewisser Gruppenzwang sei spürbar gewesen, sagt ein Ribar-Bekannter. So rutschte die Baslerin immer tiefer in das Schlamassel. Vor der Generalversammlung Mitte April soll sie ernsthaft überlegt haben, den Verwaltungsrat zu verlassen. Doch sie wollte sich offensichtlich nicht gegen ihre Kollegen stellen. Jetzt hat sie den Zeitpunkt verpasst.

Mehr zum Thema lesen Sie in der aktuellen «BILANZ», erhältlich am Kiosk oder mit Abo jeweils bequem im Briefkasten.