Diese Woche machte Facebook mit seiner geplanten Cyberwährung Libra Schlagzeilen. Erstaunlich wenig Beachtung findet ein anderes Projekt, welches der digitalen Devise gleicht. Seit 2015 treibt die UBS in Verbund mit der CS und anderen Grossbanken die Idee einer eigenen Cybermünze voran.
Lange war nur wenig über diese Utility Settlement Coin (USC) bekannt, nun wurde das auf «Fnality» getaufte Projekt der Öffentlichkeit präsentiert.
Um was geht es bei dieser Cybermünze der Grossbanken genau? Hier sind die wichtigsten Antworten dazu.
Was ist der Utility Settlement Coin (USC)?
Der Coin ist eine mit echtem Geld gesicherte Cyberwährung, die auf dem dezentralen Computernetzwerk Blockchain funktioniert.
Der Wert dieser digitalen Münze soll einer von fünf Währungen entsprechen, dem US- und dem kanadischen Dollar, dem Euro, dem Yen, und dem Pfund.
Für jede Einheit des USC müssen die Banken den Wert bei der entsprechenden Zentralbank hinterlegen. Um einen USC-Euro zu verwenden, müsste die UBS also einen Euro bei der Europäischen Zentralbank deponieren.
Wer steuert den USC, und wer macht mit?
Anstoss für den USC gaben 2015 die UBS und das Londoner Startup Clearmatics. Dem Projekt haben sich nun gut ein Dutzend Grossbanken angeschlossen, darunter die Credit Suisse, Barclays und Santander. Auch die US-Börse Nasdaq ist mit an Bord.
Anfang Juni gründeten die Unternehmen ihre Gesellschaft Fnality International (Fnality). Die rechtliche Struktur der vermutlich britischen Gesellschaft gibt Fnality auf Anfrage nicht bekannt.
Die Leitung hat der Ex-Deutsche-Bank-Manager Rhomaios Ram inne. Auch Schweizer sind im Management: Daniel Heller, früherer Vertreter der Schweiz beim Internationalen Währungsfonds, ist für regulatorische Belange zuständig.
Der geschäftsführende Manager, Olaf Ransome, hat ebenfalls die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Anfang Juni statteten die Unternehmen die Gesellschaft mit umgerechnet knapp 63 Millionen Franken aus.
Was ist der Nutzen des USC?
In zwei Worten ausgedrückt Effizienz und Kostenersparnis. Der USC wird es den beteiligten Instituten ermöglichen, ihre Geschäfte untereinander sofort abzuwickeln. Im Unterschied zu heute werden sie bei den Transaktionen kein Geld schöpfen.
Was heisst das genau?
Wenn die UBS heute der Bank Barclays eine Zahlung in Euro überweist, entspricht dies eigentlich einem Versprechen: Die Zahlung ist erst geregelt, wenn das Geld effektiv bei Barclays eingetroffen ist.
Überweist die UBS auf der Blockchain künftig (Euro-)USC an Barclays, ist das Versprechen bereits erfüllt, denn die Zahlung ist bereits geregelt: Die Euro-USC sind in Euro bei der Zentralbank hinterlegt. Dieser Unterschied ermöglicht sofortige Transaktionen und spart enorm Kosten.
Auch Risiken fallen weg: Nicht das Institut bürgt für eine Zahlung, sondern die jeweilige Zentralbank, bei dem das Geld hinter dem USC deponiert ist. Durch den Wegfall von Risiken können Institute ihre Reserven verkleinern.
Was sind die Unterschiede zwischen Libra und dem USC?
Libra und USC teilen einige Eigenschaften. So will auch Facebook seine digitalen Münzen mit realem Geld hinterlegen. Der Wert von Libra entspricht der von mehreren Währungen zusammen. Bei dem USC bestimmt nicht ein Währungskorb den Wert, sondern nur eine einzelne Währung - es gibt also den Euro-USC oder den Dollar-USC.
Ein weiterer Unterschied: Das reale Geld, welches Libra absichert, wird nicht bei Zentralbanken hinterlegt, sondern von ausgewählten Vermögensverwaltern betreut.
Facebook will Libra zu einer Art Weltwährung machen, die allen Mitgliedern des gleichnamigen Genfer Vereins offen steht. «Die Intention hinter Libra ist vermütlich viel breiter, Facebook versucht damit unter anderem auch, seine Reputation zu verbessern», sagt Jan Brzezek, CEO der auf Blockchain-Finanztransaktionen spezialisierte Zuger Firma Crypto Finance.
Der USC ist viel enger ausgelegt: Die 14 Gesellschafter hinter Fnality wollen die Cybermünze untereinander nutzen.
Diese engere Auslegung dürfte sich auch auf den technologischen Unterbau der Cyberdevise erstrecken: Die Blockchain-Software hinter Libra soll der Öffentlichkeit voll zugänglich sein, der Fachbegriff dafür lautet Open Source.
Der USC wird mit einer Blockchain-Software des Systems Ethereum betrieben, über die Fnality vermutlich die Kontrolle behält. Das Protokoll hinter der Ethereum-Software hat Fnality-Mitglied Clearmatics entwickelt.
Wie geht es mit dem USC weiter?
Fnality muss zuerst die fünf Zentralbanken für ein Mitmachen überzeugen. Die Gesellschaft rechnet mit deren grünen Licht innert zwölf Monaten. In drei Jahren dürfte der USC aus Sicht von Fnality breite Anwendung finden.
Crypto-Finance-CEO Jan Brzezek kann sich vorstellen, dass die Banken den Utility Settlement Coin in einem zweiten Schritt unter anderem auch für die Öffentlichkeit freigeben.
Wird es auch einen USC auf dem Franken geben?
Fnality wird ohne den Franken starten. Die Gesellschaft führt aber bereits Gespräche mit der Schweizerischen Nationalbank, wie sie auf Anfrage der «Handelszeitung» bestätigte. Der Franken sei voraussichtlich einer der ersten Währungen, auf die der USC erweitert werde, so Fnality.