Mit der Postfinance nimmt ein weiteres Drama um einen schlingernden Staatskonzerns seinen Lauf. Zuvor hatte die Berner Beamtenschaft es schon nicht geschafft, aus der Ruag in 20 Jahren Privatisierung einen wettbewerbsfähigen Rüstungsbetrieb zu formen. Nun also soll nach dem Willen des Bundesrates auch die Postfinance in den freien Markt entlassen werden. Die Landesregierung will die Mehrheit am Finanzhaus abgeben. Nur: Wer soll bei Postfinance überhaupt einsteigen?
Das Staatsinstitut ist ein klassischer Sanierungsfall. Die Kapitaldecke ist bedrohlich dünn, so dass der Bund nun mit einer expliziten Staatsgarantie einspringen muss. Ansonsten hätte das gelbe Finanzhaus wohl bald die Finanzmarktaufsicht Finma im Haus. Kein Wunder, denn die Ertragskraft ist nach einem Tiefzinsjahrzehnt als halbe Bank – ohne Kreditgeschäft – massiv geschwächt. Gleichzeitig ist es dem behäbigen Management um Chef Hansruedi Köng nie gelungen, valable gewinnbringende Geschäftsalternativen zum klassischen Zinsdifferenzgeschäft zu schaffen. Vielmehr hat man die einstige Vormachtstellung in den Zahlungsdienstleistungen praktisch ohne Widerstand aus der Hand gegeben und sich so vollends obsolet gemacht. Die jüngsten Digitalisierungsavancen vermögen das Steuer auch nicht mehr herumzureissen. Vielmehr wirken sie verzweifelt, weil strategisch unausgegoren und zum Teil operativ schlecht umgesetzt.
Wäre unverkäuflich jetzt
Kurzum: Die Postfinance ist im jetzigen Zustand unverkäuflich. Will heissen: Der Bund als Eigner – also wir, die Steuerzahler – müsste nochmals substanziell ins Geschäft investieren, um die Bank für Investoren wirklich attraktiv zu machen. Es droht ein ähnliches Szenario wie bei der Ruag, wo zuerst kostspielig restrukturiert werden muss, bevor Teile des Rüstungskonzern überhaupt abgestossen werden können.
2,7 Millionen Kunden
Aus Sicht der Steuerzahler ist ein Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende vorzuziehen. Der Bund sollte die Postfinance abwickeln und Filetstücke wie den beachtlichen Stamm an 2,7 Millionen Kunden veräussern. Das wäre auch aus Sicht des Finanzplatzes begrüssenswert: Denn eine weitere Bank, die Hypotheken verramscht, brauchen Herr und Frau Schweizer nun wirklich nicht.
Die heute noch gebräuchlichen Einzahlungsscheine werden per 30. September 2022 vom Markt genommen. Das schreibt Postfinance.
1 Kommentar
Nachdem die Nationalbank mit Minuszins alle Banken in die Knie gezwungen hat, kriegen wir das digitale Minuszins-Geld dann direkt ausgeschüttet. Nach 100 Jahren in der die PostFinance Ihr Gewinn hat abgeben dürfen, statt wie im freien Markt Polster bilden zu können, ist sie nun mangels Innovationskraft sofort bevorzugt abzuwickeln, damit sie ja nicht als to big to fail vom Steuerzahler finanziert werden muss. Entschieden wird nach Jahren der Anträge der PostFinance erst jetzt, wo es für andere Lösungen zu spät ist. Umgekehrt ist gut, hat die PostFinance noch keine Kredite, die mit den kommenden Pleiten auch noch ausfallen. Die Steuerlast wird dank der Corona-Politik und Rentenlöcher gross genug. Banken dürfen auf dem Buckel der Steuerzahler nicht mehr gerettet werden. Hoffentlich fängt man damit gar nicht erst wieder an. Fazit: Wir Schweizer sind wenigstens die einzigen Bürger der Welt, die sich nachvollziehbar freiwillig für die Nationalbank-Zinspreismanipulationen einer abstrusen Modern Money Theory ausgesprochen haben. Dies ist somit das Resultat einer von allen Seiten - inkl. der verantwortungsscheuen, kurzsichtigen Politik - tragisch schwachen Leistung. Es wird Zeit, dass die Finanzwelt dezentral wird und Geld und Staat nichts mehr miteinander zu tun haben. So gesehen sieht die Zukunft des Finanzplatzes Welt rosig aus. Den Mitarbeitern der PostFinance wünsche ich natürlich, dass tatsächlich ein Investor mit Innovationskraft auftaucht und die geplante Gratwanderung tatsächlich gelingt. Mindestens bleibt ein Funken Hoffnung bestehen.