Was ist für Sie eine gute Verpackung?

Werner K. Budek: Das ist eine Verpackung, welche gewisse Grundfunktionen erfüllt wie Schutz des Inhaltes, Sicherheit, Verfügbarkeit. Sie muss auch leicht transportierbar sein. Sie muss zudem den Konsumenten ansprechen, also die Marke unterstützen. Und das alles zu gewissen Kosten.

Nun sind das teils widersprüchliche Vorgaben. Die Erfüllung der einen Vorgabe beeinträchtigt zugleich eine andere. Wo setzen Sie Prioritäten?

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Budek: Als Einkaufschef muss ich grundsätzlich immer versuchen, die Balance zu halten zwischen Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis. Unter Umständen kann die Priorität jedoch anders gesetzt werden.

Haben Sie ein Beispiel?

Budek: Unsere Carlsberg-Fussball-Flasche, die wegen der Prägung teurer ist als eine übliche Bierflasche. Hier stehen klar Markenüberlegungen im Vordergrund, nämlich die Positionierung von Carlsberg als Premium-Produkt im Fussball. Immerhin sind wir Sponsor der Fussball-Nationalmannschaft.

Sind bei Getränkeverpackungen aber noch eigentliche innovative Meilensteine möglich?

Budek: Natürlich. Ein Beispiel ist unser selbstkühlendes 20-Liter-Fass «Cool-Keg». Die Bierblase ist von einer Silikatschicht im Vakuum ummantelt. Wenn dieses Vakuum aufgehoben wird, erzeugt ein physikalisch-chemischer Prozess im Fass Kälte. Aussen wird das Fass heiss, eine Spezialfolie schützt die Konsumenten vor dieser abgestrahlten Wärme. In einer halben Stunde ist das Bier 4 Grad kühl. Damit erreichen wir neue Marktsegmente.

Eine andere Gebinde-Innovation war sicher die so genannte Slim-Can von Red Bull. Diese «dünne» Dose hat zweifelsohne zur Markenbildung beigetragen. Oder Kappa: Der Anbieter hat eine Bedruckung mit einem speziellen Perlglanz entwickelt. Dieser Glanz führt dazu, dass auf einer Bierpackung die aufgedruckten Tropfen wie echt aussehen. Innovationen sind also auch bei Gebinden immer wieder möglich.

Vor wenigen Jahren hatte eine andere Innovation einen schwereren Stand: Bier in Pet-Flaschen. Die Emotionen gingen damals hoch. Was ist daraus geworden?

Budek: Betrachten wir den Weltmarkt: In den USA, Asien und Pazifik wird ein Grossteil des Biers in Dosen und Einweg-Glasflaschen geliefert. In Europa hat die Diskussion rund um Rücknahme und Wiederverwertung in der Tendenz zu einer Dominanz von Glasflasche und Dose geführt. In Deutschland war angesichts der damaligen Verpackungsverordnung die Idee von Einweg-Pet-Flaschen die einzige Möglichkeit, Einweggebinde zu ermöglichen.

Also nicht aus einem Kundenbedürfnis heraus.

Budek: Nein. Einweg-Pet-Flaschen haben heute in Europa eigentlich nur zwei Märkte: Deutschland und Russland.

Sie geben der Pet-Flasche für Bier keine grosse Zukunft?

Budek: Nein. Wir haben das vor ein paar Jahren auch bei Feldschlösschen versucht. Aber ohne nachhaltigen Erfolg.

Gibt es Besonderheiten bei Gebinden für unterschiedliche Teilmärkte?

Budek: Ja, beim Bier ist nur schon aus Qualitätsgründen ein farbiges Glas empfehlenswert, währendem bei Softdrinks und Mineral nicht zuletzt aus Gewichtsgründen Pet dominiert.

Im Vertriebskanal Detailhandel setzt sich Category Management immer mehr durch. Bleibt da überhaupt noch Raum für Gebinde-Innovationen, um sich auf dem Verkaufsgestell von Wettbewerbern zu differenzieren?

Budek: Die Idee von Category Management ist, zusammen mit den Partnern die bestmögliche Nutzung des betreffenden Sortimentes und damit auch die Regalausnutzung zu definieren, um den Kundenbedürfnissen optimal entgegenzukommen. Und wenn nun ein Gebinde eine bessere Gewinnoptimierung oder höhere Einkaufsfrequenz verspricht, findet man auch im Category Management noch einen Platz.

Wieweit ist die Standardisierung vorgegeben?

Budek: Standardisierung ist aus Kostengründen für alle Marktteilnehmer wichtig. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Kunden mit ihren Konsum- und Kaufwünschen immer individueller werden. Als Anbieter müssen wir darauf eingehen und die Balance finden zwischen individueller Kundenbefriedigung und einer Verzettelung der Ressourcen in ausufernder Gebindevielfalt.

Sie hatten früher bei Procter & Gamble an der Entwicklung von Euro-Verpackungen mitgearbeitet. Was für ein Ziel hat eine Euro-Verpackung in einem globalen Markt?

Budek: Euro-Verpackung heisst, mehrere europäische Länder mit einer Verpackung zu bedienen. Eine «Meister Proper»-Flasche kann also für mehrere Länder eingesetzt werden, was durch den Skaleneffekt die Kosten senkt. Was ändert, ist nur die Etikette oder der Duft des Produktes. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass nur eine Werbekampagne gefahren werden muss, weil das Produkt aufgrund seiner einheitlichen Packung überall erkannt wird.

Sie sind primär Einkaufsleiter Schweiz der Feldschlösschen Getränke AG, betreuen zusätzlich aber auch europaweit Einkaufsaufgaben für die Carlsberg-Gruppe. Inwieweit spielen nationale Anbieter von Roh- und Packmaterial für Sie überhaupt noch eine Rolle?

