Für die Schweizer Uhren werden per 1. Januar die «Swissness»-Kriterien verschärft. Die Uhrenindustrie begrüsst mehrheitlich das neue Gesetz. Die Anpassung an die strengeren Bedingungen birgt für die Hersteller allerdings noch einige Hürden, besonders bei den Smartwatches.
Mit der Teilrevision der Verordnung über die Benützung des Schweizer Namens für Uhren von 1971 werde der gute Ruf der «Marke Schweiz» bei Uhren ebenso gestärkt wie der Produktionsstandort Schweiz, schreibt das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum auf ihrer Website. Mit dem neuen Gesetz wird nicht nur das Wort «Swiss made» geschützt, sondern auch der Name «Suisse» in allen Sprachen, das Schweizer Kreuz sowie sämtliche Zeichen, welches mit dem Schweizer Kreuz verwechselt werden könnten.
60 Prozent der Herstellungskosten
Um das Herkunftssiegel «Swiss made» zu erlangen, müssen künftig 60 Prozent der Herstellungskosten der Uhr als Ganzes (Endprodukt) in der Schweiz entstehen. Bis anhin galt dies nur für das Uhrwerk. Dieses bleibt aber wichtig. Beim Uhrwerk, dem Herzstück der Uhr, müssen ebenfalls mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Auch die technische Entwicklung der Uhr sowie des Uhrwerks müssen neu komplett in der Schweiz erfolgen.
Die Schweizer Uhrenindustrie hat sich lange für strengere Swissness-Regeln stark gemacht. Die Schweizer Herkunft ist für die momentan angeschlagene Uhrenbranche ein wichtiger Wettbewerbsvorteil: Konsumenten sind laut Studien bereit, für Luxusuhren «made in Switzerland» das Doppelte zu zahlen.
Starkes Fundament und Lichtblick
Der Ruf des «Swiss made»-Gütesiegels wird in der Branche denn auch als starkes Fundament gesehen und gilt in dem aktuell schwierigen Marktumfeld als Lichtblick, wie aus einer Studie des Beratungsunternehmen Deloitte hervorgeht.
Deshalb hat sich die Uhrenbranche sogar noch schärfere Vorgaben gewünscht: Für die mechanischen Uhrwerke strebte sie einen Schweizer Mindestkostenanteil von 80 Prozent an. Dies sei jedoch nicht im Einklang mit den Bestimmungen der Welthandelsorganisation und dem Freihandelsabkommen mit China, weshalb man davon absehe, sagte Yves Bugmann, Chef der Rechtsabteilung des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH), anlässlich eines Symposiums an der Universität Neuenburg.
Smartwatch-Technologie heute amerikanisch
Dennoch sind auch die Uhrenhersteller mit der neuen Regelung gefordert. Im Zuge der neusten technologischen Entwicklungen wird nämlich der Uhrenbegriff erweitert. Damit fallen auch die sogenannten «Smartwatches» unter die neue Verordnung. Aktuell ist jedoch ein grosser Teil der Technologie noch amerikanisch.
Das Schweizer Forschungs- und Entwicklungszentrum (CSEM) in Neuenburg arbeite aber daran, was auch für die Hersteller Möglichkeiten eröffne, erklärt Bugmann.
Nicht unter die Definition einer Uhr fällt das Armband, da es vom Objekt unabhängig ist und beispielsweise bei einem Lederartikel regelmässig gewechselt werden muss, präzisiert der Jurist.
Schonfrist bis Ende 2018
Die Uhrenhersteller haben bis Ende 2018 Zeit, sich an die neuen Richtlinien anzupassen. Bis dahin können Uhrenschalen und Uhrengläser von der Berechnung der Herstellungskosten ausgeschlossen werden, welche bereits bei Inkrafttreten der «Swiss made»-Verordnung an Lager gehalten werden. Damit haben die Produzenten Zeit, ihre nach bisherigem Recht nicht zu beanstandenden Lager abzubauen.
Weiter können die Uhrenhersteller den Kostenanteil für ein nicht verfügbares oder ein nicht in genügender Menge verfügbares Material abziehen. Zum Beispiel können die Kosten für Diamanten ausgeschlossen werden, jedoch nicht die des Einfassens, fügte Bugmann hinzu. Die FH betreut dazu eine Liste der in der Schweiz unverfügbaren Materialien. Aktuell findet man dort Kristallglas oder dekorative Swarovski-Steine.
Swissness früher ein Nachteil
In einem globalen Kontext sei es ein Marktvorteil, die Identität und die Authentizität der Ware verfolgen zu können, sagte Nadège Sougy, Präsident des Forschungsarms «L'Institut L'homme et le temps» des internationalen Uhrenmuseums in La Chaux-de-Fonds.
Historisch gesehen war die Bezeichnung «Swiss made» allerdings nicht immer von Vorteil. Bevor die Uhrenfabriken in Genf oder La Chaux-de-Fonds zu einer Referenz im Markt wurden, waren sie auf den Märkten in Paris und England des 18. Jahrhunderts Synonyme für Produkte minderer Qualität, erklärt Sougy. Die protektionistische Politik in Grossbritannien und anschliessend in Amerika machte den Vermerk des Fabrikationsortes notwendig.
Dass die aus der Schweiz exportierten Uhren identifiziert werden können, hat indirekt dazu beigetragen, dass die helvetischen Uhrenhersteller alle im gleichen Licht gesehen werden. Wie die Bekanntheit der schweizerischen Uhrenhersteller bestätigt, ist die Verankerung der Fabrikationsortes zu einem Verkaufsargument geworden, erklärt der Professor an der Universität Freiburg.
(sda/ccr)