Die grossen Reden sind vorbei. Am Mittwoch fanden die Debatten am Wef vorwiegend in kleinen Panels oder im direkten Gespräch und überall blieb wenig überraschend Donald Trump das Hauptthema. Und es geht das Gerücht um, der neue US-Präsident komme doch noch persönlich nach Davos. Trump mag das Wef, er war in seiner Amtszeit als einziger US-Präsident gleich zweimal dabei und wurde in Davos gefeiert wie ein Rockstar.
In den Plenen selbst war alles konkreter als in den Reden vom Dienstag. Sie drehten sich darum, was Regierungen ganz konkret tun und tun sollten oder dann ums Business. Und das Publikum konnte kritisch nachhaken. Wie finanzielle Systeme die nächste Krise überstehen können, war Thema eines Panels, an dem auch UBS-Chef Sergio Ermotti auf dem Podium sass. Ein Thema, zu dem der krisenerprobte UBS-Chef aus praktischer Erfahrung aus dem Vollen schöpfen kann.
Damoklesschwert Staatsverschuldung
Was aber die nächste Krise auslösen wird, das wusste erwartungsgemäss niemand der Diskutanten. Ermotti selbst sorgt sich um die ausufernde Staatsverschuldung. Eine erneute Staatsschuldenkrise ist seiner Ansicht nach angesichts der steigenden Zinsen eine reale Gefahr. Und wenn es wieder zu einer Krise kommt, so werde sie in den USA ihren Ursprung haben, zeigte sich der UBS-CEO überzeugt.
«Es ist nur schwer vorstellbar, dass die nächste Krise nicht in den USA ihren Anfang nehmen wird», meinte auch der Chef von Singapurs milliardenschwerem Staatsfonds GIC. Derzeit seien rund 70 Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung in den USA konzentriert. Zähle man den Schattenbankensektor hinzu, wären es gar 90 Prozent.
Auch US-Starökonomen wie Larry Summers oder Kenneth Rogoff haben am Wef auf die Risiken der Verschuldung hingewiesen. Ex-US-Finanzminister Summers erklärte in einem Interview aus Davos mit dem deutschen Handelsblatt, die USA «stehen vor dem vermutlich grössten Problem der fiskalischen Tragfähigkeit in ihrer Geschichte, sicherlich aber seit dem Bürgerkrieg». Rogoff, führender Experte in Sachen Staatsverschuldung, wies im Gespräch mit der Handelszeitung darauf hin, dass Notenbanken, Ökonomen und Politiker die Möglichkeit steigender Zinsen schlicht ignoriert hätten.
Die offene Frage der Kapitalregeln für die UBS
Im Zusammenhang mit der UBS waren auf den Fluren des WEF auch die anstehende Regelung zur Eigenkapitalquote Thema. Die Unklarheit, was am Ende entschieden wird, bremst derzeit den UBS-Aktienkurs, auch wenn dieser jüngst deutlich angestiegen ist. Ein Schweizer Privatbanker meinte zur Handelszeitung, der letzten Grossbank dürfe durch zu harte Anforderungen nicht die Luft abgeschnürt werden. «Auf der anderen Seite muss diese Bank so sicher sein, dass sie die nächsten 20 Jahre übersteht, ohne neue Staatshilfen zu brauchen», meinte der Top-Banker.
Auch eine der entscheidenden Figuren in dieser Frage ist am Wef anwesend: Staatssekretärin Daniela Stoffel vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF). Sie wird den ersten Vorschlag zu den UBS-Kapitalanforderungen dem Bundesrat unterbreiten. Doch auf den unbeholfenen Versuch der «Handelszeitung» aus erster Hand mehr dazu von ihr zu erfahren, reagierte Stoffel mit eisigem Schweigen und mit sichtlicher Anspannung.
Gesprächiger war Robert Habeck: Der grüne deutsche Wirtschaftsminister übte sich bei einem Panel zur Krise in Europa für einmal in Selbstkritik: Auch er habe erst lernen müssen, dass die Wirtschaftskrise Deutschland nicht Folge einer vorübergehen Konjunkturdelle sei, sondern tiefgreifende strukturelle Ursachen habe.
Selbsterkenntnis der Europäer
Habeck und die ebenfalls auf dem gleichen Podium sitzende Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, waren sich einig, dass die Zeit drängt - nicht in erster Linie wegen Trump Vielmehr, weil ohne sichtbare Fortschritte die Menschen den Glauben verlieren würden, dass eine Demokratie in der Lage ist, den Menschen eine Zukunft zu bieten. Dann drohen autokratische Systeme an Attraktivität zu gewinnen.
Dass die Probleme in Deutschland der Schweiz nicht egal sein könnte, zeigte ein Gespräch mit einer Unternehmensberaterin, die auf Kosteneffizienz spezialisiert ist: «In der Schweiz hat die Zahl der Restrukturierungen in den vergangenen zwei Jahren deutlich zugenommen», berichtet sie. Vor allem bei Autozulieferern, im Detailhandel und im Medienbereich. Schlechte Zeiten scheinen immerhin für die Beraterbranche gute Zeiten zu sein.
Nicht alle Panels am Mittwoch boten einen Mehrwert – selbst bei an sich spannenden Themen: Ein Beispiel dafür war jenes zum ökonomischen Nationalismus. Erfrischend war dort einzig die Feststellung des bekannten Aussenhandelsökonomen Dani Rodrik, dass ihm eigentlich gar nicht klar ist, was die Leute genau unter ökonomischen Nationalismus verstehen, da jedes Land in erster Linie seine eigenen Interessen verfolgt. Ansonsten blieb die Debatte ohne Erkenntnisgewinn. Dass weder Protektionismus noch eine Hyperglobalisierung wünschbar ist, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein.
Der besondere Auftritt Thailands
Einen Mehrwert der kulinarischen Art bot hingegen der Auftritt Thailands, beziehungsweise von dessen Premierministerin Paetongtarn Shinawatra. Nicht mit weltbewegenden Worten hat sie im Kongresshaus aufgewartet. Ihre kurze Rede drehte sich ein Thema, wofür ihr Land weltweit Ruhm geniesst: Thailändischem Essen – das wurde den Wef-Gästen denn auch serviert.
Das dominierende Thema am Donnerstag, dem letzten bedeutenden Tag am Wef wird Trump sein. Diesmal nicht, weil er die Debatten indirekt beeinflusst. Sondern weil er sich selbst zu Wort meldet. Bisher geplant ist, dass er sich per Video zuschaltet. Dass er aber persönlich in Davos auftritt, ist nicht gänzlich ausgeschlossen.