Unvermittelt liess er die Bombe platzen: Nachdem Daniel Vasella im Interview mit dem «SonntagsBlick» etwas über Alter und Tod philosophiert hatte, ging der Ex-Chef von Novartis daran, die Geschichtsschreibung auf den Kopf zu stellen: Als Herr Ebner 2001 sein Paket mit Roche-Aktien verkaufen wollte, fragte mich Herr Gerber, ob wir dieses Paket übernehmen wollten, so Vasella. Die Botschaft: Der Ex-Roche-Obmann und heutige Ehrenpräsident Fritz Gerber selber hat sich Novartis hilfesuchend an den Hals geworfen. Hintergrund ist der Verkauf von 20 Prozent der Inhaberaktien von Roche, die sich im Besitz des Investors Martin Ebner befanden.

Die Aussage zeigt nicht nur, dass Vasella auch drei Jahre nach seinem Abgang bei Novartis noch immer gerne Zwietracht sät und dafür selbst Vertrauliches ausplaudert. Sie zeigt vor allem auch, dass das bisher vorherrschende Bild, Roche sei von der Annäherung durch Novartis ganz und gar nicht angetan gewesen, so nicht stimmt: Franz Humer, ab 2001 Präsident, betonte stets, Roche stehe einer Annäherung ablehnend gegenüber - dies sei auch die Haltung der Besitzer familie. Nur: Zwei unabhängige Quellen, je eine auf der Seite von Novartis und von Roche, bestätigen den von Vasella geschilderten Sachverhalt gegenüber der «Bilanz».

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Angst vor aggressiven Investoren

Laut Insidern hat Fritz Gerber, von 1978 bis 2001 Präsident von Roche und bis 2004 Sprecher der Besitzerfamilie, Vasella aufgesucht und diesem mitgeteilt, Ebner stecke in Schwierigkeiten und wolle sein Paket verkaufen. Ob nicht Novartis Käufer werden wolle? Vasella besorgte sich daraufhin grünes Licht im Verwaltungsrat, wie ein damaliger Novartis-VR bestätigt. Dann geschah eine Weile nichts, bis sich Gerber erneut an Vasella wandte: Es sei so weit, Ebner müsse verkaufen. Anfang Mai 2001 gab Vasella Finanzchef Raymund Breu den Auftrag, die Transaktion zu vollziehen.

Brisant dabei: Franz Humer soll über die Vorstösse Gerbers nicht informiert gewesen sein. Hintergrund der Annäherung Gerbers an Novartis war offenbar seine Angst, das Ebner-Paket könnte in die Hände aggressiver Investoren geraten. In jener Zeit war die Besitzerstruktur von Roche - die Familie sichert sich bis heute dank Stimmrechtsaktien mit rund neun Prozent des Kapitals die Macht - Attacken ausgesetzt. Gerber befürchtete offenbar auch, Spekulanten könnten zum Raid auf die damals geschwächte Roche ansetzen. Da erschien der Lokalnachbar als weniger gefährlicher Partner.

Das war etwas naiv: Novartis sollte später - dies allerdings ohne Absprache mit Roche - den Anteil auf rund 30 Prozent erhöhen und Fusions gelüste entwickeln. Weder Gerber noch Humer wollten zu den damaligen Geschehnissen Stellung nehmen.

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