Budek: Das kommt darauf an, wie diese ausgerichtet sind. Ein gutes Beispiel ist Vetropack, das mehrere Carlsberg-Ländergesellschaften beliefert und auch unsere neue Carlsberg-«Club-Flasche» herstellt. Das zeigt: Wenn ein Schweizer Lieferant europafähig ist und dort seine Produkte verkaufen kann, hat er gute Chancen, mit uns ins Geschäft zu kommen.

Die Carlsberg-Gruppe verfügt ja über eine eigene Einkaufszentrale für Roh- und Packmaterial und zur strategischen Planung der Lieferantenauswahl. Wie läuft ein Selektionsverfahren ab?

Budek: Für Materialien wie Flaschen, Kronenkorken, Etiketten haben wir immer zwei bis vier Lieferanten ausgewählt, die über so genannte europäische Kontrakte verfügen, also Verträge für mehrere europäische Länder. Die Lieferanten werden selbstverständlich auditiert, sie müssen auch zertifiziert sein und mehrere Standorte haben, um unserer grossen Nachfrage jederzeit nachzukommen. Wir wollen gute zuverlässige Zulieferer zu wettbewerbsfähigen Konditionen.

Und wenn neue potenzielle Lieferanten auftauchen?

Budek: Das ist jetzt der Fall. Ein Glasfabrikant hat in Dubai ein neues Werk erstellt. Weil Glas primär aus Sand besteht und in Dubai auch Öl zur Verarbeitung genügend vorhanden ist, kann dort problemlos Glas hergestellt werden, das sich in Europa zu wettbewerbsfähigen Preisen verkaufen lässt.

Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen werden Sie wohl zugreifen?

Budek: Betriebswirtschaftliche Überlegungen sind nur ein Aspekt. Es stellen sich auch andere Fragen. Sind so weite Transportwege überhaupt sinnvoll? Wie wirkt sich das auf die Energiebilanz aus? Wie hoch ist die Lieferzuverlässigkeit? Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass aus Dubai ganze Schiffsladungen von Glasflaschen bis nach Australien geliefert werden. Glas ist längst ein globaler Markt geworden.

Ich gehe davon aus, dass Sie beim Einkauf von Packungsmaterialien über den zentralen Einkauf einen ordentlichen Skaleneffekt erzielen, respektive hohe Rabatte.

Budek: Die wichtigsten Roh- und Packmaterialien schreiben wir am Hauptsitz in Kopenhagen aus.

Wer ist bei Feldschlösschen/Carlsberg übrigens der Treiber für neue Gebinde?

Budek: Wir versuchen möglichst alle Beteiligten einzubinden. Alle sollen ihre Vorschläge eingeben können. Wir verfügen zudem in jedem Land über einen so genannten Innovationsmanager, der die Sicht der Kundschaft, des Handels, des Gastgewerbes einbringt und auch für die Konkurrenzbeobachtung zuständig ist.

Sie waren lange Jahre bei Procter & Gamble und bei Dolder. Wenn Sie so zurückblicken, wie haben sich die Verpackungen entwickelt in den Bereichen Wasch-/Reinigungsmittel, Feinchemikalien und Getränke?

Budek: Augenfällig ist, dass die Wasch- und Reinigungsmittelindustrie ihren Konsolidierungsprozess bereits vor 10 oder 15 Jahren abgeschlossen hat. Für sie ist das, was derzeit in der Brauindustrie stattfindet also die Ausnutzung von Braustätten für verschiedene Länder ein alter Hut.

Was empfehlen Sie der Verpackungsindustrie?

Budek: Dass sie ihre Innovationskraft beibehält und auch ihre Chancen nutzt, so wie es Vetropack gemacht hat. Vetropack hat viel in die Modernisierung ihrer Anlagen investiert. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt mir, dass auch Schweizer Anbieter vom hiesigen Standort aus europäisierte Verpackungen und Gebinde anbieten können.

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Selbstkühlendes Bierfass: In 30 Minuten kühles Bier

Party-Hit des Jahres:

Feldschlösschen hat das selbstkühlende 20-Liter-Fass «Cool-Keg» lanciert. Ein Click und in 30 Minuten ist das frische, kühle Bier parat. Möglich macht dies die von der Cool-Systems Bev. GmbH entwickelte Kältetechnik. Dank eines rein physikalischen Verfahrens, ganz ohne Chemie, wird das Bier im Fass gekühlt.

Selbstkühlendes Bierfass

Das «Cool-Keg» (zu Deutsch: Kühles Fass) ist ein dreischaliges Gebinde: In der inneren Schale, der Fassblase, befindet sich das Bier. In der mittleren Schicht ist unter Vakuum um die Blase herum ein saugfähiges Fliess angebracht, das Wasser enthält. Die äussere Mantelfläche ist mit dem Mineral namens Zeolith, ebenfalls unter Vakuum, gefüllt. Durch Öffnen eines Ventils strömt Wasserdampf aus dem Fliess zum Zeolith. Das im Fliess verbliebene Wasser gefriert auf der Bierblasen-Oberfläche zu Eis, die in der Mineralschicht entstehende Wärme wird nach aussen abgegeben. So wird das Bier in Kürze auf Genusstemperatur gekühlt.

www.coolkeg.ch

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Steckbrief

Name: Werner Karl Budek

Funktion: Einkaufsleiter Schweiz der Feldschlösschen Getränke AG

Alter: 50

Familie: Verheiratet

Ausbildung: Dr. rer. nat., Lebensmittel- und Biochemiker

Karriere:

- 1986 Procter & Gamble GmbH

- 1991 Reckitt & Colman AG

- 1995 Dolder AG

- 2001Feldschlösschen Getränke AG